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Europa

Feministische Außenpolitik: Ein Etikettenschwindel?

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteFreitag, 17.03.2023

Kurz nach Regierungsantritt der aktuellen Bundesregierung kam eine kurze Debatte über einen Neuansatz der Bundesaußenpolitik unter der damals neuen grünen Außenministerin Annalena Baerbock auf: Feministische Außenpolitik lautet das Stichwort. Mehrere deutschsprachige Zeitungen griffen das Thema in den ersten Monaten des Jahres 2022 auf. Je länger der russische Krieg gegen die Ukraine andauert, um so weiter rückte das Thema dann wieder in den Hintergrund. Geblieben waren – zumindest in einem Teil meines Bekanntenkreises – gelegentliche zynische Anmerkungen der Art, dass sich die feministische Außenpolitik von Annalena Baerbock doch wohl eher als eine im Kern bellizistische Außenpolitik geoutet hatte.

Vor diesem Hintergrund fand ich ein Interview des Spiegel-Journalisten Jan Petter mit der norwegischen Friedensforscherin Torunn Tryggestad interessant. Sie ist Direktorin des Centre on Gender, Peace and Security am Institut für Friedensforschung Oslo (PRIO). Norwegen hat bereits 2014 mit der Neuorientierung auf eine feministische Außenpolitik begonnen und damit sowohl generell gute Erfahrungen gemacht als auch bereits einige Erfolge auf internationaler Ebene verbuchen können – etwa die erfolgreiche Beteiligung an der Durchsetzung des Friedensvertrages zwischen der kolumbianischen Regierung und der kolumbianischen Guerilla Farc.

Torunn Tryggestad erläutert in diesem Interview, was mit einer feministischen Außenpolitik gemeint ist und wie sie agiert. Sie macht deutlich, dass eine feministische Außenpolitik ihren Akzent auf politische Konfliktlösung setzt, dass sie aber keineswegs einfach ein Synonym für Pazifismus ist.

Gleich zu Beginn des Interviews nimmt sie eine Einschätzung der bundesdeutschen Bemühungen um eine feministische Neuausrichtung der Außenpolitik vor:

„Die wichtigste Lektion ist, allen Beteiligten zuzuhören. Als die damalige schwedische Außenministerin Margot Wallström 2014 eine feministische Außenpolitik ankündigte, passierte das sehr spontan nach ihrem Amtsantritt. Danach gab es monatelang Streit, was das überhaupt bedeuten soll. So wie ich es mitbekomme, wurde das in Deutschland anders angegangen. Es wurde viele Monate überlegt, verschiedene Expertinnen und Experten konnten sich einbringen, auch im Auswärtigen Amt. In der Diskussion wurde Bezug auf die Erfahrungen aus anderen Ländern genommen, auch aus Norwegen. Das hat mich sehr gefreut. Diese Weitsicht dürfte auch beim diplomatischen Personal die Akzeptanz deutlich erhöhen.“

Angesicht der vielen Kritik, die die Bundesregierung in ihrem ersten Amtsjahr einstecken musste, klingt Tryggestads Einschätzung des außenpolitischen Teils der Regierungsarbeit erfreulich positiv. Nach Tryggestad ist meine im Titel aufgeworfene Frage, ob der Ansatz einer feministischen Außenpolitik von Annalena Baerbock nur ein Etikettenschwindel sei, also mit deinem eindeutigen NEIN zu beantworten.

Feministische Außenpolitik: Ein Etikettenschwindel?

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