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„Es gab einen Mord": Die Opfer des stalinistischen Terrors und die Fragen der Urenkel

Keno Verseck
Journalist

geb. 1967 in Rostock, freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa.

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Keno VerseckMittwoch, 06.07.2016

Denis Karagodin aus der sibirischen Stadt Tomsk ging zum örtlichen Büro des russischen Geheimdienstes FSB. „Was gibt´s?", fragte ein Beamter ihn. „Wissen Sie, es gab einen Mord", antwortete Karagodin, „und ich möchte wissen, wer die Verantwortlichen dafür waren." Die Geschichte ging vor kurzem durch die russischen Medien: Der 33-jährige Designer Denis Karagodin will erfahren, wer genau die Schuldigen dafür sind, dass sein Urgroßvater Stepan Iwanowitsch Karagodin 1938, in der Zeit des stalinistischen „Großen Terrors", als „japanischer Spion" hingerichtet wurde — vom höchsten Befehlsgeber bis zu demjenigen, der ihn physisch hinrichtete. Es ist eine Geschichte, die in Russland viele bewegt, denn in praktisch jeder russischen Familie gibt es Opfer des stalinistischen Terrors — jahrzehntelang ein Tabuthema, auch in Familiengesprächen. Bis heute hat eine gesellschaftlich relevante Aufarbeitung des Themas in Russland nicht stattgefunden, vor allem nicht über die Rolle der ungezählten mittleren und kleinen Täter und ihres Anteils an den Abermillionen Opfern. Mehr noch, es wird auch für den kleinen Kreis der Interessierten immer schwieriger, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen: Historiker haben immer größere Schwierigkeiten beim Zugang zu Archiven, Gedenkstätten werden geschlossen, Mitarbeiter von Geschichtsprojekten unter Druck gesetzt. Umso mutiger erscheint die Einzelaktion Denis Karagodins, der nicht lockerlassen will. Auf seiner Blogseite dokumentiert er die Geschichte seines Urgroßvaters und seine Recherchen. Dem russischsprachigen Dienst von „Radio Free Europe/Radio Liberty" beschrieb er in einem langen Interview seine Nachforschungen. Auf diesem Gespräch basiert der englischsprachige Artikel von RFE/RL über ihn. Was Denis Karagodins Nachforschungen für die russische Gesellschaft bedeuten, darüber gibt es bei „dekoder" einen interessanten Artikel eines russischen Historikers.

„Es gab einen Mord": Die Opfer des stalinistischen Terrors und die Fragen der Urenkel

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