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Die Großintellektuelle und die Stasi: Das Dossier der Julia Kristeva

Keno Verseck
Journalist

geb. 1967 in Rostock, freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa.

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Keno VerseckMontag, 16.04.2018

Deutschland hat seine großen Stasi-Spitzel-Skandale um bekannte Intellektuelle wohl hinter sich. Weiter westlich mag man die Fälle von Sascha Anderson bis Christa Wolf (und ihre jeweils ganz eigene Art der Aufarbeitung) oft mit einer Mischung aus Faszination, Entsetzen und Kopfschütteln betrachtet haben. Nun hat auch Frankreich einen unerhörten Stasi-Spitzel-Skandal – der wiederum in Deutschland kaum zur Kenntnis genommen wird: Die "Großintellektuelle" Julia Kristeva, ihres Zeichens Literaturtheoretikerin, Psychoanalytikerin, Schriftstellerin und Philosophin, eine der einflussreichsten Geistesgrößen weltweit, soll in Frankreich Anfang der 1970er Jahre unter dem Decknamen "Sabina" für den bulgarischen Geheimdienst Kollegen ausgespitzelt haben, was vor Kurzem völlig zufällig herauskam, weil Kristeva die Mitgliedschaft im Redaktionskomitee einer bulgarischen Literaturzeitschrift akzeptiert hatte und daraufhin, wie gesetzlich in Bulgarien vorgeschrieben, auf eine Stasi-Vergangenheit überprüft wurde. Das Ergebnis war positiv, ihr Dossier kann man im Internet einsehen. Kristeva streitet alle Vorwürfe ab, ihr Ehemann Philippe Sollers beschuldigt Putins Russland (sic!), das Dossier gezielt frisiert und gefälscht zu haben. Der deutsch-bulgarische Schriftsteller Ilija Trojanow, der sich in seinem literarischen und essayistischen Werk immer wieder mit dem Thema der Staatssicherheit unter den kommunistischen Diktaturen resp. in Bulgarien auseinandersetzt, hat sich das Dossier "Sabina" eingehend angeschaut und erläutert in einem sehr lesenswerten Artikel für die FAZ, warum Kristeva – entgegen ihrer Dementis – vermutlich IM "Sabina" war. Auch Christopher Nehring, der Leiter der Forschungsabteilung im Deutschen Spionagemuseum in Berlin, hat für die Welt einen sehr lesenswerten Artikel über den Fall Kristeva geschrieben.

Der Artikel von Ilija Trojanow kann auf Blendle kostenpflichtig gelesen werden.

Die Großintellektuelle und die Stasi: Das Dossier der Julia Kristeva
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