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Kopf und Körper

Wir meditieren aus den falschen Gründen

Christian Gesellmann
Autor und Reporter

Geboren 1984 in Zwickau, Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Germanistik in Jena und Perugia. Volontariat bei der Tageszeitung Freie Presse, anschließend zweieinhalb Jahre als Redakteur in Zwickau. Lebt als freier Autor in Leipzig und Bukarest. Quoten-Ossi bei Krautreporter.

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Christian GesellmannMontag, 29.03.2021

Obwohl Meditation heute Teil der westlichen Mainstream-Kultur ist und die um sie herum entstandene Entspannungs-Industrie – einschließlich Bücher, Meditations-Retreats, Musik etc. – Milliarden von Euro generiert, wurde sie ursprünglich nicht eingeführt, um Stress abzubauen. 

Im Gegenteil, sie ist eine religiöse Praxis, die erstmals von buddhistischen Asketen im fünften Jahrhundert v. Chr. aufgenommen wurde, um die Welt zu transzendieren, nachdem sie allen Besitz, die Familie und die Arbeit aufgegeben hatten. Mit anderen Worten, das ganze Unterfangen zielte darauf ab, die Welt zu verlassen, "und nicht als Mittel zu einem glücklicheren, erfüllteren Leben in ihr", wie es ein Professor für Religionswissenschaften in diesem Artikel von David Kortava für Harper's Magazine ausdrückt. Was den Artikel so lesenswert macht, ist, dass er mit wissenschaftlichem Anspruch die Nebenwirkungen einer zweckentfremdeten Wahrnehmungsveränderungsstrategie beleuchtet und dabei dennoch unterhaltsam schreibt. 

“Although there is data supporting the positive effects of meditation, the scientific literature is murkier than some champions of the practice would like to believe, and the possibility of negative outcomes cannot be so easily dismissed. As early as 1976, Arnold Lazarus, one of the forefathers of cognitive behavioral therapy, raised concerns about transcendental meditation, the mantra-based practice then in vogue. “When used indiscriminately,” he warned, “the procedure can precipitate serious psychiatric problems such as depression, agitation, and even schizophrenic decompensation.”

Und Studien zeigen, dass diese "negativen Folgen" sowohl bei Menschen mit vorbestehenden psychiatrischen Erkrankungen als auch bei völlig gesunden Menschen auftreten können. Symptome wie Desorientierung, visuelle Halluzinationen, Unfähigkeit zur Regulierung der Körpertemperatur etc. – sind bereits in frühen buddhistischen Schriften beschrieben.

Die Geschichte, wie die Meditation von Laien angenommen wurde, beginnt um das späte 19. Jahrhundert und hat ihre Wurzeln im britischen Kolonialismus, aber die wichtigste Erkenntnis für mich ist, dass man immer dann, wenn etwas als Allheilmittel für alle Probleme des Lebens verkauft wird, man dies mit einer Prise Salz nehmen sollte. 

Wir meditieren aus den falschen Gründen

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Kommentare 3
  1. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor mehr als 3 Jahre

    Word. Ich verweise dazu auch auf den Begriff McMindfulness...https://www.piqd.de/ge...

  2. Fabian Peltsch
    Fabian Peltsch · vor mehr als 3 Jahre

    Ich finde spannend, dass das nicht öfter beleuchtet wird beziehungsweise dass bei den meisten Menschen anscheinend die positiven Effekte überwiegen. Es geht ja auch um die Erkenntnis: "Ich bin nicht meine Gedanken". Aber wer ist man dann? Das ist eine sehr fundamentale, existentielle Frage, die einen schon aus der Bahn werfen kann...

    1. Jasmyn Kilian
      Jasmyn Kilian · vor mehr als 3 Jahre

      In diesem Artikel wird eine extreme Form der Mediation beschrieben und trotzdem wird die Mediation im Urteil allgemein abgehandelt. Das ist in etwas so, als wenn man Birnen mit Äpfeln vergleicht. Es hätte diesem Artikel gutgetan sich differenziert auf eine Form der Mediation und einem bestimmten Typus des Meditierenden zu beziehen, um daran die Gefahren des Extremen zu erläutern. Ich finde die kritische Auseinandersetzung gut, gerade was die Ursprünge der Meditation angeht, allerdings ist die Argumentationsstruktur des Artikels schwach, weil sie nicht differenziert.

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