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Flucht und Einwanderung

Für alle Kanäle von piqd: Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergMontag, 29.03.2021

Vor dem Antisemitismus ist man nur noch auf dem Mond sicher, meinte einmal Hannah Arendt.

Auf Erden dagegen nimmt er seit geraumer Zeit wieder zu. Aber was ist eigentlich Antisemitismus?

Die Jerusalemer Deklaration, die ausgewiesene Kenner aus Europa, den USA und Israel entwickelten, grenzt nicht aus, sondern weitet die Möglichkeiten.

Dadurch wird diese Antisemitismus-Definition offen für andere Auseinandersetzungen, die zunehmend von Gereiztheit und Dogmatismus, Aggressivität und Borniertheit gekennzeichnet sind.

Sie geht davon aus,

dass Antisemitismus einige spezifische Besonderheiten aufweist, der Kampf gegen ihn jedoch untrennbar mit dem allgemeinen Kampf gegen alle Formen rassistischer, ethnischer, kultureller, religiöser und geschlechtsspezifischer Diskriminierung verbunden ist.

Ich zitiere aus der deutschen Übersetzung der Jerusalemer Erklärung, die man hier findet.

Da unsere Gesellschaften, nicht zuletzt durch Flucht und Einwanderung, sich immer mehr zu Archipelen der Minderheiten wandeln, wäre eine solche abgewogene, internationale Sichtweise dazu geeignet, sachlicher über das neue Miteinander zu diskutieren.

Für mich ist es der bislang überzeugendste Versuch, weshalb ich rate, diese wenigen Seiten zu lesen.

Für alle Kanäle von piqd: Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus

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Kommentare 9
  1. Maik-A. Schwarz
    Maik-A. Schwarz · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Teile die Kritik von Tom Guse: antijüdische und antiisraelische Boykotte sind antisemitisch IMHO, so sehen das (zu Recht) auch aktuelle Beschlüsse des Bundestages oder des Landtages BW. Der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume, zum Beispiel sieht in der JDA außerdem das Problem, dass antisemitische Verschwörungsmythen etwa gegen Roma und Sinti, nichtjüdische Politiker:innen, Journalist:innen, Wissenschaftler:innen dadurch nicht erfasst seien.

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      Antijüdische Boykotte sind antisemitisch, das steht auch in der Jerusalemer Erklärung, die ein Weg aus der Sackgasse ist.

      Welchen besseren Weg sehen Sie, der international mitgegangen wird?

    2. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 3 Jahre

      @Achim Engelberg Hallo Achim, wie ist denn dann Punkt 14 zu verstehen? "Boycott, divestment and sanctions are commonplace, non-violent forms of political protest against states. In the Israeli case they are not, in and of themselves, antisemitic."

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      @Dirk Liesemer Ich finde es klar formuliert.

      Sanktionen sind ein politisches Kampfmittel, das nicht schnell verschwinden wird.

      Deshalb kann es auch gegen Israel angewendet werden.

      So sind auch Sanktionen gegen Russland oder China nicht per se antirussisch oder antichinesisch.

      Wenn aber aufgerufen wird: Kauft nicht bei Russen oder Chinesen ist das antirussisch oder antichinesisch.

      Natürlich bringen Sanktionen immer Graubereiche, Dispute und Kämpfe hervor.

      Da niemand alle boykotieren kann, die Unrecht begehen, entstehen stets Doppelstandard.

      Es wäre eine sanktionsfreie Welt zu wünschen, allerdings ist diese für absehbare Zeit nicht zu sehen.

    4. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Achim Engelberg Ja, aber Sanktionen werden von Staaten verhängt, zu Boykotten wird in der Regel von gesellschaftlichen Gruppen aufgerufen. Und wenn Du oben schreibst, dass antijüdische Boykotte antisemitisch sind, dann stellt sich die Frage: Wann ist denn ein Boykott antijüdisch und wann antizionistisch? So klar kann man das in der Realität oft eben nicht trennen. Anders gefragt: Wo sortiert man einen Boykottaufruf israelischer Waren aus besetzten Gebieten ein? Dass man mit einem solchen Boykott schon das Existenzrecht in Frage stellt, ist jedenfalls teilweise zu lesen: https://rp-online.de/p...

    5. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      @Dirk Liesemer Ein Boykottaufruf israelischer Waren aus den besetzten Gebieten ist nach der Erklärung oft nicht antisemitisch. Es muss im Einzelfall geprüft sein.

      Naja, dass mit einem Boykott von Waren aus den besetzten Gebieten sogar das Existenzrecht auf dem Spiel steht, zeigt wohl eher wie erhitzt die "Debatte" ist.

      Weder durch Wirtschaftszahlen noch durch den Augenschein, etwa bei einer Fahrt von Tel Aviv in die besetzten Gebiete, lässt sich das erhärten.

      Und es hieße ja, das international anerkannte Wissenschaftler, die an der Jerusalemer Erklärung mitarbeiteten, nicht erkennen, dass sie das Existenzrecht aufs Spiel setzen.

      Der von Dir verlinkte Artikel zeigt eher, dass die Versachlichung, die die Jerusalemer Erklärung betreibt, dringend und richtig ist.

    6. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 3 Jahre

      @Achim Engelberg Ich stimme Dir zu, und es ist auch klar, dass die Jerusalemer Erklärung nicht jedem passt - siehe etwa hier: https://www.juedische-...

  2. Tom Guse
    Tom Guse · vor mehr als 3 Jahre

    Mir scheint die wirklich problematisch zu sein. Während einige Punkte sehr abgeschwächt scheinen, so ist doch Punkt 14 wirklich eine Legitimation des BDS. Der BDS und seine Aktionen assoziiert sich mit offenen Antisemiten, dämonisiert Israel und trägt nichts zur Lösung des Konflikts bei. Dabei auch noch in Punkt 14 dies als übliche politische Praxis darzustellen geht doch an der politischen Realität vorbei, in der, meines Wissens, eben nur eine derart große Organisation mit diesem Ziel existiert, die sich eben, welch Zufall, auf die die Abschaffung des einzigen jüdischen Staates fokussiert und dafür in der Welt viel Anklang findet. Der BDS ist ja nicht wegen seiner Drei Worte antisemitisch, sondern wegen seines impliziten Auftrags damit Israel zu vernichten, wegen seiner Gründungshistorie, die sich in Verbindung mit den Muslimbrüdern und anderen IslamistInnen konstituiert, und eben seine Verbindung zu islamistischen und sekularen TerroristInnen.

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      Ich befürworte nicht den BDS, aber in den offiziellen Erklärungen gibt es keinen Auftrag, Israel zu vernichten. Innenansichten vom BDS noch von den Muslimbrüdern habe ich nicht, aber meine Erfahrungen - vor allem international - decken sich mit der Jerusalemer Erklärung. Vielleicht geht es wieder einmal um einen "Wandel durch Annäherung" (Egon Bahr). Und wie bei der Neuen Ostpolitik geht es - nach abstrakten Erklärungen - um konkrete Schritte. Momentan sehe ich keine bessere Alternative.

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