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Kurator'in für: Europa Fundstücke Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953, geboren in Bünde/Westfalen. Nach dem Studium der evangelischen Theologie in Bielefeld und Marburg/Lahn ab 1989 Leiter des Industrie- und Sozialpfarramtes des Kirchenkreises Herne. Von 2007 bis 2009 Referent für Sozialethik an der Evangelischen Stadtakademie Bochum. Von 2009 bis 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments (DIE LINKE). Mein persönliches Highlight im EP: Ich war Berichterstatter für die Zahlungskontenrichtlinie, die jedem legal in der EU lebenden Menschen das Recht auf ein Bankkonto garantiert. Seit 2014 freiberuflich tätig. Publizist. Diverse Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Publikationen, seit Dezember 2016 Herausgeber des Europa.blog und seit Juni 2020 auch Herausgeber des "Ruhrpott Podcast".
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Mit der Empfehlung von Artikeln hinter der Paywall halte ich mich zurück, weil viele dann den empfohlenen Beitrag nicht lesen können (zur Klarstellung: ich bin nicht gegen eine Bezahlung journalistischer Arbeit, nur die heutige Art der Bezahlung finde ich keine gute Lösung). Doch dieser Essay von Annika Joeres in DIE ZEIT verdient hier empfohlen zu werden.
Ich bin durch einen Post der Autorin auf Bluesky auf den Artikel aufmerksam geworden. Dort merkte sie auch an, dass sie bereits seit ein paar Jahren in einem Dort in Frankreich lebt. Sie blickt also nicht von Außen als Besucherin auf die französische Gesellschaft, sondern als eine Journalistin, die Teil der ländlichen französischen Gesellschaft ist.
In ihrem Essay beschreibt sie sehr pointiert, was das Alltagsleben vieler Französinnen und Franzosen prägt: Ein permanenter und auf die Spitze getriebener Konkurrenzkampf, der nur wenige Gewinner und sehr viele Verlierer produziert. Hinzukommt die Selbstwahrnehmung vieler Französinnen, dass Frankreich ein mächtiges Land und eine Atommacht ist, deren Sicherheitsinstitutionen es jedoch nicht gelang, die Gesellschaft vor den blutigen und opferreichen Terroranschlägen der letzten Jahre zu schützen.
Joeres beschreibt vor diesem Hintergrund die Mehrheit der französischen Gesellschaft – vor allem die, die außerhalb von Paris in der Provinz lebt – als traumatisiert. Ich verfolge selbst seit längerem die Diskussionen um Trauma und kollektive Traumata. Von daher leuchtet mir die Beschreibung der französischen Gesellschaft durch Joeres als eine in erheblichen Teilen traumatisierte Gesellschaft ein. Traumata bedeuten Kränkungen und Sicherheitsverlust. Joeres kommt zu dem Schluss, dass Le Pen, die sie als vollkommen unmoralische Politikerin betrachtet (zurecht, wie ich finde), ein sehr gutes Gespür für die Traumatisierung der französischen Gesellschaft hat und dass Le Pen weiß, wie sie die Traumatisierung manipulativ für ihre politischen Machtinteressen optimal nutzen kann.
Der Schluss, der daraus zu ziehen ist, lautet m.E.: Wenn nur eine überschaubare Zahl von Menschen in einer Gesellschaft traumatische Erfahrungen gemacht hat, dann hat das keine politische Folgen. Hat aber eine Großteil einer Gesellschaft solche Erfahrungen gemacht, dann bekommt dieser Sachverhalt eine politische Relevanz. Folglich müssen Politiker:innen in ihrer öffentlichen Kommunikation in Rechnung stellen, dass reine Sachargumente viele ihrer Hörer:innen nicht erreicht. Wer Kränkungen erfahren hat, will in der Regel erst einmal, dass diese wahrgenommen werden. Und wer das Gefühl hat, ihm ist jedes Gefühl von Sicherheit abhanden gekommen, wird nachvollziehbarerweise ein großes Bedürfnis nach Sicherheit entwickeln. Das entspricht Erkenntnissen der mittlerweile recht weit entwickelten Traumforschung. Eine öffentliche politische Kommunikation, die das ausblendet und ignoriert, wird große Teile der Gesellschaft nicht mehr erreichen und überlässt sie den antidemokratischen Machtinteressen der politischen Rechten, die diese Situation manipulativen zu nutzen weiß. Im Umkehrschluss heißt das: Wer die politische Rechte zurückdrängen will, muss sich mit der Bewusstseinslage einer traumatisierten Gesellschaft auseinandersetzen.
Ergänzend zu diesem Essay möchte ich hier noch auf einen Beitrag von Claus Leggewie in der taz hinweisen: Frankreichs politisches System: Ni droite ni gauche. Emmanuel Macron, Frankreichs „präsidentieller Monarch“, steht nun nackt vor einer leeren Mitte. Das liegt auch an der Konstruktion der Fünften Republik. (https://taz.de/Frankreichs-politisches-System/!6017953/). Leggewie erklärt die derzeitige Lage in Frankreich aus der Struktur des dortigen politischen Systems. Ergänzend zu dem Essay von Joeres finde ich diesen Artikel Leggewie hilfreich zum Verständnis der aktuellen Lage in Frankreich. Aber m.E. hat die Struktur eher eine verstärkende Wirkung, sie kann aber nicht erklären, weshalb die Wählerinnen und Wähler Le Pen hinterherlaufen wie der Sage nach einst die Kinder dem Rattenfänger von Hameln hinterherliefen.
Quelle: Annika Joeres Bild: Die Grande Nation... Artikel kostenpflichtig www.zeit.de
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Danke, ein aufschlussreicher Artikel, weil er das traditionelle Wettbewerbsdenken mit der neoliberalen Konterrevolution zusammenbringt.
Im Essay heißt es: "Rechtsextreme nutzen gezielt das Gefühl der Erniedrigung, häufig gepaart mit finanzieller Unsicherheit."
Das, was linke Kritiker schon vor Jahren sagten und schrieben, wird jetzt Realität: Die faschistische Quittung als Preis der ökonomischen Tyrannei der Deregulierer.
Noch ein Wort zum Anfang: In den meisten Bundesländern gibt es Bibliotheksverbünde, wo man mit einem Ausweis solche Artikel nicht nur digital lesen, sondern als PDF herunterladen kann.
Wer Bürgergeld oder ähnliches bekommt, erhält einen solchen Ausweis in Berlin kostenlos; wer mehr verdient, muss im Jahr 10 € bezahlen.