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Klima und Wandel

Die Klimaerhitzung verlängert den Tag

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
Zum Kurator'innen-Profil
Nick ReimerDienstag, 16.07.2024

Dass die Erderhitzung Gletscher schmelzen lässt, die Ozeane erhitzt, das Wetter durcheinander bringt: Bekannt und oft beschrieben. Und natürlich dräut einem: Da gerät noch viel mehr aus dem Takt.

Zum Beispiel die Erdrotation: Durch das Abschmelzen der Eismassen in der Antarktis und auf Grönland gelangt mehr Süßwasser in die Weltmeere und verteilt sich dort. Wissenschaftler der ETH Zürich haben untersucht, wie sich die schmelzenden Eismassen auf der Erde auf deren Rotation auswirken. Ergebnis der im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichten Studie: Die Tage werden länger.

Benedikt Soja, Professor für Weltraumgeodäsie am Departement Bau, Umwelt und Geomatik erklärt den Einfluss der geringer werden Eismassen am Nord- und Südpol so:

"Man kann sich das so vorstellen, wie wenn eine Eiskunstläuferin bei einer Pirouette die Arme zuerst am Körper hält und dann ausstreckt."

Die anfänglich schnelle Drehung werde dadurch langsamer, weil die Massen sich von der Drehachse entfernen und die physikalische Trägheit zunimmt. In der Physik spricht man vom Gesetz der Erhaltung des Drehimpulses, dem auch die Erdrotationsbewegung gehorcht. Dreht sich die Erde langsamer, werden die Tage länger. Der Klimawandel verändert somit auch die Tageslänge auf der Erde. Vorerst allerdings nur minimal.

Allerdings ist der Klimawandel nur ein Effekt, der sich auf die Erdrotation auswirkt. Auch die intensive Nutzung des Grundwassers in den Wüsten von Israel und der Sahel bringt die Erde aus dem Gleichgewicht. Was dort dem Gemüseanbau dient, sorgt für eine Masseverschiebung der Erdkruste, bei dem Wasser, dass benutzt wird handelt es sich um "historisches Grundwasser" - Wasser, das wie Erdöl gefördert wird.

Frühkartoffeln aus der israelischen Negev, Tomaten aus Andalusien, Blaubeeren aus Chile, Oliven aus Marokko, Baumwolle aus Usbekistan: Es gibt viele Beispiele für Landwirtschaft, die kostenloses Grundwasser anzapft. Auch die Industrie ist enorm durstig, Modellrechnungen zufolge wurden 2.150 Gigatonnen Grundwasser zwischen 1993 und 2010 abgepumpt – pro Jahr etwa das dreifache Volumen des Bodensees.

Kartoffeln auf deutschen Äckern kommen in der Regel ohne Bewässerung aus: Weil ägyptische Bauern aber billiger produzieren (sie verdienen weniger), sind Erdäpfel aus der Sahara bei uns sehr nachgefragt. Das Land ist mittlerweile Deutschlands drittgrößter Kartoffelexporteur. Damit "fließt" Wasser, das in Ägypten knapp ist, quasi direkt nach Deutschland, wo die Bauern hierzulande auf ihren Kartoffeln sitzenbleiben: Heimische Frühkartoffeln gibt es bei uns noch nicht und die aus dem vergangenen Herbst sehen nicht mehr so frisch aus wie die neuen Wüstenkartoffeln.

Die Klimaerhitzung verlängert den Tag

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