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Kurator'in für: Europa Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953
Studium der Elektrotechnik und Elektronik
Forschung / Lehre auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Innovationstheorie
Entwicklung von Forschungsprogrammen im IKT-Sektor für verschiedene Bundesministerien und Begleitung der Programme und Projekte - darunter Smart Energy, Elektromobilität, netzbasiertes Lernen, Industrie 4.0
Nun im Un-Ruhestand
Was wissen wir über Chinas Intellektuelle? Was denken sie über China, was über den Westen? David Ownby bietet in "Le Monde diplomatique" einen Blick auf die
lebendigen – und durchaus gewollten – Debatten chinesischer Wissenschaftler:innen (die) weitgehend unter dem Radar der internationalen Öffentlichkeit statt (finden). Dabei sind sie keineswegs nur an ein chinesisches Publikum gerichtet und bieten interessante Einblicke in die innerparteilichen Machtkämpfe.
Und halten uns auch etwas den Spiegel vor. Deshalb ein piq aus/über China im Kanal Europa. Auch wenn uns vieles an den Standpunkten nicht gefällt, wir sollten sie ernst nehmen, sie besagen auch etwas über uns.
Der Autor leitet seit zehn Jahren ein Forschungsprojekt, das sich mit den „anerkannten chinesischen Intellektuellen“ auseinandersetzt. Wissenschaftler, die in China veröffentlichen, dabei die von der Staatspartei vorgegebenen Spielregeln einhalten, aber, so Ownby, trotzdem keine reinen Sprachrohre des Regimes sind.
Sie bilden eine Art „Gelehrtenrepublik“, die im propagandistischen Getöse des Regimes allerdings kaum wahrnehmbar ist. Und da der Austausch ausschließlich auf Chinesisch stattfindet, leidet ihre internationale Wahrnehmung zusätzlich unter der Sprachbarriere.
Die Schwerpunkte setzen ab der Jahrtausendwende drei miteinander verbundene Fragenkomplexe:
andere Länder nur „Nationalstaaten“, während China zugleich „Zivilisation“ und „Nationalstaat“ sei, was das Land „einzigartig“ mache.Andere hervorragende Wissenschaftler argumentieren etwas komplexer und ihre Thesen sind umstrittener:
So erklärt Chen: „Die republikanische Revolution von 1911 war ein unnötiger Fehler, denn China war bereits auf dem Weg zur konstitutionellen Monarchie.“ Oder: „Ein großer Teil des 20. Jahrhunderts war ein tragischer Fehler, weil die Regierung ständig nach westlichen Lösungen für chinesische Probleme gesucht hat.“Was bei den chinesischen Kommunisten sofort den Verdacht hervorruft,
dass sie den Marxismus als etwas Ausländisches verurteilen – ein höchst sensibler Punkt, denn Xi ist ein Apologet des „Kommunistischen Manifests“.
So kompliziert kann Denken in Autokratien sein. Aber auch die chinesische "Neue Linke", die für einen gezähmten Kapitalismus und den Kampf gegen Ungleichheit eingetreten ist, glaubt an Chinas Einzigartigkeit. Laut deren Vertreter
hat Chinas Aufstieg bewiesen, dass die angeblich „universellen Werte“ des Westens so universell nicht sind. Das Land verdanke seinen Erfolg vielmehr politischen Innovationen wie der „reaktiven Demokratie“ (die Staatspartei antwortet auf die Bedürfnisse des Volkes), die der durch Klientelismus, Feminismus und Multikulturalismus gelähmten „repräsentativen Demokratie“ des Westens überlegen sei. Dagegen habe China die „Rolle des Staats“ weiterentwickelt.
Was wiederum eine liberale Denkströmung kritisiert, denn
diese „reaktive Demokratie“ habe eine verblüffende Ähnlichkeit mit Mao Tse-tungs „Massenlinie“, …..Vor dem Zweiten Weltkrieg hatten auch Japan und Deutschland einen ganz ähnlichen Staatskult entwickelt, und das habe in Krieg und Niederlage geendet.
Was diese Liberalen nicht davon abhält, zu fordern,
dass China seine eigene Vision der Moderne entwickeln und damit zur Vielfalt der universellen Werte beitragen müsse. „Die Zivilisationstradition Chinas ist nicht nationalistisch, sondern beruht vielmehr auf universellen und humanistischen Werten“, …..
Was wir hier in Europa sicher dezidiert anders sehen würden. Aber von dieser Einschätzung des chinesischen Universalismus ist es nicht weit zu der Forderung, China mit seinem wiedererlangten Großmacht-Status solle seine historische Position in der „Mitte der Welt“, als Zentrum der Zivilisation, wieder einnehmen.
In diesem Sinne hat der Philosoph Zhao Tingyang das tianxia-Konzept aus dem 11. Jahrhundert aufgegriffen und aufgepeppt. Übersetzt heißt es so viel wie „alles, was unter dem Himmel ist“ – ein universalistisches Denken also, das lange vor der westlichen Aufklärung entstand.
Auch wenn Kraft und Ausstrahlung zur Peripherie abnahm, auch wir „Barbaren“ könnten uns zivilisieren, Chinesen werden und so eine moralische Weltordnung mitgestalten, die nicht in erster Linie auf Interessen und Macht beruht.
Dazu werden verschiedene Konzepte diskutiert, wie eine multipolare Welt aussehen könnte.
So schwebt etwa dem an der Peking-Universität lehrenden Rechtstheoretiker Jiang Shigong ein chinesisches Imperium vor, dessen Regionen durch die Neue Seidenstraße (Belt and Road Initiative, BRI) „vereint“ wären. Allgemein wird jedoch viel mehr Zeit und Aufwand in die Kritik von verschiedenen Erscheinungen der US-Hegemonie investiert als in die Erörterung von Chinas aktuellem Verhalten auf der internationalen Bühne.
Es gibt sogar die Meinung, die Welt sei besser dran gewesen, als China sich in der von den USA beherrschten Welt noch „bedeckt hielt“, wie man dort gern sagt. Auch Warnungen vor der weitverbreiteten Vorstellung, hohe Wachstumsraten würden genügen, um die USA zu überholen, sind zu hören.
Der Soziologe Sun Liping hält diese Fixierung sogar für gefährlich: „Wir müssen begreifen, dass wir vor äußerst schwierigen existenziellen Problemen stehen, das größte ist unsere extrem niedrige Geburtenrate."
Der junge Politikwissenschaftler Shi Zhan klingt fast westlich, wenn er schreibt, dass man
dem „populistischen Nationalismus“ nicht nachgeben dürfe und dass sich die Führung endlich der Tatsache stellen müsse, dass China niemals die Meere beherrschen wird. Im Wandel begriffen sei selbst das Wesen der Macht, schreibt Shi: Internetplattformen und künstliche Intelligenz, die die Ökonomie der Zukunft bestimmen werden, entzögen sich weitgehend und überall der staatlichen Kontrolle.Sehr interessant ebenfalls die Diskussionen darüber, was die Anziehungskraft des "chinesischen Modells" ausmacht und wie man diese darstellt. Das Schlagwort vom „Wohlstand für alle“ kennt man auch in China. Diskutiert wird ebenso, ob es richtig war, den Maoismus aufzugeben oder ob man sich zu stark an der Marktwirtschaft orientiert hat:
Die Mehrheit steht irgendwo dazwischen. Die Partei hat wenig überraschend beschlossen, dass die Geschichte der Volksrepublik China als Ganzes betrachtet werden müsse. Einige Intellektuelle beunruhigt das, denn Xi scheint sich für ihren Geschmack zu getreu an das maoistische Drehbuch zu halten.
Bei Liberalen klingt das Narrativ etwa so:
Die Revolution von 1949 war nötig, um das Volk aus seinem tausendjährigen Winterschlaf zu wecken und die nötige Energie für den Wandel zu erzeugen. Das maoistische China habe viele Fehler gemacht, aber die Planwirtschaft und die forcierte Modernisierung hätten die Grundlage für den Aufschwung in der Reformperiode ab 1979 geschaffen. Diese Politik habe unternehmerische Fähigkeiten freigesetzt.
Wir sehen, wir sind nicht allein in unserem Glauben an den Universalismus und an entsprechende Werte. Die aber inhaltlich nicht deckungsgleich sind. Auch den Traum vom Wohlstand – wen wundert es – haben wir gemeinsam. Eigentlich sollte man das friedlich lösen können. Zumal, wenn man bedenkt, dass die Vielfalt der Meinungen in China höher zu sein scheint, als ich das erwarten würde.
Quelle: David Ownby monde-diplomatique.de
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Mal was anderes als die üblichen Kommentare zu China - das Meiste war mir neu....