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Zeit und Geschichte

UN-Bericht über Folter in israelischen Gefängnissen

Lars Hauch
Researcher. Schwerpunkte: Mittlerer Osten, insbesondere Syrien.
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Lars HauchDonnerstag, 01.08.2024

Das Büro des UN Hochkommissars für Menschenrechte (OHCHR) hat am 31. Juli einen Bericht über Haftbedingungen im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg veröffentlicht. Der Bericht basiert auf Nachforschungen des OHCHR Büros in Palästina. Derlei Berichte sind politisch umkämpft, bilden erfahrungsgemäß aber die Situation recht vollständig ab.

Besonderen Fokus legt der Bericht wegen der quantitativen und qualitativen Masse an Vorfällen auf das Vorgehen des israelischen Staates. Seit November 2023 hat die israelische Armee tausende PalästinenserInnen in Gaza in Gewahrsam genommen und in Militäreinrichtungen und zivilen Gefängnissen gefangen gehalten. Die genaue Zahl ist nicht bekannt. Dazu kommen über 10,000 verhaftete PalästinenserInnen aus Gaza, die am 7. Oktober für ihre Jobs in Israel waren. 4,000 davon wurden wieder frei gelassen, 6,400 befinden sich in Gefängnissen in der Westbank, von 1,000 fehlt jede Spur. Dazu kommen knapp 9,000 Verhaftete in der West Bank — es ist unklar, wie viele davon wieder frei gelassen wurden.

Den Verhafteten wurden und werden Menschenrechte verwehrt. In den meisten Fällen gibt es weder Anklagen noch Zugang zu Anwälten oder die Möglichkeit der Kontaktaufnahme nach Außen. Israel erlaubt unabhängigen Beobachtern keinen Zutritt in die Gefangenenlager und Gefängnisse.

Wer sich detaillierter mit den Mechanismen von Massenverhaftungen in Unrechtsstaaten auseinandergesetzt hat, wird sich in dem OHCHR Report schnellzurecht finden. Das betrifft die rechtliche Scheinlegitimation als auch die systematische Gewalt, der die Menschen ausgesetzt sind.

Israel hat Gesetze erlassen, die den Anschein eines rechtlichen Rahmens für Verhaftungen erwecken, in der Realität jedoch totale Willkür erlauben. So erlaubt das „Incarceration of Unlawful Combatants Law“ beispielsweise dem Militär, Palästinenser, die es als gefährlich erachtet, so lange einzusperren, wie die „feindlichen Handlungen gegen den Staat Israel andauern.“ OHCHR stellt richtig fest, dass das im Kontext einer jahrzehntelangen Besatzung und bewaffnetem Widerstand einem Freifahrschein für das Militär gleichkommt.

Extrem besorgniserregend sind die Haftbedingungen. Ehemalige Häftlinge berichten übereinstimmend von systematischen Misshandlungen und Folter. Darunter fallen völlig überfüllte Zellen, Hunger, Durst, kein oder kein ausreichender Zugang zu medizinischer Versorgung, Schläge, Waterboarding, Elektroschocks an Genitalien, Verbrennungen, Stresspositionen. Im April 2024 gab ein israelischer Doktor an, Amputationen von Gliedmaßen wie Beinen wären zur Routine geworden, weil die Fesseln die Durchblutung abschnürten. Besonders sexuelle Gewalt gegen Männer und Frauen spricht Bände über die Verrohung. Berichtet wurde unter anderem, wie Gegenstände gefesselten Gefangenen anal eingeführt wurden.

Solche Exzesse sind keine Einzelfälle, sondern Teil systematischer Gewalt, die in Diktaturen wie Syrien bestens dokumentiert ist. Üblicherweise dienen sie dem Terror zum Zweck der Aufrechterhaltung der eigenen Herrschaft, zur Disziplinierung der Bevölkerung. Die Geschichten sprechen sich herum und verbreiten Angst. Die Ungewissheit über die Schicksale der Angehörigen soll Menschen in eine Schockstarre treiben. Gleichzeitig bringt sie viele Täter und Beihelfer hervor, zwischen denen eine an den Staat gebundene Loyalität entsteht.

Wenn Deutschland etwas am israelischen Staat gelegen ist, gilt es hier allen zur Verfügung stehenden Einfluss geltend zu machen. Die dokumentierte systematische Gewalt ist ein eindeutiger Indikator für das Ende eines Rechtsstaates und damit das Ende einer Demokratie (… welche die Palästinenser ohnehin nie inkludierte, aber das ist eine andere Geschichte).

UN-Bericht über Folter in israelischen Gefängnissen

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