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Zeit und Geschichte

Schwierige Traditionspflege bei der Bundeswehr – Gastkommentar von Herfried Münkler

Hauke Friederichs
Journalist und Autor
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Hauke FriederichsDonnerstag, 22.02.2018

Wie gelingt der Rückblick ohne Verherrlichung? Wie viel Erinnerung an Offiziere aus Hitlers Wehrmacht kann die Bundeswehr sich leisten? Wie stolz sollte die Truppe auf den verklärten Oberst Stauffenberg wirklich sein? In der deutschen Geschichtsforschung gibt es kaum ein schwierigeres Terrain als die deutsche Militärgeschichte. Und das nicht nur wegen der Verbrechen der Wehrmacht, sondern auch darum, weil es ein gesamtdeutsches Heer erst seit der Gründung der Reichswehr in der Weimarer Republik 1919 gibt. 

"1914 noch sind die Deutschen mit einem preußischen, einem sächsischen, einem bayerischen und einem württembergischen Heer in den Krieg gezogen", schreibt der Berliner Professor Herfried Münkler in der FAZ. "Wenn Scharnhorst, Gneisenau und Clausewitz als Bezugspersonen der Traditionspflege aufgerufen werden, sollte nicht vergessen werden, dass sie preußische Offiziere waren, die auch gegen deutsche Truppen, nämlich die der Rheinbundstaaten, gekämpft haben."

Auf welche Armee soll die Bundeswehr in ihrer Traditionspflege also zurückgreifen? Die deutschen Streitkräfte suchten darauf Antworten in einem Workshop, der den neuen Traditionserlass der Verteidigungsministerin begleitete. Dabei wurde etwa vorgeschlagen, die mehr als 60-jährige Geschichte der Bundeswehr selbst zum Zentrum der Traditionspflege zu machen. Münkler sieht das anders:

"Es ist aber klar, dass die Selbstreferenz der Bundeswehr für eine Traditionspflege nicht genügt, die 'Herz und Kopf' eines jeden Soldaten ergreifen soll."

So sei die Bundeswehr seit ihrer Gründung nie in echte Kampfhandlungen verwickelt gewesen – abgesehen von dem Karfreitagsgefecht in Afghanistan. Für Münkler ist das zwar politisch ein Glücksfall, bei der Traditionsbildung führe dies aber zu einer Leerstelle. 

Warum Gefechte so entscheidend sein sollen, verrät Münkler nicht. Fest steht, dass weder die NVA der DDR noch die Wehrmacht zur Traditionspflege geeignet sind.

Schwierige Traditionspflege bei der Bundeswehr – Gastkommentar von Herfried Münkler

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Kommentare 4
  1. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor mehr als 6 Jahre

    Mir ist schon nicht klar, warum die Bundeswehr überhaupt einen historischen Überbau braucht. Hat die Polizei doch auch nicht.

    1. Hauke Friederichs
      Hauke Friederichs · vor mehr als 6 Jahre

      Gute Frage! Staatsbürger in Uniform funktioniert auch ohne lange Rückschau

    2. Dirk Janssen
      Dirk Janssen · vor mehr als 6 Jahre

      Es gibt zur Traditionspflege ja bereits einen neueren Piq, der diese Frage zumindest für mich beantwortet. https://www.piqd.de/ze...
      Wer bestimmt, welche Tradition gepflegt wird, bestimmt damit auch die heutige Ausrichtung der Bundeswehr. Und da scheint innerhalb der Bundeswehr ein Kampf stattzufinden um die "richtige" Tradition. Ich meine, dass die Bundeswehr ihre Art der Tradition gar nicht selbst bestimmen dürfte, sondern die Gesellschaft muss der Bundeswehr deutlich zeigen, was für eine Armee wir haben wollen.

    3. Bernd Oswald
      Bernd Oswald · vor mehr als 6 Jahre

      genau so geht es mir auch. Mich würde – ganz vorurteilsfrei – interessieren, warum die "Traditionspflege" für Soldaten im Allgemeinen und für die Bundeswehr im Speziellen so wichtig ist. Ja, für Soldaten geht es viel um Kameradschaft und Zusammenhalt, aber braucht man dazu eine "Traditionspflege"? Und welche Traditionen sollen da gepflegt werden, vor allem: welche nicht? Die deutsche Militärgeschichte ist ja keine besonders erfreuliche, deshalb finde ich es besonders wichtig, dass die deutschen Soldaten dafür sensibilisiert werden, was gerade die Wehrmacht angerichtet hat und dass sie deswegen nicht als Vorbild taugt. In Teilen der Bundeswehr tut sie das ja leider noch, wie man an den Kasernen sieht, in denen Wehrmachtsdevotionalien aufbewahrt werden.

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