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Kurator'in für: Europa Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953
Studium der Elektrotechnik und Elektronik
Forschung / Lehre auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Innovationstheorie
Entwicklung von Forschungsprogrammen im IKT-Sektor für verschiedene Bundesministerien und Begleitung der Programme und Projekte - darunter Smart Energy, Elektromobilität, netzbasiertes Lernen, Industrie 4.0
Nun im Un-Ruhestand
Geschichte vom Ende her denken funktioniert offensichtlich nicht. Die Entwicklung unserer Gesellschaften in "Metanarrativen" einzuordnen und in die Zukunft fortzuschreiben, wie es die Historiker oft tun, scheint gerade zu scheitern. Die Zukunft als globaler Weg zu mehr Demokratie und Menschenrechten nimmt zumindest eine Pause, wenn nicht gar eine Wende. Der Totalitarismus erstarkt. Und so fragt die Autorin Annette Vowinckel, wie man Geschichte verstehen kann, ohne von ihrer Gegenwart und den großen Narrativen auszugehen? Prognostizierte Zukünfte scheitern immer wieder am Detail.
Seit Jahren verdichten sich die Anzeichen dafür, dass mit der deutschen Erinnerungskultur etwas nicht stimmt. Der Satz, dass man aus der Geschichte lernen müsse, damit sie sich nicht wiederhole, liest sich wie ein Anhang zum Grundgesetz. Aber was wir in letzter Zeit beobachten ist, dass deutsche Außenminister in Yad VaShem Sonntagsreden halten und gar, wie Heiko Maas, die Lehren aus Auschwitz zum Grundmotiv ihrer politischen Karriere erklären, während sie es nicht schaffen, ihre Ortskräfte aus Afghanistan herauszuholen.
Auch gibt es wohl zuviel mögliche Enden. Zwar kann man Wege zum bevorzugten Ende denken. Es ist die Szenariomethode - wenn - dann. Das Ende wäre dann Wunsch oder Ziel unseres Strebens. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Wie sähe ein neuer Realismus aus? Vielleicht sollten wir einfach unsere Vorannahmen, unsere Vorurteile ausblenden? Etwa im Falle Rußlands Krieg gegen die Ukraine:
Zynisch könnte man sagen, dass wir uns eine Kulturgeschichte des Kalten Krieges nur leisten konnten, solange es in Europa gerade keinen „heißen“ Krieg gab. Im Gegenzug könnte das aber auch heißen, dass wir die westeuropäische und politisch eher zur Linken tendierende Kulturgeschichte des Kalten Krieges aus ihrem anti-anti-kommunistischen Korsett befreien und Russland als post- und prätotalitäre Gesellschaft neu in den Blick nehmen sollten.
Um die Vergangenheit zu verstehen müssen wir auch (vorübergehend) das aktuelle Ende der Geschichte "ausblenden". Sonst unterstellen wir den historischen Akteuren ein Wissen, Motive, die diese selbst nicht hatten. Zum Beispiel hat sich seit dem russischen Angriff auf die Ukraine das auszublendende Ende selbst verändert:
Die von vielen gehegte Annahme, dass sich Russland langfristig als demokratischer Staat in die Weltordnung einfügen und es in Europa keine zwischenstaatlichen Angriffskriege mehr geben werde, ist obsolet. Die 1990er Jahre erscheinen nun als kurze Phase zwischen dem Ende des Kalten Kriegs und dem Erstarken eines neuen russischen Totalitarismus – um einen Begriff zu bemühen, den ich selbst längst zum Quellenbegriff erklärt hatte. Von diesem Ende her müssen wir vor allem die Gegenwart neu denken.
Also kein Ende der Geschichte und kein Ende der Narrative darüber ……
Quelle: Annette Vowinckel geschichtedergegenwart.ch
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