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Zeit und Geschichte

Gestern & Heute: "John Heartfield - Fotografie und Dynamit"

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergFreitag, 27.03.2020

John Heartfield (1891-1968) gehört zu den einflussreichen Künstlern des 20. Jahrhunderts. Er war ein eingreifender Künstler, ein Vorbild bis heute und erweist sich - auch in seinen Irrtümern - als großer Chronist eines gewalttätigen Jahrhunderts.

Während des Ersten Weltkriegs, der "Urkatastrophe des Jahrhunderts" (Kennan), nahm Helmut Herzfeld den Künstlernamen John Heartfield an - als Protest gegen den Nationalismus ("Gott strafe England").

Er war Dadaist und als Meister der Fotomontage errang er Weltgeltung.

Trotz vieler Ehrungen, schließlich trat er 1918 am Gründungstag in die Kommunistische Partei Deutschlands ein, war die DDR reserviert gegenüber seiner Kunst. Zu frech, zu eingreifend, zu unorthodox, zu unberechenbar war er Ulbricht & Co.

Nun sollte endlich eine große Werkschau in der Berliner Akademie der Künste eröffnet werden. Sie ist nach jahrelangen Vorarbeiten fertig aufgebaut und gewiss ein Ausstellungs-Höhepunkt weit über die Hauptstadt hinaus, aber kann bislang nicht besucht werden.

Die Ausstellungsmacher hoffen jedoch, dass die Schau bald noch eröffnet werden kann, bevor sie nach London und andere Städte geht.

Angela Lammert, eine der Kuratorinnen, gibt Einblick in die Planung und wie es sich anfühlt, allein mit seiner Ausstellung zu sein.

Mittlerweile ist eine umfangreiche multimediale Webseite Kosmos Heartfield freigeschaltet.

Unabhängig von Corona sollte es einen Online Katalog vom grafischen Nachlass geben, der nun zu besichtigen ist. Damit kann das Hauptwerk von John Heartfield frei studiert werden.

Die Akademie der Künste begründete dieses umfangreiche Projekt so:

Das stetige, auch internationale Interesse an Heartfields Œuvre bürgt für dessen nachhaltige Relevanz: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der verschiedensten Disziplinen, aber auch Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt suchen in Heartfields Werk nach Anknüpfungs- und Referenzpunkten für ihre Arbeit und Forschung. In den letzten Jahren hat das Interesse an Heartfields Kunst deutlich zugenommen, was sich in den Rechercheanfragen sowie in einer wachsenden Zahl an Leihanfragen internationaler Institutionen und Museen widerspiegelt: Der Heartfield-Bestand zählt zu den Publikumsmagneten des Archivs der Akademie der Künste.

Viele Künstler beeinflusste John Heartfield, auch in anderen Sparten. So erläuterte Heinar Kipphardt (1922-82), einer der wichtigen Protagonisten des Dokumentartheaters, sein Verhältnis zu John Heartfield und was er von ihm lernte:

Ich hatte einen guten Freund, viel älter als ich, und ich liebte ihn sehr. Das war John Heartfield, ein Fotomonteur. Zu meiner Überraschung waren Johnnys Qualitäten zu zeichnen eigentlich gering. Und merkwürdigerweise konnte er auch nicht fotografieren, sondern er ging mit den Leuten und ließ fotografieren. Und Johnny sagte mir mal etwas, was sehr bezeichnend ist. Er sagte: Wir - damit meinte er auch George Grosz, mit dem er ja zusammengearbeitet hat - wir haben die ganze Fotomontage eigentlich entwickelt, weil das Foto so lügt. Er wollte sagen, nur indem ich Zusammenhänge herstelle auf Montageweise, komme ich der Wahrheit näher. Montieren heißt, die Sachen in die richtigen Zusammenhänge bringen, die Tatsachen zu ihrer Bedeutung bringen. Ich würde sagen, dass das bei meiner Arbeit eine große Rolle spielt: Der Leser, der Zuschauer soll an der Herstellung von Zusammenhängen in einem freien Zustande mitarbeiten.

Hier findet man Arbeiten von Klaus Staeck, der von 2006 bis 2015 Präsident der Akademie der Künste war, und der in der Tradition von John Heartfield steht und diese erneuerte.

Gestern & Heute: "John Heartfield - Fotografie und Dynamit"

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