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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Sie war Reporterin und Mitglied der Akademie der Künste. Sie schrieb kurz, aber mit langem Atem.
Marie-Luise Scherer war eine große Autorin der kleinen Form; ihre Besonderheit ermöglichte der Spiegel-Gründer Rudolf Augstein wie kein anderer.
Katharina Teutsch bemerkt dazu in ihrem Nachruf.
Über zwanzig Jahre leistete man sich beim „Spiegel“ eine Mitarbeiterin, die es maximal auf zwei Reportagen im Jahr brachte.
Dadurch entstanden Sätze, die nachhallen. Obwohl Marie-Luise Scherer mit der Westberliner Hausbesetzerszene sympathisierte, benannte sie deren Widersprüche.
Eine Frau darf scharf aussehen, den Pelz einer geschützten Tierart tragen und Gold auf den Lidern, wenn ihr darüber nicht das irisierende Moment von Sperrmüll abhanden kommt.
Hier gibt es die Reportage aus dem Jahr 1987.
Glanz und Elend der alten Bundesrepublik waren ihr Stoff; dazu kamen Ausflüge nach Frankreich und ins neu vereinte Deutschland.
Sie schrieb über Suchtkranke und was das mit den Familien der Süchtigen macht.
Hier ein Porträt einer Trinkerin; hier ein Stück über die Familie eines Fixers.
Beide Stücke erzählen Gesellschaftsgeschichte. So sind die Sieberts im zweiten Text gesellschaftlich aufgestiegen: der Vater arbeitete sich vom Kabelverleger zum Beamten hoch, der älteste Sohn studiert Medizin, der jüngere aber ist ... ein Fixer.
Etliche ihrer Reportage wuchsen sich aus zu Parabeln. In "Die Hundegrenze" erzählt sie vom veränderten Leben eines nach der Maueröffnung arbeitslos gewordenen Grenzhunds. Ein Wenderoman in Pillenform.
Freilich, sie schrieb nicht nur Sozial- und Gesellschaftsreportagen, sondern auch über Künstler. Etwa über den letzten Surrealisten Philippe Soupault oder zu einer Verfilmung von Marcel Proust.
In den letzten beiden Jahrzehnten hörte, wer lauschte, Marie-Luise Scherer schreibe an einem Deutschlandroman. Sie befeuerte dies, in dem sie in SINN UND FORM, der Zeitschrift der Akademie der Künste, zwei Prosafragmente publizierte. In einen dieser Texte kann man hier hineinlesen. Bald werden wir wohl wissen, wie weit sie mit diesem Roman gekommen ist.
Und wer ihre Stimme hören möchte, findet hier ihre erlebten Geschichten aus dem Jahr 2013 zu ihrem 75. Geburtstag. Es ist ein ungemein erhellendes Werkstattgespräch.
Wer mehr von Marie-Luise Scherer lesen will, findet hier die Bücher, in denen ihre Reportagen gesammelt sind. Und im Adventskalender des Deutschlandfunkkultur ist gerade Scherers "Der Akkordeonspieler" als Geschenk empfohlen worden.
Und hier noch der Nachruf aus dem SPIEGEL.
Quelle: Marie-Luise Scherer u. a. Bild: Bild: privat www.faz.net
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