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Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Politische Wissenschaft, Journalistik und Kriminologie studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, als Redakteur bei ZEIT Online und P.M. History gearbeitet und als selbstständiger Journalist für ZEIT, PM, PM History, Stern, Spiegel Geschichte, G/Geschichte, Geo Epoche und andere Medien. Hat über Piraterie auf dem Mittelmeer promoviert. Die Doktorarbeit erschien 2018 bei edition lumiere.
Hauke Friederichs interessiert sich für Krisen und Konflikte, Armeen und Rüstung, Kriminologie und Verbrechensbekämpfung und viele andere Themen. Bei S. Fischer veröffentliche er 2018 gemeinsam mit Rüdiger Barth "Die Totengräber". Ein Buch über die letzten Tage der Weimarer Republik. Danach folgte 2019 "Funkenflug" über den Beginn des Zweiten Weltkriegs. Am 15. März 2021 erscheint "Das Wunder von Dünkirchen" im Aufbau-Verlag. Es beschreibt die Rettung von mehr als 300.000 Soldaten der Alliierten während der deutschen Westoffensive 1940.
Sie wollten einen radikal egalitären und wirtschaftlich autarken Arbeiter- und Bauernstaat schaffen. Das neue Kambodscha sollte frei von Ausbeutung, Individualismus, Religion und Privatbesitz sein. Die Roten Khmer hatten das Ziel, alle Menschen einander völlig gleich zu stellen.
Den Weg zu dieser Utopie pflasterten Millionen Tote. Zu den ersten Opfern zählten Stadtbewohner und Mitglieder höherer Klassen. Die Roten Khmer sperrten ihre Gegner bei kleinsten Vergehen in Lager. Zunächst nutzten sie ein ehemaliges Gefängnis des Lon Nol-Regimes in Phnom Penh als Folterzentrale, dann das "Tuol Svay Prey-Gymnasium" und die benachbarte "Tuol Sleng-Grundschule". Dort wurden "Staatsfeinde" misshandelt, viele ermordet und in Massengräbern verscharrt.
"Für die Roten Khmer war effektive Folter keine Frage der korrekten Anwendung gezielter Techniken der Schmerz- oder Schamgenerierung", schreibt Daniel Bultmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Asien- und Afrikawissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin, in einem Essay für Soziopolis. "Sie war vielmehr Ausweis der revolutionären Haltung auf Seiten des Folterers, der aufgrund seiner ideologischen Reinheit jeweils die richtigen Druckpunkte findet, die richtigen Techniken der Schmerzzufügung anwendet und vor allem die richtigen Fragen stellt."
Ein fähiger Verhörspezialist in den "Umerziehungszentren" der Kommunistischen Partei Kampucheas (KPK) war in seiner revolutionären Haltung "absolut", wie es die Führungsriege formulierte. Jeder Vernehmer der Roten Khmer musste andauernd seine revolutionären Haltung und sein Bekenntnis zum Kollektiv unter Beweis stellen.
Bereits am ersten Tag der Machtübernahme von "Angkar", am 17. April 1975, trieben die Roten Khmer die Menschen aus den Städten aufs Land. Denn in den Dörfern sollte das "Basisvolk" der Revolution dabei helfen, den Städtern ihr kapitalistisch-individualistisches Denken austreiben.
"Zum anderen nutzte das Regime die Ströme der Vertriebenen, um Mitglieder des vorangegangenen Lon Nol-Regimes und andere ,Staatsfeinde‘ herauszufiltern und zu ermorden. Schätzungsweise 1,7 bis 2,2 Millionen Menschen kamen in den weniger als vier Jahren unter der Herrschaft der Roten Khmer ums Leben; sie verhungerten, starben an Krankheit und Erschöpfung oder wurden in einem der vielen Umerziehungslager und Sicherheitszentren ermordet", schreibt Bultmann.
Die Roten Khmer bauten ihr Lagersystem nach chinesischem Vorbild auf. In diesen Orten des Schreckens fand Umerziehung durch Arbeit statt und "konterrevolutionärer Kräfte" sollten aufgespürt werden. Wer als Feind identifiziert worden war, wurde bis zu einem Geständnis gefoltert. So sollten weitere Verräter aufgespürt die Umtriebe der Gegner in Kambodscha belegt werden. Fast 200 Lager entstanden im ganzen Land. Das oberste Zentralgefängnis erhielt den Codenamen S-21.
Dessen Leiter war der Mathematiklehrer Kaing Guek Eav. Genannt wurde er "Duch" – "der Kleine". Bereits vor der Machtübernahme hatte Duch das M-13 geführt, ein Gefängnis der Guerillabewegung in der Provinz Kampong Chhnang. Hier rekrutierte Duch die ersten Folterer, die er später in S-21 einsetzte. Er griff dabei vor allem auf Kindersoldaten im Alter zwischen zwölf und vierzehn Jahren zurück. Die meisten von ihnen kamen aus armen Bauernfamilien.
Für die "Vernehmer" in S-21 bestand stets die Gefahr, selber auf der anderen Seite zu landen, als Verräter bezeichnet und gefoltert zu werden. Sie mussten bei ihrer brutalen Tätigkeit aufpassen, keine Fehler zu begehen, um nicht selbst zu erleiden, was sie anderen angetan hatten. Das war alles andere als leicht. Beim Foltern wussten die oft jungen und unerfahrenen Kader nicht, wie weit sie gehen konnten, bis ein Häftling starb. Denn der ungewollte Tod eines Gefolterten, sein Ende, bevor sein Geständnis aktenkundig war, konnte als schwere Verfehlung bewertet werden. Dann landete der "Vernehmer" selber in der Folterzelle.
Quelle: Daniel Bultmann www.soziopolis.de
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