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Zeit und Geschichte

Eine Milliardenfrage: Wo ist das Vermögen der DDR-Arbeiterklasse?

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
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Dirk LiesemerFreitag, 15.12.2023

Die Geschichte ist längst bekannt, wenngleich sie doch rätselhaft bleibt: Mit dem Untergang der DDR verschwand nicht nur ein Staat, sondern auch ein riesiges Barvermögen der Staatspartei SED. Wie viel genau, ist bis heute unbekannt, aber rund 6,2 Milliarden Ostmark dürften es wohl mindestens gewesen sein. 

Eine enorme Summe für ein recht kleines und vor allem darbendes Land. Was hätte man mit dem Geld alles anstellen können? Mit ihrem Vermögen gehörte die SED jedenfalls zu den reichsten Parteien Europas. Wohlgemerkt: eine dem Namen nach sozialistische Partei eines sozialistischen Staates.

In einer vierteiligen Dokuserie befasst sich die Regisseurin Heike Bittner nun erneut mit diesem Kapitel der Wendezeit und kann sogar dabei verschollen geglaubte Unterlagen präsentieren. Einen grundlegend neuen Blick auf die damaligen Ereignisse sollte niemand erwarten, aber vorbei ist die Geschichte gleichwohl nicht: Immer mal wieder tauchen einige Millionen auf, und viele weitere dürften noch immer auf Nummernkonten herumliegen.

Zur Aufklärung, so weit diese jedenfalls möglich war, hat in den 1990er-Jahren wesentlich der damalige Spiegel-Redakteur Peter Wensierski beigetragen, der in der Dokuserie auch ausführlich zur Sprache kommt. Auf Spiegel+ schrieb er die Tage:

Die ganze Geschichte um das verschwundene Parteivermögen ist so spannend wie ein Agententhriller: mit Stroh- und Mittelsmännern, dubiosen wie skurrilen Gestalten zwischen Rostock und Dresden, einem geheimnisvollen »Tresor 28« sowie schillernden Vertretern westdeutscher Linker. In der ARD-Dokuserie »Die Milliardenjagd« wird das Geschehen detailliert rekonstruiert.

Über vieles, was gezeigt wird, kann man nur den Kopf schütteln. Anderes bleibt aus heutiger Sicht unverständlich: Wie kommt man nur auf die Idee, ein Vermögen zu sichern, indem man es allen möglichen Parteimitgliedern in Plastiksäcke abfüllte und mit nach Hause gab? Erstaunlich ist auch, mit welch lässiger Nonchalance Gregor Gysi von den Ereignissen erzählt, die ja fast seine politische Karriere beendet hätten. Nachvollziehbar aber, dass er sich auf einem Sonderparteitag Ende 1989 gegen die Auflösung der SED aussprach, wie man auf einer MDR-Seite zur Doku nachlesen kann.

Ich finde, es ist eine fesselnde Dokuserie, die noch einmal klarmacht, wie sehr man in Ost und West vom Ende des Sozialismus überrascht war. Man kann auch sagen: Für die Zeit nach der Planwirtschaft hatte die DDR keinen Plan – und die SED nicht einmal einen Überblick über ihr Vermögen. Die vier Videos stehen bis zum 4. Dezember 2024 in der Mediathek.

Eine Milliardenfrage: Wo ist das Vermögen der DDR-Arbeiterklasse?

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Kommentare 10
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor einem Jahr

    Danke. Werd mir das gern ansehen.

  2. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor einem Jahr

    Ohne die Neuvereinigung wären in der DDR auch Oligarchen entstanden - wie in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion und im gesamten Ostblock.

    Diese größere Perspektive scheint im Vierteiler zu fehlen. Ich schreibe scheint, weil ich den Film abbrach. Nicht mal bei dem Verkehrsunfall oder Mord in Lugano wird erwähnt, dass die Stadt im Tessin sich nach 1991 zum zentralen Ort für osteuropäische und vor allem russische Oligarchen entwickelte.

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor einem Jahr

      Gut, ja, der Film ist sehr fokussiert auf das Verschwinden des SED-Vermögens, aber sonst wäre er auch zu schammig geworden. Und dass im gesamten Ostblock überall Oligarchen entstanden sind, halte ich für übertrieben. Tschechien? Polen? Weißrussland? Die Situation in Russland ist eine spezielle, schon weil es so viel in den meisten anderen Ländern gar nicht zu verteilen gab.

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor einem Jahr

      @Dirk Liesemer In Belarus lief es etwas anders; in den anderen Ländern nicht. Der aus der Slowakei stammende Andrej Babiš wäre ein Beispiel in Tschechien.

    3. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      @Achim Engelberg Hier ein Artikel zur Frage, warum es in Polen anders gelaufen ist - und es dort keine nenneswerten Oligarchen gibt: "Anders als in Russland hatten Justiz und Exekutive in Polen bereits wenige Jahre nach der Demontage des Ostblocks wieder Biss." https://www.diepresse....

    4. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor einem Jahr

      @Dirk Liesemer Eigentlich ist es, wie es im Beitrag heißt, in den "wilden 1990er-Jahren" nicht anders gelaufen. Allerdings konsoldierte sich Polen, dass ja noch außer neoliberal redete, aber nach innen die großen Staatsbetriebe nicht konsiquent verstaatlichte.
      Sehr erhellend ist dafür diese Studie:
      https://www.suhrkamp.d...

      Die Ausnahme ist, soweit ich es übersehen kann, nur Belarus.

      Und, weil es sofort in einen Krieg gezogen worden ist, die arme Republik Moldau. Aber kann man Igor Smirnow nicht als Oligarchen mit De-Facto-Staat charakterisieren?

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      Ja, die DDR-Oligarchen wären wahrscheinlich zu einem guten Teil aus der Nomenklatura mit Zugriff auf die Partei- und Staatsvermögen hervorgegangen. Natürlich alles im Dienste der großen Sache. Auch insofern war der Film interessant.

    6. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Möglicherweise wäre die große Sache das Sammeln von Villen geworden, und das Kaufen von Luxusjachten und als Hobby ein Fussballklub.

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      @Achim Engelberg Interessante Frage. Mit welcher Ethik hätten diejenigen dann das mit dem Geld aufgebauten Unternehmen geführt? Die große Protzerei ist ja in der protestantischen Pflichtethik eher verpönt?

    8. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Da es so nicht passiert ist, kann man es nicht beantworten. Aber wo es möglich war, fanden sich junge, dynamische und einige ältere Genossen, die das Volksvermögen sich krallten. So rein halte ich die damals aufstrebenden Genossen auch in der größten DDR der Welt nicht.

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