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Zeit und Geschichte

Die Linke auf dem Weg zum eindimensionalen Menschen?

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlDienstag, 04.08.2020

Im "Kommunistischen Manifest" hieß es noch, dass sich mit dem Kapitalismus die gesellschaftlichen Strukturen stark vereinfachen. Letztendlich würden sich nur zwei Klassen gegenüberstehen - Bourgeoisie und Proletariat. Und die proletarische Bewegung ist eine Bewegung für die Befreiung aller unterdrückten Minderheiten. Das war wohl etwas zu einfach gedacht. Ein nicht ganz neuer Begriff und eine neue Erzählung widerspiegeln die Zersplitterung der Gesellschaft (und der linken Bewegung?) in unzählige Minderheiten: das Konzept, der Begriff der Identitätspolitik. 

Ihn gab es schon eine ganze Weile, aber erst vor wenigen Jahren begann der Hype. Der Begriff war schon ulkig. Identität stand in der antiken Philosophie immer für Gleichheit. Platon und Aristoteles fragten, ob ein Kind, das zum Greis altere, noch derselbe Mensch sei. Für die neuen Linken stand Identität nun für Ungleichheit. Ein Schwarzer ist kein Weißer, ein Mann keine Frau, ein Schwuler kein Hetero. Es ging darum, den Opfern von Diskriminierung nicht ihre Erfahrung abzusprechen. Sie sollten berichten, ihnen sollte geglaubt werden und sie sollten ihr Recht bekommen. Kein Weißer sollte sie einschüchtern, kein Mann und erst recht kein weißer Mann. Aus dem Wunsch, Opfer in den Vordergrund zu stellen, entstand eine Hierarchie. Wer als schwarze lesbische Frau sprach, stand ganz oben, der weiße Mann hingegen ganz unten. Wer als Weißer für Farbenblindheit argumentierte oder anmerkte, alle Menschen seien gleich, wurde unter Verdacht gestellt. .... „Heraus kommt die schleichende kulturelle Entwertung fast aller Werte der Aufklärung: alles von Universalismus, über Autonomie zu Freiheit. Sie werden alle zweitrangige Prinzipien“, sagt der Soziologe Frank Furedi.

Und werden Menschen damit nicht auf eine Dimension reduziert - auf ihre Stellung in der Opferhierarchie?

Die Linke auf dem Weg zum eindimensionalen Menschen?

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Kommentare 2
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 4 Jahren

    Der Fehler ist, das als Gegensatz aufzuziehen: Universalismus und Identitätspolitik.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren

      Ich halte das für eine total schiefe Reduktion der Komplexität von Menschen und Gesellschaften. Und letztendlich finden da egomanische Machtspiele statt .....

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