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Zeit und Geschichte

Amerikas verlorene Welt

Project Syndicate
The World's Opinion Page
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Project SyndicateMittwoch, 29.09.2021
Wir veröffentlichen ab jetzt regelmäßig Übersetzungen ausgewählter Meinungsstücke von Project Syndicate. Diese sind zunächst als Service piqs exklusiv für unsere Mitglieder zugänglich.

von Leonard Benardo and Ivan Krastev

Louis Menand, The Free World: Art and Thought in the Cold War, Farrar, Straus & Giroux, 2021.

Ben Rhodes, After the Fall: Being American in the World We’ve Made, Random House, 2021.

NEW YORK/WIEN – Direkt nach dem Kalten Krieg, als die neue Welt noch in den Kinderschuhen steckte, war ein deutliches Gefühl der Euphorie über ein potenzielles „Ende der Geschichte“ zu verspüren. Doch im kollektiven Unterbewusstsein dieser Welt lauerte eine bleibende Unsicherheit, was kommen würde. „Welchen Sinn hat es ohne den Kalten Krieg, Amerikaner zu sein?“, fragte sich John Updikes Figur Harry „Rabbit“ Angstrom, als der „lange Kampf in der Dämmerung“ zwischen Kapitalismus und Kommunismus seinem Ende zusteuerte.

Der Kalte Krieg hatte Bürgern und Politikern schließlich nicht nur eine ideologische Brille geboten, sondern einen sicheren intellektuellen Rahmen und ein klares Sichtfenster, durch die sie Kultur verstehen und reinterpretieren konnten. Ohne diese würde es eine zwangsläufige Auseinandersetzung mit endlosen Möglichkeiten geben. Wie der Marxismustheoretiker Antonio Gramsci einst nahelegte, ist kulturelle „Hegemonie“ – andere würden womöglich vom „Konsens“ sprechen – eine Grundvoraussetzung für politische Stabilität. Und daher verfestigte sich in den Jahren unmittelbar nach Ende des Kalten Krieges ein neuer, sich über alles andere hinwegsetzender Konsens, der demonstrativ die Institutionen des liberalen Internationalismus privilegierte, die nach Ansicht der meisten Menschen im Westen – insbesondere jener, die in einer Position waren, meinungsbildend zu agieren – bestätigt worden waren.

Doch diese Hoffnungen – das trügerische „Ende der Geschichte“ – sollten sich als kurzlebig erweisen. Was hegemonial erschien und als gesunder Menschenverstand die Herrschaft angetreten hatte, erwies sich als flüchtige Mode. In vielen Ländern wurden die Liberalen, die zunächst als die heroischen Stammeltern progressiver Problembewältigung angesehen worden waren, bald argwöhnisch als elitäre Gruppe von Verschwörern betrachtet. Statt sich einen Konsens zu bewahren, verrenkte sich der Westen zu einer Bretzel.

Amerikanisches Gewirbel

In den hier besprochenen Büchern mühen sich Louis Menand, Englischprofessor an der Universität Harvard, und Ben Rhodes, stellvertretender Nationaler Sicherheitsberater von Präsident Barack Obama, aus diesem Übergangsmoment der Weltgeschichte schlau zu werden. Menand gräbt dabei fachmännisch Ideen aus, die den Westen während des Kalten Krieges stützten und aufrecht erhielten. Rhodes legt einen politischen Bildungsroman vor, in dem er viele seiner liebgewonnen Wahrheiten und großen Erwartungen in Frage stellt, wenn nicht gar unumwunden diskreditiert. Sein Ton ist grabesernst, während der von Menand eher zusammenfassend wirkt.

Sowohl Menand als auch Rhodes setzen sich mit den zeitgenössischen Realitäten auseinander, indem sie viele der gängigen historischen Fragen, die über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gestellt wurden und werden, radikal umformulieren. Menand untersucht in seinem 800-seitigen Werk, wie Amerika zunächst zum Ort der „freien Welt“ wurde und wie die Amerikaner dann dazu kamen, den Glauben an ihre „Freiheitsmission“ abzustreifen. Rhodes stellt in seinem weniger umfangreichen Buch eine ergänzende, aber klar hiervon abgrenzbare Frage: Was bedeutet es, in einer aus dem Ruder gelaufenen Welt Amerikaner zu sein?

Dies sind zwei sehr unterschiedliche Bücher. Als weit ausholende geistes- und kulturgeschichtliche Deutung ist Menands Buch, was seine „interne Konzeption“ angeht, atemberaubend. In trügerisch einfachen, von subtilen Erkenntnissen überquellenden Formulierungen schafft er es, Leben und Wirken von Ikonen der Zeit des Kalten Krieges, darunter George Kennan und George Orwell, Hannah Arendt und Jean-Paul Sartre, Richard Wright und James Baldwin, Susan Sontag und Pauline Kael, neu zu arrangieren und zu betrachten. Menand hilft zu erklären, wie die von dem amerikanischen Sozialdemokraten Irving Howe als „Ära der Konformität“ bezeichnete frühe Nachkriegszeit zu einem Symbol für Amerikas Konsonanz mit der freien Welt wurde.

Bei der Lektüre von Menand erfährt man, dass Amerika diesen Status erlangte, indem es den Begriff der Freiheit nie genauer definierte. Stattdessen konnte sich die Bedeutung des Begriffs Freiheit ungehemmt entwickeln. Sie bestand aus jener Vielzahl an Stilen, Einflüssen und Interpretationen, die für die amerikanische Erfahrung emblematisch werden sollten und das geistige Wachstum des Landes vorantrieben.

Menand findet viele der Wurzeln dieser Erfahrung in nichtamerikanischen kulturellen und literarischen Traditionen (von Martinique bis Marseille), die freilich alle in passender Manier für ein amerikanisches Publikum umkomponiert wurden. Die amerikanische Kultur wies immer schon bastardisierte und verbindende Elemente auf; der Kalte Krieg jedoch ermöglichte es diesen, um ein spezifisch amerikanisches Ethos und eine spezifisch amerikanische Form herum zusammenzuwachsen. Die Rolle des Experimentierens und Improvisierens durchzieht die Ära des Kalten Krieges. Kulturelle Entlehnungen waren die geistige Tonerde, aus der Amerikas kulturelle Neuerer unverwechselbare Artefakte formten.

Sich herausbildende Ordnung

Anders als die Sowjetunion mied Amerika bewusst ein vorgeschriebenes Modell der Kulturschöpfung. Die sanfte Agitprop der Zeit der Works Progress Administration, in der die Kunst zu ideologischen Zwecken politisiert wurde, wurde nach dem Krieg höchst unmodern (und sollte dann durch die antikommunistische Hysterie der 1950er Jahre schwer gebeutelt werden). In den USA war die „Parteilinie“ der Pluralismus: Künstler, Aktivisten, Philosophen und Journalisten lebten ihre eigenen Konzeptionen von Kultur und Ideen aus. Dieser „Wettbewerb“ des Ausdrucks stärkte die freie Welt und verschaffte ihr Legitimität.

Menands Tour entlang des geistigen Horizonts scheut nicht vor Voreingenommenheit zurück. So betrachtet er Authentizität als Signaltugend und nimmt daher eine vergleichsweise kritische Haltung gegenüber Baldwin ein, der sein Leben und seine Vergangenheit bewusst inszenierte. Angesichts von Baldwins chamäleonartiger Persönlichkeit bevorzugt Menand die (trotz ideologischer Kehrtwendungen) nachhaltigeren Bekenntnisse Wrights, des Verfassers von Black Boy, Native Son und vielen anderen Werken. Aus Menands Sicht war Wright sich selbst treuer als Baldwin es war.

Um dieselbe Art reputationeller Neubewertung bemüht sich Menand bei dem Ideengeschichtler Isaiah Berlin. Eine lange, eigenartige und unnötige Analyse von Berlins Treffen mit der russischen Dichterin Anna Achmatowa im November 1945 fügt seiner Erzählung nichts Substanzielles hinzu; im Gegenteil: Ihre Überflüssigkeit schadet Menands Unterfangen.

Insgesamt sind Menands Darstellungen größtenteils tiefschürfend, wenn auch entrückt. Er ist in seinem kulturellen Drama erfüllt von lediglich einer Handvoll der vielen Nebendarsteller. Seltsamerweise neigt er denjenigen zu, die sich durch Gewirbel, Selbstdarstellung und Tatkraft auszeichneten – also jenen, die wussten, wie sie sich selbst und ihr geistiges Schaffen vermarkten konnten, wie nur Amerikaner das können. Insofern ragen der Künstler Andy Warhol und der Komponist experimenteller Musik John Cage als Menands Musterbeispiele für Kulturschaffende der „freien Welt“ heraus.

Kaum einen Platz findet in Menands Erzählung künstlerischer und geistiger Freiheit der Jazz. Das ist ziemlich verblüffend. Wo könnte Menands Behauptung, dass Amerikaner davon absehen, Form oder Inhalt zu diktieren, größere Bestätigung finden? Die vertraute Geschichte, wie US-Diplomaten und -Politiker Jazz-Botschafter als kulturelle Keule im Kalten Krieg nutzten, bedarf keiner neuerlichen Wiederholung. Doch hinterlässt die Vernachlässigung des improvisatorischen Idioms des Jazz, das enormen Einfluss auf zahlreiche kulturelle Genres und auf das neue Selbstverständnis in Amerika hatte, eine eklatante Lücke.

Bei seinen Überlegungen zur Ideologie des amerikanischen Exzeptionalismus kommt Menand zu dem Schluss, dass es die besondere Beschaffenheit des Kalten Krieges war, die Amerikas Selbstwahrnehmung während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestimmte. Konfrontation und Wettbewerb mit dem Sowjetkommunismus trugen in unbeabsichtigter und unerwarteter Weise zu einer Befreiung der amerikanischen Kultur bei. Um diese Schlacht zu gewinnen, waren die Amerikaner gezwungen, nicht, wie Václav Havel es osteuropäischen Dissidenten einst riet, ein Leben in Wahrheit zu leben, sondern eines, das mit dem Sowjetsystem im Kontrast stand.

Menand zeigt, dass dieses kontrastive Leben trotz aller Heuchelei auf beiden Seiten dazu führte, „Amerika aufgeschlossener zu machen“. Es stärkte zudem den Freiheitsdrang. Weil die Sowjets ihre Grenzen schlossen und zahllose Menschen in Arbeitslager schickten, wurde die Freizügigkeit verstärkt als amerikanischer Wert per se verankert. Und weil die Sowjets das künstlerische Experimentieren kriminalisierten, lernten die Amerikaner, es umso mehr wertzuschätzen.

Nach dem Ende der Geschichte

Rhodes’ Buch mit dem vielsagenden Titel After the Fall ist ein merkwürdiger Kontrapunkt zu Menands Meisterwerk der Komposition. Rhodes interviewt einen Querschnitt von Menschen und versucht dabei still und leise, eine simple, aber grundlegende Frage zu beantworten: Wie konnte es passieren, dass freiheitsliebende Menschen in aller Welt, die sich einst auf Amerika stützten, es heute fürchten?

Nach seinem Abschied aus dem Weißen Haus im Januar 2017 fand sich Rhodes damit in einem doppelten Exil wider – ausgeschlossen von institutioneller Macht und der Welt seines jugendlichen Idealismus, die Donald Trumps Amerika Platz gemacht hatte. Als autobiografische Schrift der Ära nach Obama ist das Buch gespickt mit Reflektionen einer Liste prominenter Persönlichkeiten, die sich wie der Verfasser im inneren Exil befanden.

Als Schriftsteller reicht Rhodes an Menand, der sorgsam kalibrierte Analysen bedeutender kultureller und intellektueller Figuren der Vergangenheit komponiert, nicht annähernd heran. Menand zielt darauf, mittels eines methodischen Ansatzes der Überlappung zu zeigen, wie sich die USA ihren Vorteil als Hegemon der freien Welt sicherten. Rhodes dagegen besucht jene, die zu treffen er versäumte, als er eine Machtstellung innehatte: „Dissidenten, Aktivisten, Oppositionelle – alle, die die Macht aus der Perspektive eines Außenstehenden betrachteten“.

Und während Menand seine Auswahl der „Besten und Klügsten“ zusammenstellt, die Amerikas Vormarsch vorantrieben, konzentriert sich Rhodes auf jene, die ausgegrenzt wurden, als andere Länder in Richtung Illiberalismus abwanderten. Menand beschreibt, wie die freie Welt erschaffen wurde; Rhodes betrachtet, wie andere Welten mit gegenläufigen Ideen infiziert wurden und warum die freie Welt manchmal abgelehnt wurde.

Wenn amerikanische Offizielle sich mit Dissidenten (oder heutzutage irgendwem aus der Zivilgesellschaft) treffen, ist der Grund dafür normalerweise, dass sie moralische Solidarität zeigen wollen, finanzielle Unterstützung leisten wollen oder sich vom Mut und Engagement der Aktivisten für die Freiheit inspirieren lassen wollen. Am interessantesten an Rhodes’ Wanderungen um den neuen autoritären Archipel ist, dass er etwas anderem nachjagt. Sein Buch erzählt von einer persönlichen Mission, sein eigenes Leben in Trumps Amerika zu verstehen und sich die Zukunft des Liberalismus in einer durch den autoritären Populismus beschmutzen Welt vorzustellen. Es überrascht nicht, dass sich Rhodes mit Kritikern des autokratischen, kleptokratischen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, den tapferen Demonstranten in Hongkong, die dem chinesischen Präsident Xi Jinping Widerstand leisteten, als der seine Maßnahmen gegen die Insel verschärfte, und unfassbar mutigen russischen Widerständlern wie Alexei Nawalny identifiziert.

Für jemanden, der vor kurzem noch im Weißen Haus saß, zeigt Rhodes eine sympathetische und überraschend glaubwürdige Verbundenheit mit den von ihm behandelten Personen. Er bewundert diese Außenseiter wirklich und achtet sorgfältig darauf, sie nicht als liberale Erlöser zu instrumentalisieren, die der Zeit harren, bis der Autoritarismus implodiert. Was auch immer da einst an Naivität war, ist inzwischen verschwunden. Rhodes ist zu der traurigen Erkenntnis gelangt, dass er eines Tages in einer ähnlichen Position enden könnte wie die heutigen Dissidenten in Ländern unter illiberaler Herrschaft. Diese Sensibilität bestimmt den wehmütigen Ton seiner Erzählung.

Wenn Rhodes eine größere Affinität gegenüber Dissidenten und Demonstranten an fernen, deprimierenden Orten an den Tag legt als gegenüber den Liberalen in Amerika, zu denen er selbst gehört, so scheint der Grund dafür zu sein, dass er deren Wut über die Zeit nach dem Kalten Krieg teilt und ihre Verbitterung über das liberale Establishment, das diese als beste aller möglichen Welten hochhielt. Nawalnys Selbsthass wegen seiner Unterstützung für Boris Jelzin in den 1990er Jahren hallt wider in Rhodes’ eigener Wut darüber, dass er die Lügen der US-Regierung im Vorfeld des Irakkrieges glaubte.

Was Rhodes’ Buch besonders ergreifend macht, ist, dass er die Erfahrungen der liberalen Generation nach dem 11. September zusammenfasst, die Trump verabscheut und der zugleich jede Nostalgie für die Trump vorangegangene Phase triumphierender Überheblichkeit Amerikas abgeht. Rhodes’ Generation ist entsetzt über Amerikas toxische Polarisierung und fühlt sich zugleich verraten durch die Einigkeit des Landes im Gefolge des 11. Septembers, die zu Hurrapatriotismus führte und zu Entscheidungen, die die Werte der Freiheit und des Liberalismus in fataler Weise untergruben.

Tatsächlich war die Obama-Revolution ihrer historischen Aura beraubt, sobald Trump ins Weiße Haus einzog. Amerikas erster schwarzer Präsident begann, Alexander Kerensky zu ähneln: dem russischen Oppositionsführer, der 1917 die zaristische Autokratie stürzte, nur um ein paar Monate später mit ansehen zu müssen, wie die Bolschewiki sein liberales Projekt auf den Kopf stellten.

Ideologie und Nichtigkeit

Menand beendet sein Buch mit einer Meditation über die mit dem Vietnamkrieg einhergehende sich wandelnde kulturelle Atmosphäre, als Verbindungen zwischen einigen der Exponenten amerikanischer Freiheit und der CIA aufgedeckt wurden. Plötzlich wurde die Explosion kultureller Kreativität als Geheimdienstoperation gefasst, deren einziger Zweck darin bestand, den Feind zu verletzen.

Einer, der in diesem Kontext in Menands Mosaik von Kulturikonen in besonderer Weise fehlt, ist der Science-Fiction-Autor Philip K. Dick. Dessen Fehlen hat ungewollte Symbolkraft, bedenkt man, dass Dicks 1962 erschienener Roman The Man in the High Castle womöglich den Moment markiert, als die Amerikaner aufhörten, in Amerika eine „freie Welt“ zu sehen.

Machtvoller als Menands komplettes Ensemble definierte Dick Freiheit zu einer Art kollektiver Paranoia um. Beim Verfassen einer alternativen Geschichte, in der Nazideutschland und das kaiserliche Japan im Zweiten Weltkrieg über Amerika triumphierten, erkannte er, dass man nie wissen kann, was aus den Bösen geworden wäre, wenn sie gewonnen hätten.

Was sagen unsere heutigen Handlungen über unsere vergangenen Siege aus? Was ist, wenn die vorgeblichen Freiheiten des „siegreichen“ Westens bloß der Verschleierung einer dunkleren Realität dienen? Wenn Nazideutschland und das kaiserliche Japan wirklich den Krieg gewonnen hätten, wäre es vielleicht in ihrem Interesse, zu tun, als hätte der Westen triumphiert und als lebten die Amerikaner in einer freien Welt. Die Freiheit wäre dann kein transzendentales Ziel mehr, sondern vielmehr bloß ein Teil des feindlichen Rahmenplans, einen zu kontrollieren.

Dick verlieh einem Verdacht der Linken Ausdruck, dass Amerika nicht freier sei als die Sowjetunion. Während der Zeit des Vietnamkriegs gelangten die amerikanischen Progressiven zunehmend zu der Überzeugung, dass der Kalte Krieg Amerika undemokratisch mache.

Dicks Fehlen in Menands Buch verweist auf eine Kluft zwischen der von Rhodes erkundeten Welt und jener, von der Menand erzählt. In Rhodes’ heutiger Welt wollen die Feinde der Freiheit diese nicht besiegen oder als Kontrollinstrument nutzen; sie wollen die Menschen vielmehr überzeugen, dass es Freiheit nicht gibt und nie gegeben hat. „Auf der ganzen Welt gelten dieselben Regeln“, insistiert der neue Autoritarismus. Er verspricht keine strahlende Zukunft wie einst die Kommunisten; seine Botschaft ist, dass keine andere Welt möglich sei.

Doch hält Menands Welt zugleich Hinweise für Rhodes bei dessen Streben bereit, den neuen Autoritarismus zurückzudrängen. Seine historische Darstellung legt nahe, dass die Rückkehr zu einem Konflikt der Großmächte – diesmal zwischen den USA und China – Amerikas Identität als Land der Freiheit nicht wiederherstellen wird. In den 1950er und 1960er Jahren spielte der Stil der amerikanischen Malerei oder Dichtkunst eine Rolle, weil die Sowjets versuchten, den Westen künstlerisch zu übertrumpfen. Sie behaupteten, einen „neuen Menschen“ geschaffen zu haben, und waren bestrebt, die normale Soziologie zu überwinden. Für eine Weile beflügelte die bolschewistische Revolution in den 1920er Jahren die Fantasie der kreativsten Künstler der Welt.

Während des gesamten 20. Jahrhunderts glaubten Kalte Krieger auf beiden Seiten an die Macht der Ideen. Ob das heute, wo künstliche Intelligenz und nicht künstlerische Freiheit im Mittelpunkt der neuen Machtkonkurrenz steht, immer noch gilt? Glauben die Chinesen an die Macht der Ideen?

Mehr noch: Glauben die Amerikaner daran? Rabbit Angstroms Frage – „Welchen Sinn hat es …?“ – bleibt in diesen fesselnden und tiefempfunden Büchern unbeantwortet.

Aus dem Englischen von Jan Doolan

Leonard Benardo ist Executive Vice President of Programs der Open Society Foundations. Ivan Krastev ist Vorsitzender des Centre for Liberal Strategies und Permanent Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen.
Amerikas verlorene Welt

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