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Volk und Wirtschaft

Vermögen der russischen Oligarchen wie die aus dem Westen erfassen!

Michael Hirsch
Philosoph und Politikwissenschaftler, freier Autor und Dozent
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Michael HirschMontag, 04.04.2022

In diesem Beitrag des französischen Ökonomen Thomas Piketty, ursprünglich für den britischen "Guardian" verfasst, geht es um die politische und politökonomische Frage der gigantischen Vermögen russischer Oligarchen im Westen. Die These des Artikels lautet, dass es so lange keine wirksamen Formen des Einfrierens und Konfiszierens der Geld-, Immobilien-, Kunst- und anderen Vermögensbestände von Putin nahestehenden Oligarchen geben wird, wie sich die westlichen Regierungen nicht insgesamt zu Maßnahmen durchringen können, die den weltweiten Wildwuchs von Steueroasen, Steuerschlupflöchern und Geldwäsche eindämmen. Das Problem ist ganz einfach, dass insbesondere die US-amerikanische, britische, französische und deutsche Regierung hier extrem zögerlich bis ablehnend reagiert.

Die Ukraine-Krise hat eine alte Debatte wiederbelebt: Wie lässt sich ein Staat wie Russland effektiv sanktionieren? Gerade heraus gesagt: Es ist Zeit für neue Sanktionsformen, die den Schwerpunkt auf die Oligarchen setzen, die dank des fraglichen Regimes reich geworden sind. Erforderlich ist dafür aber die Einführung eines internationalen Finanzregisters, das den Reichen im Westen nicht gefallen wird. Deren Interessen sind sehr viel stärker mit denen der russischen und chinesischen Oligarchen verbunden, als manchmal behauptet wird.

Die These Pikettys lautet, dass die gegenwärtig gegen ein paar Oligarchen verhängten Maßnahmen (zum Beispiel die Beschlagnahmung von ein paar Villen und Superjachten) eher symbolischer Natur sind und Teil eines Medienspektakels. – Ähnlich wie spektakuläre Razzien in Berlin gegen die Clankriminalität zwar unter großem Mediengetöse und unter Aufbietung von Polizei- und Zoll-Hundertschaften Wirbel erzeugen, aber meist nur Peanuts entdecken. Das bleibt ein strukturell lahmes Medienspektakel, eine Art Strafverfolgungspornographie der Vollzugsbehörden, produziert, um vom Publikum begierig angeschaut zu werden. Weil eben die Ursache des Problems, die strukturellen Möglichkeiten zum Verstecken, Verbergen und Verschieben, und zum Weißwaschen von Geld, von den Finanzministerien nicht prinzipiell durch neue und schärfere Gesetze verhindert werden.

Das Einfrieren von Vermögenswerten im Besitz von Putin und Mitgliedern seiner Familie ist bereits Teil des Arsenals an Sanktionen, das seit Jahren ausprobiert wird. Das Problem ist, dass die verhängten Maßnahmen zum Großteil symbolisch bleiben. Sie betreffen nur ein paar Dutzend Leute und können durch Strohmänner umgangen werden – ganz besonders, weil nichts getan wurde, um den Immobilienbesitz und die Finanzportfolios, die jeder einzelne besitzt, systematisch zu erfassen und mit Querverweisen zu versehen.

Wie man weiß, gibt es selbst in der gemäßigten deutschen Regierung inzwischen ja Figuren wie Sven Giegold, die immer schon (früher noch als EU-Parlamentarier) für schärfere Gesetze in dieser Richtung gekämpft haben. Aber bisher ist Giegold eben leider nur Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, während im Finanzministerium Christian Lindner regiert, der aller linken Umtriebe unverdächtig ist.

Um den Kampf gegen zwielichtige Vermögen voranzutreiben, würde es

reichen, wenn die westlichen Länder endlich ein internationales Finanzregister (auch bekannt als „globales Finanzregister“ oder GFR) einführen, in dem festgehalten wird, wer in den verschiedenen Ländern was besitzt. Wie bereits der „Bericht zur weltweiten Ungleichheit 2018“ aufzeigte, ist ein solches Projekt technisch möglich. Dafür müssen die öffentlichen Behörden die Kontrolle über die privaten zentralen Verwahrungsstellen (Clearstream, Euroclear, Depository Trust Corporation usw.) übernehmen, die derzeit Wertpapiere und deren Eigentümer registrieren. Dieses öffentliche Register wäre auch ein entscheidender Schritt im Kampf gegen illegale Finanzströme, Drogengeld und internationale Korruption.

Die steuerliche und finanzrechtliche Begünstigung großer Vermögen war ein Kernstück der westlichen Regierungsprojekte der letzten Jahrzehnte. Man müsste heute mit diesem Projekt prinzipiell brechen, anstatt jetzt nur einseitig auf das "böse" Oligarchen- oder Mafiageld zu starren.

Warum also gibt es noch keine Fortschritte in diese Richtung? Aus einem ganz einfachen Grund: Die Reichen im Westen fürchten, dass ihnen eine solche Transparenz am Ende schadet. Das ist einer der Hauptwidersprüche unserer Zeit. Die Konfrontation zwischen „Demokratien“ und „Autokratien“ wird übertrieben, weil vergessen wird, dass die westlichen Länder mit Russland und China eine ungezügelte hyperkapitalistische Ideologie ebenso teilen wie ein rechtliches, steuerliches und politisches System, das zunehmend große Vermögen begünstigt.

Vermögen der russischen Oligarchen wie die aus dem Westen erfassen!

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