Kanäle
Jetzt personalisiertes
Audiomagazin abonnieren
Log-in registrieren
forum verwendet Cookies und andere Analysewerkzeuge um den Dienst bereitzustellen und um dein Website-Erlebnis zu verbessern.

handverlesenswert

Kluge Köpfe filtern für dich relevante Beiträge aus dem Netz.
Entdecke handverlesene Artikel, Videos und Audios zu deinen Themen.

Du befindest dich im Kanal:

Volk und Wirtschaft

Ostasien - die weltgrösste Freihandelszone

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlSamstag, 13.07.2024
Während sich Europa in vielen Wertediskussionen, Problemfeldern und Herausforderungen zu verzetteln scheint, entsteht in Ostasien die wohl weltgrößte Freihandelszone - RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership). So wird das Transatlantische Freihandelsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) zwischen der EU und den USA seit 2013 verhandelt und besonders von außerparlamentarischen Organisationen, die sich selbst als Zivilgesellschaft bezeichnen, mit vielen Details wütend bekämpft. Dagegen konnte das ostasiatische Abkommen nach 31 Verhandlungsrunden in acht Jahren zu ende verhandelt werden. Mit einer während der Civid-Pandemie virtuellen Unterzeichnungszeremonie im November 2020 wurde ein sogenanntes megaregionales Freihandelsabkommen offensichtlich ganz pragmatisch realisiert. 
Die meisten Länder implementierten es 2022, die Philippinen und Indonesien letztes Jahr, es ist also jetzt in Kraft für ganz Ostasien (ausser für Myanmar, aus politischen Gründen). Es umfasst die zehn Mitglieder der Vereinigung südostasiatischer Länder (Asean) sowie Australien und Neuseeland, die Volks­republik China, Japan und Südkorea. Obwohl Indien beim Abschluss nicht mehr dabei war, ist das Gewicht dieses Handelsblocks gewaltig: Die RCEP umfasst eine Bevölkerung von 2,4 Milliarden Menschen (30,3 Prozent der Weltbevölkerung), ein regionales Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 25 873 Milliarden US-Dollar (30,6 Prozent des globalen BIP), einen regionalen Handel im Wert von 10 173 Milliarden Dollar (29,1 Prozent des Welthandels) und rund 31 Prozent der weltweiten Direktinvestitionen. Der Handel innerhalb der RCEP macht 44,1 Prozent des Aussenhandels der Mitgliedstaaten aus, für die Asean-Länder deckt das Abkommen sogar 50 bis 60 Prozent der jeweiligen ­Exporte und Importe ab.
Es konstituiert sich also eine Freihandelszone aus Partnern mit durchaus kontroversen Wertetraditionen auf Basis offensichtlich gemeinsamer Interessen und mit gemeinsamen Regeln. Die ASEAN brachte die wirtschaftliche Schwergewichte der Region an einen Tisch. Auch wenn Indien aus dem Prozess ausstieg, vereint RCEP Wettbewerber wie Japan und Südkorea sowie Japan und China zum ersten Mal in Freihandelsbeziehungen. Sie sind damit Teil einer die ganze Region Ostasien umfassenden Freihandelszone mit einem einheitlichen Regelwerk. Etwas, was mit TTIP zwischen der EU und den Vereinigten Staaten mit ihrer (angeblich?) gemeinsamen Wertebasis bis heute nicht gelingen will. Man muß sagen, das zeigt einerseits eine klare Schwäche des Westens und ist gleichzeitig ein Einschnitt von historischer Bedeutung, nicht nur für Ostasien. Laut Wikipedia umfasste
RCEP ….. in der ursprünglich beabsichtigten Form (mit Indien) Staaten mit insgesamt ca. 3,6 Milliarden Menschen und einem Bruttoinlandsprodukt von etwa 17 Billionen US-Dollar, ohne Indien sind es zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch rund 2,2 Milliarden Menschen. Es betrifft (ebenfalls Stand 2020) knapp 30 Prozent des Welthandels, mit Indien wären es etwa 40 Prozent (zum Vergleich: die Europäische Union repräsentiert rund 33 % des Welthandels). Da für Asien, im Unterschied zu Europa, ein weiteres Bevölkerungswachstum prognostiziert wird und insbesondere für die Volksrepublik China ein weiterer starker Anstieg des Bruttoinlandsprodukts, wird die RCEP auch ohne Indien künftig die größte Handelszone der Welt sein.
Während vor allem die westliche Welt vor dem Klimawandel zittert und sonst
kaum noch Projekte und Visionen hat und sich auf Deglobalisierung, Derisking und weitergehende Disruptionen einstellt, hat sich Ostasien in eine gute Ausgangsstellung für die nächste Globalisierungsrunde gebracht. Konfrontiert man Beteiligte mit der vor allem in den USA ­geläufigen Annahme, die RCEP sei «China-driven», stösst man auf einhellige und bestimmte Ablehnung. Die Verhandlungen seien durchgängig unter indonesischem Vorsitz geführt, die zentrale Rolle der Asean sei von allen Beteiligten respektiert worden und das Ergebnis trage die «Handschrift» der Staatenvereinigung. 

Offensichtlich ist auch die Tatsache, das 7 der 15 RCEP-Länder auch an der konkurrierenden CPTPP (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership) – neben Japan, Australien und Neuseeland auch vier ASEAN-Staaten, nämlich Singapur, Brunei, Malaysia und Vietnam - kein Hinderungsgrund gewesen.

Sicher werden die sich überlagernden Regelsysteme von RCEP (2022) und CPTPP (2018) in der Region Konsequenzen haben. Was aber kein Grund war, schon vorab endlos über mögliche Probleme zu diskutieren.

Dass die beiden Initiativen sich gegenseitig beeinflussen und in einem Konkurrenzverhältnis standen, war schon während der Verhandlungen ­offensichtlich. Im Falle der sieben Länder, die in beide Prozesse involviert waren, nahmen oft dieselben Diplomaten und Experten an beiden Verhandlungen teil und brachten dement­sprechend ihre Ambitionen und laufend gemachten Erfahrungen ein, zumal die CPTPP früher startete und deutlich rascher vorankam. 

So zitiert der empfohlene Artikel den ehemaligen indonesische Handelsminister Wirjawan, der meinte, dass

 es für durchschnittliche Laoten, Kambodschaner und Indonesier vor allem um Arbeitsplätze geht, die mit Fabriken ent­stehen, bevor wir anfangen, uns über Datenschutz und -sicherheit, geistiges Eigentum und Menschenrechte zu unterhalten». 

Ein Verständnis für diese Haltung und solchen Pragmatismus wünscht man sich dringend auch in Europa. 


Ostasien - die weltgrösste Freihandelszone

Möchtest du kommentieren? Dann werde jetzt kostenlos Mitglied!

Bleib immer informiert! Hier gibt's den Kanal Volk und Wirtschaft als Newsletter.

Abonnieren

Deine Hörempfehlungen
direkt aufs Handy!

Einfach die Hörempfehlungen unserer Kurator'innen als Feed in deinem Podcatcher abonnieren. Fertig ist das Ohrenglück!

Öffne deinen Podcast Feed in AntennaPod:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Apple Podcasts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Downcast:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Instacast:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Apple Podcasts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Podgrasp:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Bitte kopiere die URL und füge sie in deine
Podcast- oder RSS-APP ein.

Wenn du fertig bist,
kannst du das Fenster schließen.

Link wurde in die Zwischenablage kopiert.

Öffne deinen Podcast Feed in gpodder.net:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Pocket Casts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.