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Volk und Wirtschaft

Monetarismus – was wissen unsere Ökonomen über Ökonomie

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlDienstag, 09.03.2021

"Folgt der Wissenschaft", hört man immer öfter. Wie weit kann man sich wirklich darauf verlassen? Schauen wir auf die Ökonomie, die ja auch treffender als Volkswirtschaftslehre bezeichnet wird.

Gerald Braunberger schreibt im FAZ-Wirtschaftsblog eine kleine Geschichte des Monetarismus, die schnell klar macht, wie relativ und im Fluss die Ideen bzw. Theorien über den Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation sind.

Am Beginn des Nachdenkens über einen Zusammenhang zwischen umlaufender Geldmenge und Güterpreisen stand David Hume, Zeitgenosse und Freund Adam Smiths. Im Jahre 1752 schrieb Hume:

“If we consider any one kingdom by itself, it is evident, that the greater or less plenty of money is of no consequence; since the prices of commodities are always proportioned to the plenty of money.”

Hume betrachtete diesen Zusammenhang (der später als Quantitätstheorie des Geldes bezeichnet wurde) nur für die lange Frist als gültig. 

Auf kurze Frist konnte sich eine wachsende Geldmenge auch in einer Belebung der Wirtschaft niederschlagen. Geld ist langfristig neutral, kurzfristig aber nicht. Das klingt sehr modern.

Hume vermutete auch, dass sich eine Änderung der Geldmenge und damit des Preisniveaus in einem Land, über den Güterhandel international ausbreitet. 
Die anschließende klassische Epoche der Volkswirtschaftslehre versuchte den Wert des Geldes und der Güter mittels zweier unterschiedlicher Hypothesen zu erklären: mit der Quantitätstheorie sowie der Produktionskostentheorie. Beide konnten eigentlich nie richtig in Übereinklang gebracht werden.
Hume Freund Adam Smith war sehr einflussreich mit seinem Versuch, den Wert von Gütern durch die Menge der zu ihrer Herstellung notwendigen Arbeitsmenge zu erklären. Daraus wurde eine, wenn man berücksichtigt, dass Arbeit nicht der einzige Produktionsfaktor ist, Theorie, die den Wert der Güter alleine durch die zu ihrer Herstellung notwendigen Produktionskosten erklärt. Die Nachfrage nach Gütern spielte für die Wertbestimmung keine Rolle.

Der Wert des Geldes, damals eigentlich grundsätzlich Metallgeld, ergab sich allein durch die zu seiner Herstellung notwendigen Kosten, etwa durch die Förderkosten des Goldes. Aber im 19. Jahrhundert wurde die alleinige Wertbestimmung auf der Grundlage von Produktionskosten überwunden.

Für die Theorie des Geldes begann das “Goldene Zeitalter der Quantitätstheorie”, um den Titel eines sehr lehrreichen Buches von David Laidler zu nennen. Die Quantitätstheorie wirkte auch noch in das frühe 20. Jahrhundert hinein.

Abgelöst wurde diese Phase durch den Keynesianismus, dessen Hochphase nach dem Zweiten Weltkrieg (in Deutschland ab 1967) bis in die 1970er Jahre dauerte. Zum Keynesianismus

gehören wirtschaftspolitische Ansätze, die darauf ausgerichtet sind, die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu steuern und bei Bedarf die Wirtschaft durch vermehrte Staatsausgaben und durch expansive Geldpolitik zu beleben.

Aber bereits in den 1950er Jahren arbeitete in Chicago Milton Friedman – gestützt auf neue Möglichkeiten der volkswirtschaftlichen Statistik – an der Wiedererweckung der Quantitätstheorie (nun unter der Bezeichnung Monetarismus). Die wesentlichen Elemente von Friedmans Konzept:

1. Es existiert eine Proportionalität zwischen Geldmenge und Preisniveau
2. Die Geldmenge kann von einer Währungsbehörde/Notenbank gesteuert werden.
3. Das Preisniveau ist langfristig monetär bestimmt und nicht durch andere Einflüsse ....
4. Die Geldmenge bestimmt langfristig nur das Preisniveau, aber nicht reale Wirtschaftsgrößen.

Der Grund für die politische Abkehr vom damals dominierenden keynesianischen Paradigma war dann die Stagflation in den 1970er Jahren.  Die mit ihr einhergehenden Zweifel veranlasste mehrere Länder ihre Geldpolitik für monetaristische Ideen zu öffnen und ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik an der Geldmengensteuerung auszurichten. Auch das brachte langfristig keine befriedigenden, keine wirklich idealen Ergebnisse. Verschiedene „Moden" wechselten sich in Wissenschaft und Politik ab. So konnte man am Anfang des Jahrhunderts sagen:

Das Geld spielt in der modernen Theorie keine aktive Rolle mehr. 

Aber während das Geld aus der ökonomischen Analyse verschwand, explodierte die Zahl der Finanzaktivitäten, das für Finanzgeschäfte verwendete Geld kursiert ungleich schneller als das für Gütergeschäfte verwendete.

Und so lässt sich vermuten, der Monetarismus schlägt demnächst zurück. So jedenfalls die Hypothese im Artikel. Unsere Ökonomen lernen noch immer – gut so.

Monetarismus – was wissen unsere Ökonomen über Ökonomie

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Kommentare 10
  1. Sebastian Blottner
    Sebastian Blottner · vor fast 4 Jahre

    Hat der piquer noch nie davon gehört, dass Ökonomie eben KEINE (Natur-)Wissenschaft ist, sondern eher eine Ideoilogei, die in wesentlichen Teilen auf Glaubenssätzen beruht (die vorgeben, das kontextabhängig sehr wandelbare menschliche Verhalten vorhersagen zu können)? Deswegen gibt es u.a. auch keinen Wirtschaftsnobelpreis, auch wenn er uns immer wieder als solcher untergejubelt werden soll. Schon der Texteinstieg ist damit völlig misslungen bzw. irreführend.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre

      Der piqer hat aus diesem Grund im zweiten Satz geschrieben "Schauen wir auf die Ökonomie, die ja auch treffender als Volkswirtschaftslehre bezeichnet wird." Aber das die Ökonomie für sich in Anspruch nimmt, das menschliche Verhalten vorhersagen zu können, dass habe ich so noch nicht gehört. Sie arbeitet ja mit Modellannahmen um damit mögliche Verhaltenswahrscheinlichkeiten der Gesellschaft zu erkennen. Kein seriöser Ökonom würde die Abstraktion des homo oeconomicus als wirklichen Menschen bezeichnen. Aber Sie haben schon recht, allzuoft werden die Ergebnisse und Ratschläge von Ökonomen als Voraussagen verkauft. Das ist unseriös, gilt aber prinzipiell auch für komplexere Probleme der Naturwissenschaften ....

    2. Sebastian Blottner
      Sebastian Blottner · vor fast 4 Jahre

      @Thomas Wahl Vielen Dank für die Antwort und nichts für ungut - aber ich lese den ersten Absatz eindeutig so, dass man von der zitierten Forderung sogleich zur Ökonomie kommt und damit zu der impliziten Feststellung, sie sei eben eine Wissenschaft. (Warum sonst - wenn das Thema erkennbarer Weise eine "Nicht-Wissenschaft" sein sollte - stünde dort überhaupt dieses Zitat?)

      Und ich erlaube mir noch die Frage: Was, wenn nicht menschliches Verhalten wird denn (vermeintlich) vorhergesagt und gedeutet, wenn Prognosen von Verhalten / Reaktionen / Vorlieben u.ä. eines "Marktes" gemacht werden, der ja, entgegen allen Suggestionen des Sprachgebrauchs, selbst wohl keine Person ist? (Ich zumindest habe noch nirgends einen Herrn Markt angetroffen.) Und macht die Ökonomie solche Prognosen etwa nicht?

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre

      @Sebastian Blottner Nun eine Wissenschaft ist die Ökonomie zumindest in Teilen schon. Wenn auch nicht wirklich eine exakte Naturwissenschaft.

      Also erstens sehe ich einen Unterschied zw. dem Verhalten von einzelnen Menschen und dem Verhalten von sozialen Systemen. Aber nichttriviale Vorhersagen kann man für beide nicht machen. Man kann Modelle und Szenarien durchspielen. Dann weiß man immer noch nicht, welches Szenario mehr oder weniger eintrifft. Das ist wie bei den Klimamodellen.

      Zweitens ist der Markt kein Akteur, das ist eine unsinnige Interpretation. Der Markt ist nichts weiter als ein "Ort", auf dem Menschen und Gruppen nach gewissen Regeln interagieren. Und mit dieser Interaktion entstehen Informationen über Preise, Angebote und Nachfragen. Was eine mehr oder weniger effiziente Allokation von Gütern, Diensten und Finanzen ermöglichen soll. Der Markt selbst regelt gar nichts. Ich denke, dass würde ein seriöser Ökonom so auch nicht formulieren. Das ist Ideologie ....

    4. Sebastian Blottner
      Sebastian Blottner · vor fast 4 Jahre

      @Thomas Wahl D'acord - leider gibt es dann sehr viele unseriöse Ökonomen...
      Und ja, Ökonomie ist eine Wissenschaft. Trotzdem kann ich mir die Bemerkung nicht verkneifen: Den Slogan "Unite behind the science" hat die Klimaschutzbewegung / Fridays for Future geprägt - und bezieht sich damit explizit auf die Naturwissenschaften bzw. unumstößliche Gesetzmäßigkeiten, nicht aber auf die Volkswirtschaftslehre, die auf solcherlei Gesetzmäßigkeiten gar nicht bauen kann. Insofern bleibe ich dabei: Der Text kündigt die Überprüfung eines Zusammenhangs an, der gar nicht existiert. Der Einstieg ist irreführend.
      Vielen Dank!

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre · bearbeitet vor fast 4 Jahre

      @Sebastian Blottner Natürlich gibt es auch unseriöse Ökonomen. Genau wie unseriöse andere Wissenschaftler, Politiker, Menschen überhaupt - inklusive der Klimaforschung. Wenn FFF wirklich nur die Naturwissenschaft meinen sollte, dann wäre das natürlich ein Armutszeugnis. Denn unsere Zukunft läßt sich nicht allein naturwissenschaftlich gestalten. Zukunft ist ein großes, offenes interdisziplinäres Experiment - nicht zuletzt ein ökonomisches. Gruß, vielleicht bis zum nächsten mal ...-

    6. Sebastian Blottner
      Sebastian Blottner · vor fast 4 Jahre

      @Thomas Wahl Gegen die Naturwissenschaft lässt sich unsere Zukunft aber auch nicht gestalten - und der Klimawandel ist und bleibt ein Naturphänomen, unabhängig davon ob ökonomische Ideologien seine Entstehung (weiter) antreiben. Ihn zunächst einmal überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, was viele ja nicht tun wollen - dazu fordert der Slogan "Unite behind the science" auf. Um Ökonomie geht es an dieser Stelle schlicht und einfach (noch) nicht (und ich bin überzeugt, das ist nicht nur meine Wahrnehmung), denn es ist keine ökonomische Fragestellung und auch kein "mögliches Szenario", ob der Meeresspiegel steigt - sondern schlicht eine beweisbare Tatsache. Ihr Einstieg tut dem (in meinen Augen) berechtigten Slogan unrecht, weil er ihn anders als seine Erfinder und Nutzer auf die Ökonomie bezieht, um den impliziten Imperativ anschließend zu relativieren und für mich zumindest bleibt so ein Textbeginnb irreführund bzw. unglücklich. Der Slogan ist in der Welt und wenn Sie mit ihm spielen, müssen Sie zur Kenntnis nehmen, wie er gemeint / allgemein wahrgenommen / verstanden wird.

      Nun aber genug der Haarspalterei und vielen Dank.

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre · bearbeitet vor fast 4 Jahre

      @Sebastian Blottner Ich halte das nicht für Haarspalterei. Um sich wechselseitig zu verstehen muß man versuchen exakt auszudrücken was man meint. Nicht nur in der Wissenschaft. Die ja selbst auch ein sozialer und kommunikativer Prozess ist.

      Natürlich ist der Klimawandel ein Natur- und damit erst mal ein naturwissenschaftliches Problem. Nur werden wir darauf mit gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Strategien antworten müssen. Und auch die Interpretation, Auswahl und Annahme der Ergebnisse ist ein sozialer Prozess. Darauf werden wir von den Klimaforschern keine Antwort bekommen. Die Klimaforschung wird uns nicht in die Zukunft führen können. So wichtig ihre Forschungen auch weiter sein werden.

    8. Sebastian Blottner
      Sebastian Blottner · vor fast 4 Jahre

      @Thomas Wahl "Folgt der Wissenschaft", hört man immer öfter. Wie weit kann man sich wirklich darauf verlassen? - Sehr weit, wenn es um Naturwissenschaft / Beweise geht, und nur diesen Bezug (ich wiederhole mich nun) hat der genutzte Slogan bzw. seine noch recht kurze Nutzungsgeschichte. Sie stellen ihn und die Frage aber vor einen Text über Ökonomie - also in einen falschen Kontext, was dann (vermeintlich) zur Widerlegung bzw. Relativierung der Slogan-Aufforderung führt, stattdessen aber nur ein handwerklicher Lapsus Ihrerseits ist. Nur dies (!) kritisiere ich - alle anderen von Ihnen gemachten Argumente sind weder von der Hand zu weisen noch neu. ;-)

    9. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 4 Jahre · bearbeitet vor fast 4 Jahre

      @Sebastian Blottner Sorry, da verstehen wir uns wohl nicht. Der Slogan heißt nicht, folgt den naturwissenschaftliche Beweisen, sondern er heißt "Folgt der Wissenschaft". Wissenschaft ist ein sozialer Prozess, der nicht nur auf Beweisen und ihren Widerlegungen basiert.😏

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