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Kurator'in für: Europa Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953
Studium der Elektrotechnik und Elektronik
Forschung / Lehre auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Innovationstheorie
Entwicklung von Forschungsprogrammen im IKT-Sektor für verschiedene Bundesministerien und Begleitung der Programme und Projekte - darunter Smart Energy, Elektromobilität, netzbasiertes Lernen, Industrie 4.0
Nun im Un-Ruhestand
Nach 16 Jahren Angela Merkel, als Kanzlerin einer der größten Volkswirtschaften der Welt, versucht die FAZ eine wirtschaftspolitische Bilanz mit vielen Zahlen und Grafiken dieser Ära. Der erste Teil widmet sich der Frage, wie sich der Wohlstand in unserem Land entwickelt hat. In dem wir ja, so Angela Merkel, „gut und gerne leben“. Die Bilanz ist durchaus gemischt.
Bei ihrem Amtsantritt als Bundeskanzlerin im Jahr 2005 kostete ein Liter Benzin rund 1,20 Euro. So billig sollte der Treibstoff für die Wirtschaft erst gegen Ende von Angela Merkels langer Amtszeit rund 15 Jahre später wieder werden, als der Stillstand der Weltwirtschaft wegen der Corona-Pandemie den Ölpreis einbrechen ließ.
Allerdings müssen wir heute für unser Benzin viel weniger arbeiten als zum Amtsantritt der „ewigen“ Kanzlerin. Damals litt Deutschland unter einer zweistelligen Arbeitslosenquote. Diese ist unter Merkels Ägide stark zurückgegangen – trotz der Coronafolgen auf heute nur 6 %. Was insgesamt nicht unbedingt mit dem wirtschaftspolitischen Geschick der Kanzlerin zu tun hat, sondern eher mit den Einschnitten in den Sozialstaat,
die kurz zuvor ausgerechnet eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung gegen den erbitterten Widerstand der damaligen Kanzlerpartei SPD durchgesetzt hatte. Die Hartz-Reformen waren ein wichtiger Grund dafür, dass Gerhard Schröder das Kanzleramt an Merkel verlor. Der durch die Reformen ausgelöste Aufschwung hielt bis zur Finanzkrise im Jahr 2008 und verlieh der Merkel-Regierung Aufwind.
So stiegen während Merkels Amtszeit sowohl die Wirtschaftsleistung pro Kopf als auch das verfügbare Einkommen je Bürger fast jedes Jahr. Das durchschnittlich verfügbare Einkommen je verheiratetem Arbeitnehmer mit zwei Kindern (Alleinverdiener) wuchs von etwa 23.000 auf 33.000 €.
Ausnahmen bei der Steigerung gab es nur 2009 in der internationalen Finanzkrise und im Corona-Jahr 2020. Wobei das wirtschaftspolitische Krisenmanagement der Merkel-Regierungen wohl das Schlimmste verhindert hat. Der Preis allerdings war hoch. Die Verschuldung wuchs seit 2005 je Bürger um 44 Prozent auf 26.000 €. Besonders stark in den Krisenjahren 2009 und 2020.Ein oft übersehener Erfolg war es sicher, den Anstieg der Ungleichheit gestoppt zu haben. Der Gini-Koeffizient etwa der verfügbaren Haushaltseinkommen hat seinen steilen Anstieg beendet und schwankt um die 0,29 – die Schere geht nicht immer weiter auseinander.
Die Unionsparteien waren 2005 auf einer heißen Spur. Es klang ganz ähnlich wie das, was ihr aktueller Kanzlerkandidat Armin Laschet vorhat. Gleich das erste Infrastruktur-Ziel des Regierungsprogramms von 2005 lautete: „Wir beschleunigen den Bau wichtiger Infrastrukturmaßnahmen durch eine Vereinfachung von Planungen und eine Verkürzung von Planungszeiten.“
Die Resultate sieht man heute. Wie eine Befragung des Global Competitiveness Reports unter Geschäftsführern verschiedener Branchen aus 129 Ländern zeigt, hat die Bundesrepublik bei Straßen und Schienen
auf einer Skala von eins bis sieben einen ganzen Punkt verloren. Das ließ unser Land im internationalen Vergleich regelrecht abstürzen: Von Rang 2 in der Befragung 2007/2008 auf Rang 12 zehn Jahre später.
Man merkt das auch auf den Straßen. So hat sich zwischen 2005 und 2018 die Länge aller Staus im Jahr fast verfünffacht: Von knapp 360 000 Kilometern auf 1,53 Millionen pro Jahr.
Dass der aktuelle Wert nicht ganz so krass ausfällt, liegt vor allem an der Pandemie: Die Staukilometer haben sich vergangenes Jahr mehr als halbiert. Wenn die Menschen aus Angst vor dem Virus nicht unterwegs sind, ist auf den Autobahnen ausreichend Platz – aber auch nur dann.
Wer nun glaubt, die vielen Baustellen erhöhen Wert und Qualität unserer Straßen, wird mit Blick auf das Netto-Anlagevermögen der Verkehrsinfrastruktur schnell eines Besseren belehrt:
Der Blick auf diese Größe zeigt, dass sich in der gesamten Merkel-Ära fast nichts getan hat: Das deutsche Straßennetz war im Jahr 2019 mit 415,9 Milliarden beinahe exakt genauso viel wert wie 2005 mit 415,2 Milliarden Euro.
Man fragt sich unwillkürlich, wie bei einer solchen Bilanz (z. B. auch bei unseren digitalen Infrastrukturen) die riesige Herausforderung beim klimabedingten Umbau unserer energetischen Basis oder auch des Rentensystems zukünftig bewältigt werden soll? Die aktuellen Versprechen der Wahlkämpfer klingen für mich da eher hohl.
Quelle: MARK FEHR, GUSTAV THEILE www.faz.net
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Wann hören wir bloß damit auf, den Benzinpreis als Indikator für ein "gutes" Leben in Wohlstand zu nutzen?
Hier noch ein weiterer Artikel der FAZ zum Thema "16 Jahre Merkel" und die Einwanderung:
"Ob die Entscheidung Deutschland geschadet hat, wie aus jenen Kreisen suggeriert wird, ist aber eine andere Frage. Denn trotz der gestiegenen Zuwanderung wuchs Deutschlands Bevölkerung insgesamt nicht, sondern stagnierte weitgehend. Das heißt, ohne Zuwanderung wäre das Land geschrumpft, weil unter der heimischen Bevölkerung mehr alte Menschen starben, als Kinder geboren wurden. Obwohl die Bevölkerung insgesamt kaum wuchs, wuchs die arbeitende Bevölkerung aber schon. Von Merkels erster Wahl zur Bundeskanzlerin bis zum Jahr 2019 ist die Zahl der Erwerbstätigen kontinuierlich gestiegen. Das dürfte weniger etwas mit ihr als mit den zuvor verabschiedeten Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 zu tun haben, dennoch ist es aber ein bemerkenswerter Effekt. Nicht einmal die Finanzkrise 2008 konnte diese Entwicklung bremsen, erst durch die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr ging die Beschäftigung leicht zurück. Auch trotz gestiegener Zuwanderung sank die Arbeitslosenquote von 2015 bis 2019 von 6,3 auf 5 Prozent. Das heißt nicht, dass die Entwicklung nicht auch volkswirtschaftliche Kosten verursacht hätte."
https://www.faz.net/ak...