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Kurator'in für: Europa Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953
Studium der Elektrotechnik und Elektronik
Forschung / Lehre auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Innovationstheorie
Entwicklung von Forschungsprogrammen im IKT-Sektor für verschiedene Bundesministerien und Begleitung der Programme und Projekte - darunter Smart Energy, Elektromobilität, netzbasiertes Lernen, Industrie 4.0
Nun im Un-Ruhestand
Ein Thema, das schon lange (meist im Hintergrund) schwelt, hin und wieder bewusst wird (etwa wenn der Arbeitskräftemangel drückt) und dann angesichts aktueller Desaster wieder aus dem Blick gerät – das Altern gerade der entwickelten Gesellschaften. Jedenfalls ist es nie richtig im Bewusstsein einer möglicherweise letzten Generation angekommen. Es ist ja nicht nur das Problem der schrumpfenden Wirtschaft, das da auf uns zukommt. Es geraten damit auch all unsere sozialen Institutionen ins Wanken.
Der ECONOMIST nimmt zunächst Italien und Japan als Aufhänger für den demografischen Rückgang und seine wirtschaftlichen Folgen:
In beiden Ländern fiel die Fruchtbarkeitsrate (die Anzahl der Kinder, die eine typische Frau im Laufe ihres Lebens hat) in den 1970er Jahren unter 2,1. Dieses Niveau wird als Ersatzrate bezeichnet, die eine Bevölkerung im Laufe der Zeit stabil hält. Alles, was niedriger ist, wird schließlich zu einer rückläufigen Bevölkerung führen, was sowohl in Italien als auch in Japan seit etwa einem Jahrzehnt der Fall ist. … Anfang dieses Jahres warnte Japans Premierminister Kishida Fumio, dass das Land aufgrund der fehlenden Babys "kurz davor steht, seine sozialen Funktionen nicht mehr aufrechterhalten zu können".
Aber diese Länder sind nicht die einzigen und nicht mehr die extremsten Beispiele für den demografischen Niedergang. Auch in Deutschland ging die Zahl der Geburten in den 60er-Jahren stark zurück und 2020 lag die Geburtenrate nur noch "bei 1,53 Kindern pro Frau. Damit ist sie – nach einem kurzen Anstieg zwischen 2014 und 2016 – das vierte Jahr in Folge gesunken."
Südkorea als erschreckendstes Beispiel hatte im Jahr 2022 eine Fruchtbarkeitsrate von nur 0,8. Ist diese Rate unter 1 bedeutet dies, dass die nächste Generation weniger als die Hälfte der Größe ihrer Elterngeneration betragen wird. Hatte man 2012 noch prognostiziert, dass Südkoreas Bevölkerung bis zum Ende des aktuellen Jahrhunderts sich von 52 Millionen heute auf 41 Millionen reduzieren würde, deuten neuere Prognosen
darauf hin, dass die Bevölkerung im selben Zeitraum um mehr als die Hälfte auf nur 24 Mio. sinken wird.
Südkorea ist sicher der krasseste Fall, aber die neuesten Daten und Prognosen verdeutlichen, dass der demografische Rückgang global wird.
Im Jahr 2010 verzeichneten 98 Länder und Gebiete Fruchtbarkeitsraten von unter 2,1. Bis 2021 stieg die Zahl auf 124, also auf mehr als die Hälfte der Länder, für die die UNO Daten erhebt …. Bis 2030 erwartet sie, dass die Zahl 136 erreichen wird.
Waren in der Vergangenheit die Altersstrukturen der Bevölkerung wie eine Pyramide aufgebaut – jede neue Generation war zahlreicher als ihre Vorgänger – dreht sich die Pyramide nun auf die Spitze. Ältere Generationen werden durch zunehmend kleinere Kohorten ersetzt. Diesen Prozess kann man in weiten Teilen der Welt beobachten. Zum Beispiel ist
die Zahl der Chinesen im Alter zwischen 21 und 30 Jahren bereits von 232 Millionen auf ihrem Höhepunkt im Jahr 2012 auf 181 Millionen im Jahr 2021 gesunken. Dieser Rückgang wird sich in den 2040er Jahren rapide beschleunigen, sodass China Mitte der 2050er Jahre weniger als 100 Millionen Menschen in dieser Altersgruppe haben wird. Die Bevölkerung Europas in dieser Alterskategorie wird im selben Zeitraum von etwa 85 Millionen auf unter 60 Millionen sinken.
Viele der wohlhabenderen Staaten versuchen, ihre sinkenden Geburtenraten durch Zuwanderung auszugleichen. Was allerdings kulturelle Offenheit voraussetzt. Und immer wieder auch politische Spannungen erzeugt.
Aber da der demografische Rückgang beginnt, immer mehr Länder zu betreffen, werden gebildete Migranten schwieriger zu finden sein, zumal sich der Rückgang der einheimischen Bevölkerung in vielen reichen Ländern beschleunigt. Für China mit einer Bevölkerung von etwa 1,4 Milliarden ist die Vorstellung, dass genügend Einwanderer gefunden werden könnten, um die Auswirkungen schwindenden Geburtenraten umzukehren, geradezu absurd, ….
Das bedeutet, zunehmend ältere Bevölkerungen werden überall dort höhere Aufwendungen (öffentlich oder privat), Renten und Gesundheitsversorgung erfordern. Dem werden immer weniger Menschen im Erwerbsalter gegenüberstehen, die diese Ressourcen erzeugen können.
Die reiche Welt hat derzeit etwa drei Menschen zwischen 20 und 64 Jahren für jeden über 65. Bis 2050 wird dieses Verhältnis auf weniger als zwei zu eins schrumpfen. Das erfordert ein späteres Rentenalter, höhere Steuern oder beides.
Noch hat Deutschland die Chance, junge und gut ausgebildete Migranten aufzunehmen. Aber Politik und Gesellschaft reagieren träge und oft inadäquat.
Allerdings werden die gesellschaftlichen Folgen der demographischen Schrumpfung viel komplexer sein als das, was sich direkt in geringerem Wirtschaftswachstum ankündigt. Es könnte die sinkende Fähigkeit zu Innovation und Produktivitätssteigerung sein, die sich als noch fataler herausstellt.
Jüngere Menschen haben mehr von dem, was Psychologen als "fluide Intelligenz" bezeichnen, was sich auf die Fähigkeit bezieht, neue Probleme zu lösen und sich mit neuen Ideen auseinanderzusetzen. Ältere Menschen verfügen über eine "kristallisierte Intelligenz", die auf einem im Laufe der Zeit aufgebauten Wissensschatz über die Funktionsweise der Dinge beruht. Es gibt keine genauen Grenzwerte, aber die meisten Studien deuten darauf hin, dass die fluide Intelligenz im frühen Erwachsenenalter ihren Höhepunkt erreicht und mit 30 Jahren abnimmt.
Gesellschaften benötigen in ihren Institutionen und Unternehmen sicher beide, sich oft ergänzenden Fähigkeiten. Junge Menschen, die neue Ideen für neue Herausforderungen finden, und ältere Fachleute mit vielen Erfahrungen. Aber im Innovationsprozess stehen sich diese nicht gleichwertig gegenüber. Zu erwarten ist also ein Rückgang der Innovationsfähigkeit alternder Gesellschaften – eine Fähigkeit, die zur Lösung des demografischen Umbruchs eigentlich dringend notwendig wäre.
Einige Forscher glauben, dass ein solcher demographisch bedingter Rückgang der Innovation in Teilen der Welt bereits im Gange ist. James Liang, ein chinesischer Ökonom und Demograf, stellt fest, dass das Unternehmertum in älteren Ländern deutlich niedriger ist: Ein Anstieg um eine Standardabweichung des Durchschnittsalters in einem Land, was etwa 3,5 Jahren entspricht, führt zu einem Rückgang der Unternehmerquote um 2,5 Prozentpunkte (der Anteil der Erwachsenen, die ihr eigenes Unternehmen gründen). Das ist ein großer Effekt, wenn man bedenkt, dass die globale Entrepreneurship-Rate im Jahr 2010 bei etwa 6,1 % lag. … Dieses Phänomen, so Liang, könnte die Ursache für Japans "Unternehmervakuum" sein. Noch im Jahr 2010 waren japanische Erfinder nach Angaben der Weltorganisation für geistiges Eigentum, einer Agentur der Vereinten Nationen, in 35 großen Branchen weltweit führend bei der Erteilung von Patenten. Im Jahr 2021 ist Japan nur noch in drei Branchen führend. Das Land ist nicht nur hinter China zurückgefallen, das inzwischen die meisten Spitzenplätze belegt, sondern auch hinter Amerika.Innovation ist auch einer der Wege, um die Klimaerwärmung aufzuhalten. Alternde Gesellschaften könnten das wohl nur bedingt leisten. Sie altern aber auch nicht so schnell, dass der CO2-Ausstoß dadurch wirksam sinkt. Es gab in vielen reichen Ländern teure Versuche, die Geburtenraten zu steigern. Sie blieben weitgehend wirkungslos, um den demografischen Rückgang zu stoppen. Das Zeitalter der Ratlosigkeit scheint mir sehr real. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Quelle: Economist EN www.economist.com
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Eigentlich müssen jetzt sofort die Sozialsysteme umgebaut werden. Der Generationenvertrag, auf dem die Sozialsysteme fußen, wurde gebrochen.
Geld gibt es innerhalb dieser Generation eigentlich genug. Ich finde es nicht erklärbar dass die Last den Jüngeren zukommt.
Die Alternative zur Bevölkerungsexplosion ist nicht die
Bevölkerungsimplosion. Allerdings kann man nur wirklich nicht von einer Bevölkerungsimplosion sprechen. Und wenn auf einer Fläche wie Deutschland im im Rahmen eine Zeitachse von beispielweise nur 60 Mio Menschen,
statt 83 Mio Menschen leben, dann wäre das eher von Vorteil für Natur, die Menschen, die Tiere und vielleicht sogar für die Nation. Alles andere ist letztendlich ein Schneeballsystem mit dem dazu bekannten Ende
Auch hier wieder der Einwand, es sei "dieses Scheinproblems - die beschworene kommende Überbevölkerung?
Die Übervölkerung ist kein Scheinproblem sie ist eine Tatsache, auch
Hinweise auf die Regionen in denen besonders wenige Menschen leben, sind
in Wirklichkeit substanzlos, ein Leben in diesen Regionen ist, wenn überhaupt, aus klar erkennbaren Gründen auch nur begrenzt existenzfähig. Und auch wenn jemand hier fragt ( bezweifelt), warum denn die Religionen und die Nationalstaaten in Fragen des Vermehrens unserer Spezis ein besonderes Interesse haben könnten - ja dann ist er entweder besonders naive , oder eine Art Kardinal Wölki.
Das sinkende Bevölkerungswachstum wird vom Autor als ein signifikanter Faktor für alle wesentlichen, und notwendigen Kriterien für eine Welt in Wohlstand und saubere Umwelt, etc. gesehen. In meinen Augen ist das totaler Unsinn. Die Umweltbelastung steigt mit jedem zusätzlichen Bewohner dieser Erde und die aktuelle Bevölkerungszahl ist längst über einen kritischen Punkt hinaus gewachsen. Und das ist kein Symptom der Krise sondern die Kern-Ursache. Das mag der Nationalist, der religiös verbissene Mensch nicht hören aber Gott und die NATION sind Menschenwerk um Interessen zu verteidigen nicht mehr und nicht weniger.
Ist das nicht gerade die natürliche Antwort auf die so oft - und ebenso oft als Argument für inhumane und ökologisch gesehen wahnsinnige vorgebrachte Lösungen dieses Scheinproblems - beschworene kommende Überbevölkerung?
Diese erscheint mir viel zu oft vorgebracht wenn man den Einsatz von genetisch verändertem Saatgut, Massentierhaltung, Monokulturen, Wachstumswahn plausibel machen will.
Ich wage zu denken, dass dies eine völlig natürliche Entwicklung ist, mit deren Anpassung des soziologischen und ökonomischen Denkens an diese Realität sich allerlei Dinge von selbst lösen.
Ja, was wäre die Welt ohne den Economisten.