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Kurator'in für: Europa Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953
Studium der Elektrotechnik und Elektronik
Forschung / Lehre auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Innovationstheorie
Entwicklung von Forschungsprogrammen im IKT-Sektor für verschiedene Bundesministerien und Begleitung der Programme und Projekte - darunter Smart Energy, Elektromobilität, netzbasiertes Lernen, Industrie 4.0
Nun im Un-Ruhestand
Im Jahr 2000 schrieb der "ECONOMIST":
... dass "die dringendste moralische, politische und wirtschaftliche Frage unserer Zeit die Armut der Dritten Welt ist". Damals lebten 28 % der Weltbevölkerung in extremer Armut, d. h. mit einem Einkommen von 1,90 USD pro Tag oder weniger. Fast eine Milliarde dieser 1,7 Milliarden Menschen lebten in Indien und China.
Heute leben in China und Indien zusammen fast 2,8 Milliarden Menschen. Aber es zeigt sich ein historischer Fortschritt:
Letztes Jahr gab China bekannt, dass es die extreme Armut beseitigt hat. In Indien war die Zahl der Menschen, die in extremer Armut, bis 2018 unter die geschätzten 99 Millionen Menschen gefallen, die in extremer Armut in Nigeria leben.Anfang des Jahrtausends hatte Jim O'Neill, damals Chefökonom von Goldman Sachs, den Begriff "BRIC"-Staaten (Brasilien, Indien, Russland und China) geprägt. Dieses Quartett erbrachte damals nur 8 % der globalen Wirtschaftsleistung. O'Neill argumentierte damals bereits, dass angesichts ihrer Bevölkerung selbst ein bescheidenes Wachstum ihrer Produktion pro Person diesen Anteil erheblich erhöhen würde. Investoren und die politischen Entscheidungsträger sollten das ins Auge fassen.
Die Forscher von Goldman Sachs prognostizierten damals, dass die BRIC-Staaten bis 2025 zusammen ein GDP haben würden, das mindestens der Hälfte der G6-Volkswirtschaften entspricht (Amerika, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien und Japan). Man vermutete, die BRICs könnten die entwickelten Volkswirtschaften des Nordens bis 2040 in wirtschaftlicher Hinsicht eingeholt haben, wenn nicht sogar beim Einkommen pro Kopf. Und in der Tat, die erste Vorhersage war sogar zu konservativ. Von 2000 bis 2011 wuchsen die BRIC-Volkswirtschaften im Durchschnitt um 17 % pro Jahr, während G6 nur 4 % schafften. Die vier Schwellenländer erreichten bereits 2017 die Hälfte des GDP der G6, nicht erst 2025.
Die ersten beiden Jahrzehnte des Jahrtausends zeigten, dass ein nachhaltiges, breit angelegtes Wachstum in den Entwicklungsländern möglich war – eine große Überraschung für einige und ein Segen für Hunderte von Millionen. In Ermangelung der besonderen Impulse, die es in den 2000er Jahren erhielt, hat sich das Wachstum aber verlangsamt, und es steht nun sowohl vor dem Problem der Pandemie als auch vor dem anhaltenden Gegenwind des Klimawandels.
So schien sich die frühe These der Ökonomen, dass ärmere Länder im Laufe der Entwicklung die reicheren einholen könnten, doch zu bestätigen. Was sich nach dem Zweiten Weltkrieg als eher schwierig herausgestellt hatte. Reich zu werden, erschien damals nur als Frage der Kreditaufnahme, des Transfers von Technologien und der Ausstattung der Arbeitnehmer mit mehr Kapital sowie Know-how. Aber offensichtlich gab es andere Hindernisse, die laut ECONOMIST zunehmend überwunden wurden:
In den späten 1970er Jahren startete China einen langen Prozess der wirtschaftlichen Liberalisierung; Indien begann 1991, die staatliche Kontrolle über seine Wirtschaft zu lockern. Schulden- und Finanzkrisen,, die ab den 1970er Jahren verheerende Rückschläge für das Wachstum verursacht hatten, führten zu einer breit angelegten Verschiebung der Politik in den Entwicklungsländern, hin zu dem, was oft als "Washington-Konsens" bezeichnet wird: offener für den Handel zu werden und die staatliche Kreditaufnahme und Inflation in Schach zu halten.
Dazu kamen niedrige Zinssätze und globale Investitionen, die nach Möglichkeiten in stabilen Schwellenländern suchten. Ebenso ein breiter Anstieg der Rohstoffpreise, die die Einnahmen vieler Entwicklungsländer ankurbelten. Ein dritter Faktor war ein explosives Wachstum des Handels und der Produktion für den Export. Leider aber verlangsamte sich das Wachstum nach 2010, wie eine Grafik zeigt. Nun drohen auch noch, ausgelöst durch Corona, steigende Zinssätze und Inflation.
Im Jahr 2020 ging die Produktion in den Schwellenländern um 2,1 % zurück. Andere große Schwellenländer schnitten viel schlechter ab. Indiens Wirtschaft schrumpfte um 7,3 %, Brasiliens um 4,1 %, Südafrikas um 7 %. Die Weltbank schätzt, dass die Reihen derer, die in extremer Armut leben, wahrscheinlich um 150 Millionen geschwollen sind.
Gab es zwischen 1990 und 2000 durch das schnelle Wachstum von Handel und Produktion einen Rückgang der Ungleichheit zwischen den Ländern, fragt man sich heute, wie wird das zukünftig unter den Bedingungen der Klimapolitik und des oft geforderten Nullwachstums sein?
Quelle: Economist EN www.economist.com
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Ein großes Thema - "Entwicklung". 1. Theoretisch gesehen gibt es viele Unzulänglichkeiten. Beispiele: Entwicklung als linearer Weg zu einem bestimmten Ziel hin zu betrachten; Institutionen als Strukturen zu behandeln oder die Beziehung zwischen Entwicklung und Institutionen als unidirektional zu sehen. 2. In der Praxis sind die Versäumnisse nicht geringer. Beispiele: Die wachsende Ungleichheit zwischen und innerhalb von Ländern. Der Ausschluss der großen Mehrheit der Bevölkerung der Dritten Welt von den "Früchten" der gegenwärtigen Entwicklungsform ist kein Zufall, sondern eine notwendige Bedingung, um mit der zunehmenden Unelastizität des Angebots an nicht erneuerbaren Ressourcen fertig zu werden.
Ein Umdenken und eine Neubestimmung der Bedeutung von gesellschaftlichem Wohlstand und der Mittel zu seiner Erreichung sind notwendig. Gesellschaftlicher Wandel ist als ein offener, nicht-teleologischer Prozess anzusehen, um sich von den Idealen der Nachahmung von Kernländern zu lösen und sich selbständig vorzustellen, wie gesellschaftlicher Wohlstand aussehen kann und wie er erreicht werden kann.