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Volk und Wirtschaft

Afrikas neue Schuldenkrise

Jannis Brühl
Redakteur
Zum Kurator'innen-Profil
Jannis BrühlSonntag, 21.07.2024

Die Diskussion um die Schuldenbremse in Deutschland wirkt possierlich gegen das, was sich in Kenia abspielt: Die Überschuldung des Landes und seine Abhängigkeit von internationalen Geldgebern haben zu einer politischen Krise geführt, Proteste eskalieren, die Regierung geht mit Gewalt gegen die Demonstranten vor.

Der SZ-Afrikakorrespondent Paul Munzinger schildert anhand von Kenia den Kreislauf des Schuldenhorrors, aus dem sich viele Staaten auf dem Kontinent nicht befreien können.

Das Argument der Schuldenbremsengegner beziehungsweise Keynesianer – man müsse mit neuen Schulden ins Land investieren – greift in diesen Fällen nicht, da die Situation sich grundsätzlich von jener der reichen Länder unterscheidet. Denn erstens müssen afrikanische Staaten wegen ihrer schlechteren Bonität höhere Zinsen zahlen als reiche Länder im Norden. Die Zinssprünge der vergangenen Jahre treffen sie nun besonders hart.

Zweitens erhalten sie Notkredite vom Internationalen Währungsfonds nur gegen Sparprogramme – Austerität verhindert aber nun mal gerade jene Investitionen.

Die historisch heikle Rolle des IWF hat sich offensichtlich nicht wirklich verbessert:

Im Gegenzug für zwei Kredite in Höhe von 3,6 Milliarden Dollar legte der IWF Kenia ein Austeritätsprogramm auf, zu dem auch die nun abgesagten Steuererhöhungen gehörten – offenbar im vollen Bewusstsein, dass das zu Protesten führen könnte.

Aus dem politischen Chaos, ausgelöst durch die Sparprogramme, folgt – natürlich – eine weitere Abwertung der Bonität durch die Ratingagenturen. Was wiederum dazu führt, dass die Staaten neue Kredite nur gegen noch höhere Zinsen erhalten.

Hinzu kommt, dass statt einigen wenigen internationalen Organisationen und Staaten nun auch China und private Geldgeber mitmischen, siehe Sambia, das ein besonders schwerer Fall ist:

Sambia zeigt vor allem, wie komplex Umschuldungen geworden sind – angesichts einer neuen Unübersichtlichkeit, zu der nicht nur China, sondern auch zahlreiche private Geldgeber beitragen, vor allem Banken. „Heute sitzen nicht mehr sechs Leute mit am Tisch, sondern 1000“, sagte der US-Ökonom Joseph Stiglitz

Den Teufelskreis zu durchbrechen, wird schwierig. Eine größere Rolle der Weltbank ist im Gespräch; Entwicklungshelfer fordern Schuldenerlasse. Aber dafür müssten sich die vielen verschiedenen Geldgeber mit ihren Eigeninteressen ein Herz fassen.

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Kommentare 9
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 2 Monaten

    Sparprogramme ist gut. Was haben denn die Staaten gemacht mit den Krediten, die sie heute abzahlen. Sie Gespart, konsumiert oder erfolgreich investiert? Ersteres und Letzteres wohl nicht.

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 2 Monaten

      ...zu einem guten Teil Exportweltmeister finanziert und dabei kollateral gerne noch entsprechende, eigene Marktsegmente plattgemacht. Hört man so...

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 2 Monaten · bearbeitet vor 2 Monaten

      @Marcus von Jordan Sie haben also allerlei konsumiert und wollen so weitermachen? Der Exportweltmeister China wird sich freuen.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 2 Monaten

      @Marcus von Jordan Im übrigen: "Für die deutsche Exportwirtschaft spielten afrikanische Länder bisher eine sehr untergeordnete Rolle. Tabelle 1 zeigt die ge­samten Ausfuhren der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2022. So befand sich unter den Top-10-Exportländern deut­scher Unternehmen im vergangenen Jahr kein einziges afrikanisches Land. ….. Die Ana­lyse zeigt, dass die Bedeutung Afrikas als Exportregion für deutsche und sächsische Unternehmen bisher ziemlich gering ausfällt. Nicht einmal 2% der Ausfuhren verließen das Bundes­gebiet im letzten Jahr Richtung Afrika.….."

      https://www.ifo.de/Doc...

    4. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor 2 Monaten

      @Thomas Wahl In den 1960er-Jahren waren Ghana und Südkorea auf einer Entwicklungsstufe. Seither haben beide Staaten sehr unterschiedliche Entwicklungen genommen. Zu dem Vergleich gibt es einiges an Literatur.

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 2 Monaten

      @Dirk Liesemer Ja, ich weiß. Auch andere (Tiger) Staaten haben sich viel besser entwickelt als afrikanische Länder ….

  2. Hartmut Bischoff
    Hartmut Bischoff · vor 2 Monaten

    zur Wahrheit gehört aber auch: Die Staaten haben sich **im Ausland** finanziert. Das ist das eigentliche Problem. Solange es gelingt, sich **im Inland** zu verschulden, ist die Gefahr der Überschuldung überschaubar. Dann stimmen die Gläubiger an der Wahlurne für ihre Interessen. Man schaue nur nach Italien, Frankreich oder Japan.
    Das zugrundeliegende Problem ist die mangelnde Wertschöpfung in den afrikanischen Staaten, die durch den permanenten Abfluß von Liquidität über Zinszahlungen keine Chance auf Entwicklung hat.

  3. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 2 Monaten

    Ergänzend sei dieser frei zugängliche Artikel aus den BLÄTTERN FÜR DEUTSCHE UND INTERNATIONALE POLITIK empfohlen:
    https://www.blaetter.d...
    Der vier Jahre alte Artikel von Jonas Gerding skizziert schon Widersprüche, deren neue Formen Paul Munziger nun in der SZ beschreibt.

    "Insgesamt ist der Trend in Afrika also durchaus besorgniserregend: Zwischen 2012 und 2017 stieg die Schuldenquote in Subsahara-Afrika von 31 auf 53 Prozent. Ein Drittel der Länder riskieren eine kritische Schuldenlage oder sind bereits damit konfrontiert.[7] Noch sind es jedoch vor allem wirtschaftlich weniger bedeutsame Länder wie Mosambik, Gambia und die Republik Kongo, die alarmierende Quoten von fast 100 Prozent und mehr aufweisen. Unter den Ländern mit Quoten über 60 Prozent sind hingegen auch größere Volkswirtschaften wie Angola und Kenia."

    Sein Fazit:
    "Denn eines muss sich Europa bewusst machen: Es liegt auch in seiner Verantwortung zu verhindern, dass sich die Schuldenkrisen des vergangenen Jahrhunderts wiederholen – oder gar ein neuer Kalter Krieg auf dem afrikanischen Kontinent ausgetragen wird."

    1. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor einem Monat

      Der Artikel beschreibt treffend die schon seit Jahrzehnten bestehende Situation in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ): Geopolitische Interessen und Intransparenz verhindern oft eine wirksame Koordinierung der internationalen Geber im Interesse der Empfängerländer. Soweit es sich um staatliche bzw. IWF-Kredite handelt, mangelt es an gewissenhafter Prüfung der Tragfähigkeit von Investitionen, wie es jede Privatbank tut.

      Hinzu kommt - und das gilt auch für Hilfsgelder, dass es leichter ist, einen Topf auszuschütten, als sich aufwändig mit einzelnen Entwicklungsprojekten zu beschäftigen. Das ist eine meiner Erfahrungen aus der EZ, vielleicht hat sich aber die Situation gewandelt. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten Deutschlands und der EU auf den Weltmärkten sehe ich die Möglichkeiten dafür eher pessimistisch.

      Ergänzend zu dem Handelsabkommen mit Kenia, das aktuell als einziges aus dem Cotonou-Abkommen hervorging: https://www.dw.com/de/...

      sowie hier die komplizierte Vorgeschichte: https://de.wikipedia.o...

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