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Kurator'in für: Europa Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953
Studium der Elektrotechnik und Elektronik
Forschung / Lehre auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Innovationstheorie
Entwicklung von Forschungsprogrammen im IKT-Sektor für verschiedene Bundesministerien und Begleitung der Programme und Projekte - darunter Smart Energy, Elektromobilität, netzbasiertes Lernen, Industrie 4.0
Nun im Un-Ruhestand
Heute ist Afrika der letzte Kontinent mit bedeutendem Bevölkerungswachstum und ein Kontinent, der stark vom Klimawandel betroffen sein wird und schon ist. Der ECONOMIST entwirft ein Szenario, wie dies zukünftig aussehen könnte. Es wird dramatische und vor allem interne Migrationsbewegungen geben, eine Wanderung vom Land in die Städte.
Der Artikel zitiert eine Prognose, nach der bis 2050 zwischen 44 und 216 Millionen Menschen in Afrika, Asien, Osteuropa, Lateinamerika und den pazifischen Inseln in ihren eigenen Ländern wandern könnten.
Es gibt heute weltweit etwa 100 Millionen vertriebene Menschen, hauptsächlich aufgrund von Krieg, so dass Groundswells höhere Schätzung von 216 Millionen zusätzlichen Klimamigranten eine Verdreifachung darstellen würde.
Allein in Subsahara-Afrika rechnet man mit etwa 20 bis knapp 90 Millionen Flüchtlingen. Ein Prozess, der zu einer völligen Umgestaltung der afrikanischen Volkswirtschaften (nicht nur dort) führen wird. Die afrikanische Bevölkerung könnte sich bis dahin fast verdreifachen, auf 3,9 Milliarden. Mehr als jeder dritte Mensch würde dann in Afrika leben:
Im Jahr 2023 haben nur drei Städte des Kontinents – Kairo, Lagos und Kinshasa – mehr als zehn Millionen Einwohner. Ende des Jahrhunderts werden es 13 sein, prognostiziert die Universitäten Toronto. Allein in Lagos könnten dann 88 Millionen Menschen leben, also viermal so viele wie jetzt. Nigerias Wirtschaftsmetropole wäre damit wohl die größte Stadt der Welt.
Es ist auch klar, dass diese Städte nicht, wie es Parag Khanna oben in der WELT für die reichen Golfstaaten prognostiziert, aussehen werden:
Der Golf dürfte, eine Kette gut klimatisierter, untereinander vernetzter Stadtstaaten bilden und mit Israel kooperieren, von dem es Techniken zur Begrünung der Wüste, Meerwasser-Entsalzung und Aquakultur lernt. Staatlich betriebene „Kühlzentren“ – öffentliche Räume, in denen Menschen der Hitze entfliehen und Wasser trinken können – und radikal veränderte Stadtarchitektur mit Grünflächen, Windtunneln und Klimaanlagen, die Innen- wie Außentemperaturen regulieren, helfen den Bürgern, mit extremer Hitze umzugehen.
Wir können auch nicht wissen, wie viel Migration es durch den Klimawandel wirklich geben wird.
In "Nomad Century", einem Buch, das letztes Jahr veröffentlicht wurde, schrieb Gaia Vince, dass, wenn die Welt bis 2100 um 4°C heißer werden würde (ein apokalyptisches Szenario), Regionen, die derzeit von 3,5 Milliarden Menschen bewohnt werden, unbewohnbar werden würden. Extreme Vorhersagen wie diese werden oft aus politischen Gründen aufgegriffen.Die einen nutzen solche Drohungen, um ihren Forderungen nach schnellster Emissionsbegrenzung Dringlichkeit zu verleihen. Andere in reicheren Ländern nehmen solche imaginären Horden von Klimamigranten zum Anlass, ihre Grenzen dichtzumachen. Zielkonflikte werden in der Regel ignoriert. Der ECONOMIST verwendet (als plausibler angenommene) Zahlen aus einem Modell der Weltbank, das als "Groundswell" bekannt ist und deren Ergebnisse zuletzt 2021 aktualisiert wurden. Das Modell basiert auf einem "Schwerkraftmodell", um zu simulieren, wie Änderungen an Variablen wie Wasserverfügbarkeit, Landwirtschaft und Meeresspiegel die Menschen aus einigen Gebieten in andere Regionen treiben könnten. Daraus stammen auch die oben genannten Zahlen für die Binnenmigration in Afrika, Asien, Osteuropa, Lateinamerika und den pazifischen Inseln.
Klar ist also, es wird große Wanderungen in Richtung der Städte geben (müssen). Der ECONOMIST sieht in einer afrikanischen Völkerwanderung in die Metropolen dabei u. a. positive Aspekte, die auch ohne den Klimawandel gelten würden. Der Artikel spielt seine Analysen und Szenarien an drei Beispielländern durch: Niger, Ägypten und Bangladesch. Nehmen wir Niger:
Fast die gesamte Bevölkerung von gut 22 Millionen lebt im Süden. Im Norden liegt die Wüste, die 80 % des Landes ausmacht. Der Wandel im Klima hat u. a. die Niederschläge des Landes stark verändert. Zwischen 2010 und 2022 war der Westen des Landes trockener als im Durchschnitt der letzten 30 Jahre, während der Osten feuchter war. Die Richtung der Migration ist als vorgegeben – siehe die aktiven Grafiken.
Kaum jemand in Niger könnte es sich leisten, nach Europa zu ziehen, aber viele können innerhalb des Landes umziehen. Groundswell prognostiziert, dass zwischen 6 und 8 Millionen dies bis 2050 tun werden, oder 11-13% der prognostizierten Bevölkerung, anteilig mehr als in jedem anderen westafrikanischen Land.Am Rand von Niamey, der Hauptstadt von Niger, sieht es schon heute so aus, als ob die Dörfer in die Stadt gezogen sind. Wellen von Dorfbewohnern sind angekommen, vor allem wegen der Klimaveränderungen. Gruppen aus runden Holzhütten sind entstanden. Kühe und Ziegen weiden im Schatten angebunden.
Die Jahreszeiten sind nicht mehr so gut wie früher. Es ist heißer und die Regenfälle scheitern oft", sagt Ganso Seyni Ali, der Chef einer Gruppe von Hirten aus dem ländlichen Niger. Er ist mit der Hälfte seines Heimatdorfes - über 150 Familien - dauerhaft in die Stadt gezogen. Für einen Besucher aus einem reichen Land sieht ihre Siedlung düster aus. Sie haben kein Recht auf das Land, das sie besetzen, und werden regelmäßig vertrieben. Aber die Stadt ist sicherer als das Land, wo Hirten und Bauern ständig im Streit um schwindende Weide und Wasser kollidierten. Herr Ali beschreibt tödliche Kämpfe, die mit Waffen, Pfeilen und Macheten geführt wurden. In der Stadt ist ein solcher Streit selten, zum Teil, weil das Leben weniger verzweifelt ist. Die Gruppe von Herrn Ali hat sich schnell an ihre neue Umgebung angepasst. Sie bringen ihre Kühe außerhalb der Stadt, um zu grasen, und finden zusätzliches Futter, indem sie an Türen klopfen, um nach Gemüseresten zu fragen. Sie haben es, mit den vielen Kunden in der Nähe, einfacher, Milch zu verkaufen. ……. Viele seiner Gruppe haben auch Arbeit gefunden. "Hier ist es besser. Es gibt Arbeit", sagt Ali Soumana, ein ehemaliger Viehzüchter, der jetzt Ziegel produziert. Früher im Dorf hatte er nicht genug zu essen; jetzt schon."
Nicht nur in Niger ist die Armut in Städten, verglichen mit den Dörfern, meist weniger dramatisch. Die Löhne sind höher und hängen weniger vom Wetter ab. In vielen Dörfern besuchten fast keine Kinder die Schule. In der Stadt, wo die Schulen leichter zu erreichen sind, schicken sie ihre Kinder eher zum Lernen.
In Niamey ist diese Zahl auf 30% oder so gestiegen, schätzt er. Das mag niedrig sein, aber es ist ein Fortschritt. In Niger als Ganzes besuchen städtische Kinder die Grundschule doppelt so häufig wie ihre ländlichen Altersgenossen und fast viermal so häufig die Sekundarschule.
Womit es dann leichter wird, gut bezahlte Arbeit zu finden. Auch die Gesundheitsversorgung ist in der Regel in den Städten besser. Die größte positive Veränderung kann man bei den Geburtenraten erwarten.
In Subsahara-Afrika haben ländliche Frauen im Durchschnitt jeweils 5,8 Babys, während städtische Babys nur 3,9 bekommen. … Die Klimamigration könnte also das Bevölkerungswachstum an einigen Orten, an denen es am höchsten ist, reduzieren.
Die durch den Klimawandel beschleunigte Urbanisierung wird voraussichtlich auch den kulturellen Wandel beschleunigen – was in seinen Folgen nicht unterschätzt werden darf. Nigers Bevölkerung z. B. ist immer noch zu mehr als 80 % ländlich. Dies Dörfer sind oft Orte, in denen alte Männer starr an alten Traditionen festhalten. Die etwa Frauen unterdrücken, aber auch jede sonstige Innovation behindern. In der großen Stadt mit ihrer zunehmenden Individualisierung, der Freiheit, eigene Wege zu gehen, wird deren Macht und Einfluss schwächer.
Der Klimawandel könnte also Menschen dazu bringen, die Entscheidung für eine Migration vorzuziehen, die sowieso lange schon in ihrem Interesse gewesen wäre.
Eine Studie in Kenia im Jahr 2020 ergab, dass die Menschen auf dem Land unterschätzen, wie hoch die Löhne in der Hauptstadt sind, so dass sie sich dadurch eher weniger wahrscheinlich dort hin bewegen.
Es wäre also zu überlegen, die Politik, die sich an die geschätzten 475 Millionen kleinen Bauernhöfe der Welt richtet, zu verändern. Bisher konzentrieren sich die Anstrengungen tendenziell darauf,
ihnen zu helfen, dort zu bleiben, wo sie sind, indem sie klimafreundlichere landwirtschaftliche Techniken anwenden. Das kann nützlich sein. Aber viele dieser kleinen Farmen werden aufgrund des Klimawandels schließlich nicht mehr nachhaltig wirtschaften können. Viele Landwirte müssen die Landwirtschaft aufgeben, andere Arbeitsplätze finden und sich auf größere, kapitalintensivere Betriebe für Lebensmittel verlassen.
Und so schlagen Wissenschaftler wie Sam Huckstep und Michael Clemens vom Centre for Global Development einem Thinktank in Washington, vor,
dass die Regierungen den Verkehr zwischen Stadt und Land subventionieren, den ländlichen Menschen darlegen sollten, wie viel städtische Arbeitsplätze bezahlen und ihnen helfen sollten, bei ihrer Ankunft in der Stadt Arbeit zu finden. Sie sollten auch staatliche Leistungen übertragbar machen, damit Migranten sie nicht verlieren, wenn sie umziehen.
Die Herausforderungen des Klimawandels, sowohl seine Verringerung als auch die Anpassung an das doch nicht zu Vermeidende, sind gewaltig. Gerade deswegen sollte man beides proaktiv und gesteuert tun. Und so schließt der Artikel:
All dies mag beängstigend erscheinen. Doch wenn man sich die Klimamobilität "als einen Prozess vorstellt, der in den nächsten hundert Jahren abläuft, ist sie viel weniger beängstigend", sagt A.R. Siders von der Universität von Delaware. "In hundert Jahren werden die Dinge ganz anders aussehen ... Sich gegen den Wandel zu wehren, ist also unsinnig."
Wie so oft in der langen Geschichte der Menschen wird ein Klimawandel, diesmal durch seine Verursacher erfolgreich begrenzt und bewältigt, dann sogar zum Entwicklungsbeschleuniger.
Quelle: The Economist EN www.economist.com
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Sehr guter nüchterner Blick auf den Gesamtprozess - danke!
Gute Ergänzung:
"Die Migration innerhalb Afrikas und jene von Afrika nach Europa hat zugenommen. Laut IOM betrug das Gesamtwachstum der Migration auf dem Kontinent in den letzten zwanzig Jahren 76 Prozent, das ist mehr als in jeder anderen Weltregion. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. In welchem Ausmass das passiert, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Dazu gehören unter anderem die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort, die Sicherheitslage, die Folgen des Klimawandels sowie der Umgang mit dem starken Bevölkerungswachstum auf dem Kontinent.
Immer mehr afrikanische Fachkräfte: Wie viele Afrikaner nach Europa kommen, wird überdies von der europäischen Migrationspolitik abhängen. Das gilt zum einen mit Blick auf die Eindämmung der Migration über das Mittelmeer. Mehr noch gilt dies inzwischen aber mit Blick auf die legale Arbeitsmigration aus Afrika. In den letzten Jahren haben einige europäische Länder ihre Bemühungen um afrikanische Fachkräfte intensiviert. Schon heute reisen deutlich mehr Afrikanerinnen und Afrikaner mit einem fixen Arbeitsvertrag oder einem Studienplatz nach Europa als mit der Absicht, einen Asylantrag zu stellen. Die gefährliche Migration übers Mittelmeer hat deshalb im Vergleich zur Gesamtmigration zwischen Afrika und Europa an Bedeutung verloren.
Global Britain: Ein ausgeprägtes Beispiel dieser Entwicklung ist Grossbritannien. Hier übertraf die Zahl der Arbeitsvisa, die 2022 Afrikanerinnen und Afrikanern gewährt wurde, die Zahl der afrikanischen Asylbewerber um ein Hundertfaches. Das zeigt etwa der Fall Nigerias: Im Jahr 2022 erhielten 50 000 Nigerianer britische Arbeitsvisa und 125 000 Nigerianer britische Studentenvisa. Derweil belief sich die Zahl der Asylanträge von Nigerianern in Grossbritannien in derselben Zeitspanne auf 760.
Migration Hump: Ein Hauptgrund, weshalb die Migration in und aus Afrika weiter zunehmen dürfte, ist der sogenannte Migrationsbuckel («Migration Hump»). Dessen Logik wird in Europa häufig missverstanden oder verdrängt – wohl auch deshalb, weil sie für viele eine unbequeme Wahrheit darstellt. Sie besagt, dass mehr Entwicklung und steigende Einkommen in einer ersten Phase nicht zu weniger, sondern zu mehr Migration führt. Der Grund: In sehr armen Ländern fehlt den Menschen schlicht das Geld, um die Migration finanzieren zu können. Ein Rückgang der Migration findet erst wieder statt, wenn ein Land ein deutlich höheres Entwicklungsniveau erreicht hat. Mit anderen Worten: In vielen afrikanischen Staaten, in denen das Einkommensniveau steigt, dürfte auch die Zahl jener steigen, die ihr Land nicht nur verlassen möchten, sondern es tatsächlich auch tun."
https://www.nzz.ch/int...