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Kurator'in für: Europa Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953
Studium der Elektrotechnik und Elektronik
Forschung / Lehre auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Innovationstheorie
Entwicklung von Forschungsprogrammen im IKT-Sektor für verschiedene Bundesministerien und Begleitung der Programme und Projekte - darunter Smart Energy, Elektromobilität, netzbasiertes Lernen, Industrie 4.0
Nun im Un-Ruhestand
Wir leben in offensichtlich komplizierten Zeiten, in denen sich viele Herausforderungen und Konflikte verknäueln. Was für unsere in viele Gruppen und Subsysteme ausdifferenzierten Gesellschaften eine besondere Herausforderung zu sein scheint. Entsprechend hoch schlagen die Wellen der Auseinandersetzungen, die Streitkultur liegt eher danieder. Schuld sind immer die anderen, besonders die Politik. In Deutschland schießen sich Medien und gesellschaftliche Gruppen auf die Ampel ein, die ja durchaus Partner mit widersprüchlichen Konzepten umfasst. Im MERKUR stellt Uwe Schimank eine etwas tiefer bohrende Frage:
Könnte es sein, dass mit der »Ampel« genau jene Konstellation politischer Positionen zusammen zu regieren versucht, die jetzt und in den kommenden Jahrzehnten – sofern wir es schaffen, bis dahin als demokratische Gesellschaft zu überleben – von den objektiven Problemlagen her gefordert ist? Und wenn ja: Liegt die Fragilität einer solchen Koalition dann womöglich weniger an den zumeist dafür als Ursachen herangezogenen kontingenten personellen Besetzungen, tagespolitischen Ereignissen und Pfadabhängigkeiten der deutschen Parteienlandschaft als vielmehr daran, dass die Hyperkomplexität des zu bewältigenden Problemknäuels strukturell fortwährenden Streit über den richtigen Weg generiert?
Hat die Harmonie der Merkel-Jahre diese Probleme nur kaschiert, die Lethargie der Gesellschaft dabei gut verborgen? Sind die Auseinandersetzungen der Ampelpartner ein notwendiger Ausdruck der konfliktreichen Suche nach gesellschaftlichen Lösungen? Natürlich ohne Garantie und leider oft begleitet von einem unsäglichen, zänkischen, übermoralisierenden Sound in den Medien?
Schimank bietet zur Beantwortung dieser Fragen sozialwissenschaftliche Perspektiven und Konzepte an. Er versteht moderne Gesellschaften als soziale Systeme, deren Fortbestand (Krisenresilienz und die Fähigkeit zum selbst gestalteten Wandel) von der Fähigkeit der permanenten Bewältigung von drei Grundproblemen gesellschaftlicher Integration abhängt.Die erste Problemlage ist die Sozialintegration:
Die Mitglieder jeder Gesellschaft müssen sich in deren Ordnung fügen – also vor allem geltende Normen beachten, auch wo es schwerfällt, anstatt um des eigenen Vorteils willen rücksichtslos unmoralisch oder kriminell zu agieren oder gar am Umsturz der gesellschaftlichen Verhältnisse zu arbeiten.
Die zweite Problemlage ist die Systemintegration, Luhmann lässt grüßen:
Die Teilsysteme oder Sphären der modernen Gesellschaft wie Wissenschaft, Bildung, Gesundheitswesen, Recht und – im Weiteren vor allem von Bedeutung – Wirtschaft müssen in ihren jeweiligen Leistungsproduktionen funktionstüchtig sein und dürfen einander zugleich nicht unabgestimmt in die Quere kommen.Als drittes und zunehmendes Problemfeld sehen wir die ökologische Integration: Sie beinhaltet die Aufgabe, das gesellschaftliche Geschehen nachhaltig in die natürliche Umwelt einzufügen,
anstatt so auf diese einzuwirken, dass der gesellschaftliche Fortbestand etwa durch Umweltverschmutzung oder Übernutzung nicht erneuerbarer Ressourcen gefährdet wird.Dabei stellt uns die ökologische Transformation, auch in ihrer globalen Dimension, vor ganz neue nicht nur wissenschaftlich und technologisch Herausforderungen. Sie wirkt auf alle anderen Integrationsebenen ein, es gibt dramatische Zielkonflikte und nationale Problemlösungen sind für sich genommen nicht ausreichend.
Man kann schließlich nicht erwarten, dass das, was für Sozialintegration gut oder sogar unumgänglich ist, immer auch der Systemintegration und der ökologischen Integration nützt, und das gilt umgekehrt natürlich genauso. Auch wenn solche Win-win-Situationen gelegentlich vorkommen, wäre es fahrlässig, darauf zu setzen. Realistischer ist es, sich vor Augen zu führen, dass es immer wieder Zielkonflikte zwischen den drei Integrationsdimensionen geben wird, also Nutzen in einer Richtung mit Schaden in anderen Richtungen einhergeht; und das kann bei Gestaltungsmaßnahmen zu schwierigen Abwägungen bis hin zu tragischen Dilemmata führen.Ein weiteres Problem, auf das der Artikel verweist, es geht nicht um mehr oder weniger Integration, sondern ein Optimum an Integrationen. Nicht z. B. um den Streit für mehr oder weniger Staat oder Wirtschaft, sondern um das effektivste Verhältnis zwischen beiden. Das verkompliziert auch die Dualität von Kapitalismus und Wohlfahrtsstaat. Es galt und gilt:
Die sozialpolitischen Eingriffe in die kapitalistische Wirtschaft durften freilich nicht zu weit gehen. Hier kommt die gesellschaftliche Systemintegration ins Spiel – also die Sicherstellung des Funktionierens der kapitalistischen Wirtschaft.Technologische Innovation, Investition, Profit und Massenproduktion sind eng verflochten mit Massenproduktion und -konsum. Die Arbeiter begrüßten den "gesellschaftlichen Fortschritt, vor allem die 'ungeheure Warensammlung' (Marx) des Kapitalismus", durchaus, sobald sie diese mit den erkämpften höheren Löhnen erst einmal bezahlen konnten. Es begann ein selbst verstärkender Prozess, der aber dramatische ökologische Implikationen hatte. Die Frage, kann man diese Probleme ohne kapitalistische Wirtschaft (natürlich in einer anderen technologischen Qualität und Ressourcen-Logik) überhaupt lösen?
Mit einer wachstumsausgerichteten kapitalistischen Wirtschaft im Zentrum ist die gesellschaftliche Systemintegration letztlich erfolgreich aufrechterhalten worden, wenn auch selten einvernehmlich, sondern meist in heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Protagonisten von Kapital und Arbeit.Immer wieder wurden der wirtschaftlichen Dynamik Zugeständnisse an gesellschaftliche Sozialintegration abgerungen und umgedreht. Wir wissen nicht, ob und wie sich diese Balance von System- und Sozialintegration zukünftig stabil halten lässt. Wichtig bleibt, so Schimank, dass
sich alle Beteiligten der Prekarität dieser Balance und der zugrundeliegenden Wirkungszusammenhänge bewusst sind, desto wahrscheinlicher wird es, dass sie versuchen, ihre Handlungsmöglichkeiten in stabilisierender Absicht zu nutzen. Ob das dann ausreicht, um den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern, bleibt eine offene Frage. Mehr aber können wir nicht tun.Mit der aktuellen Balance-Konstellation zwischen Sozial-, System- und ökologischer Integration ist es um einiges schwieriger als das Lösen der sozialen Fragen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Lernen wir dabei aus den fehlgeschlagenen, oft radikalen Versuchen wie Faschismus, Sozialismus bis hin zu Maoismus. Wären wir nur Zuschauer des heutigen Geschehens,
könnten wir uns zurücklehnen und sagen: Es bleibt spannend! Leider widerfährt uns das Geschehen, und wir haben je individuell und auch kollektiv verdammt wenig Einwirkungsmöglichkeiten darauf. Jetzt müssen wir sogar auf diese Ampel hoffen.Und nicht nur auf die Lernprozesse der Ampel. Auch auf unsere eigenen als Wähler und Bürger. Müssen wir nicht auch unsere Kommunikation viel rationaler gestalten? Damit wir u. a. der radikalen Versuchung widerstehen, einfachen ideologischen Lösungen nicht zu trauen. Von den Lernprozessen der restlichen Welt ganz abgesehen.
Quelle: Uwe Schimank www.merkur-zeitschrift.de
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die berühmten Zielkonflikte... was mir aber auffällt, dass immer weniger dem Bürger zugemutet werden soll, wieso eigentlich? Bürger als Bürger (=erwachsen, gebildet, demokratisch) wollen und sollten auch ernstgenommen werden, das darf aber nicht zur Ausrede verkommen, jedem Wutbürger "seine Sorgen" zu verhätscheln.