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Volk und Wirtschaft

Habeck und das süße Gift der Subventionen?

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlFreitag, 04.10.2024
Der Bundesrechnungshof kritisiert die Subventionspraxis des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck. So heißt es dazu in der ZEIT:
Laut Rechnungshof liefen zuletzt fast drei Viertel der Finanzhilfen des Bundes über den Etat des Wirtschaftsressorts. Für den Zeitraum zwischen 2019 und 2023 entsprach das demnach einem Volumen von insgesamt 33 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr soll das Wirtschaftsministerium über 10,3 Milliarden Euro verfügen können. ….-
Die Umgehung von regierungsinternen Leitlinien für die Befristung von Subventionen durch das Ministerium schränke "den Gestaltungsspielraum des Haushaltsgesetzgebers ein", kritisierten die Rechnungsprüfer und wird zu einer weiteren "Versteinerung" des Bundeshaushaltes führen. Andere, wie der hier empfohlene Kommentar von Johannes C. Bockenheimer in der NZZ, werten die Subventionspraxis wesentlich härter und grundsätzlicher:
Der deutsche Wirtschaftsminister bringt einzelne Unternehmen und ganze Branchen in seinen Einflussbereich. Doch am Ende seines Plans steht nicht der klimaneutrale Wohlfahrtsstaat, sondern der Kollaps.
Es ist nicht so, dass Habeck keine Probleme erkennt, aber offensichtlich tut er dies sehr selektiv. Vor fünf Jahren soll Habeck z.B. Volkswagen gewarnt haben: "Wer im Jahr 2025 kein Elektroauto für unter 20 000 Euro anbiete, werde im Markt scheitern." Wie man das in einem Land mit hohem Preisen und Löhnen in so kurzen, politisch vorgegebenen Zeiträumen schaffen kann, dieses Geheimnis verrät er nicht. Und in der Tat scheint es nun so,
als stünde VW gegenwärtig nah dran am Scheitern. Die Verkaufszahlen sind mau, die Geschäftszahlen sind mies, und das Management denkt über Werkschliessungen und Entlassungen nach. Für das günstigste Strommodell von VW werden derweil rund 40 000 Euro fällig.
Und das gilt offensichtlich nicht nur für VW, die Produktion in der gesamten deutschen Industrie bleibt rückläufig. Nun ist das noch kein Kollaps und man kann nicht alles dem Wirtschaftsminister und Vizekanzler anlasten. Aber man muss reagieren. Auch auf die sich ausbreitende staatliche Industriepolitik in den USA, China und in Europa. So wirft etwa die EU-Kommission China vor, 
die gesamte Wertschöpfungskette für Elektroautos stark zu subventionieren und den Markt so zu verzerren. Deshalb will die Kommission Zusatzzölle einführen, die in manchen Fällen voraussichtlich mehr als 35 Prozent betragen. Nach Angaben der EU-Kommission sind chinesische Elektroautos normalerweise etwa 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte Modelle.
Die Frage stellt sich - unter welchen Umständen sind welche Subventionen der richtige Weg aus der Misere? Dazu die NZZ:
Doch kaum jemand betreibt diesen neuen Interventionismus mit solchem Eifer wie Deutschlands Wirtschaftsminister. Wo andere Pragmatismus walten lassen, sieht Habeck offenbar seine Mission: den Staat zum Dirigenten der Wirtschaft zu machen. Er werde «aktiv dafür sorgen», dass die Schlüsselindustrien im Land blieben, sagte Habeck nach Amtsantritt. Kurz darauf schob er ein langes Strategiepapier nach. En détail diktierte er darin, dass in Deutschland auch weiterhin Glas geblasen, Zement gemischt und Papier geschöpft werden müsse.
Kann diese enge inhaltliche Steuerung der Transformation einer ganzen Volkswirtschaft hin zur Klimaneutralität, die stark an Planwirtschaft erinnert, funktionieren? Was herauskommt
wenn der Staat Milliarden verteilt, die an Vorgaben dazu geknüpft sind, was, wie und zu welchem Preis produziert werden soll
könnten wir aus den Erfahrungen des real existierenden Sozialismus wissen.
In der Regel kein innovatives Produkt, das von Konsumenten nachgefragt wird – und damit auch keine reale Wertschöpfung.

Was man, wie Bockenheimer schreibt, nun bei VW wieder klassisch beobachten kann.

Aus Furcht, bei der nächsten Förderrunde leer auszugehen, hat sich der Konzern lieber dem Druck aus dem auch politisch besetzten Aufsichtsrat gebeugt als sich den Erwartungen der Kunden und dem Wettbewerb der Konkurrenz zu stellen.

Und es geht weiter. Auf dem letzten Autogipfel versprach Habeck den Autoherstellern weitere Hilfen. 

Was zeigt: Ein Markteingriff kommt selten allein, sondern zieht immer neue Interventionen nach sich.
Der Versuch sich wie Münchhausen mit staatlichen Geldern an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen setzt einen Kreislauf in Gang. Die Gefahr, immer mehr Geld bringt immer weniger Wirkung ….

Habeck und das süße Gift der Subventionen?

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Kommentare 13
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 3 Monaten

    Ohne Subventionen ist der Aufstieg Chinas nicht zu verstehen.

    Ohne staatliche Aufträge wäre das heutige Internet anders:
    https://de.wikipedia.o...

    Die "freiheitliche Wirtschaftsordnung", was hier wohl Marktextremismus heißt, bedroht sich und die Gesellschaft erneut.
    Dazu dieser Pick:
    https://forum.eu/zeitg...

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 3 Monaten · bearbeitet vor 3 Monaten

      Ehrlich gesagt, finde ich diese Art der ideologischen Argumentation etwas mühselig. Der Artikel und auch ich fordern weder die Einstellung aller Subventionen noch behaupten wir das China's Aufstieg ohne Subventionen. möglich gewesen wäre. Auch staatliche Aufträge oder Förderung wird nicht infrage gestellt. Ebenfalls ist es eine Unterstellung, die Forderung dem Markt als Informationssystem zu nutzen, sei Marktradikalismus. Die DDR hat den Versuch Preise staatlich zu planen und damit das Informationssystem Markt außer Kraft zu setzen bitter gebüßt. Der Versuch, staatliches Handeln dadurch unangreifbar zu machen, in dem man der Kritik daran unterstellt, sie wolle quasi den Staat ganz abschaffen, zeigt entweder, dass man nicht lesen kann oder nicht lesen und argumentieren will. Es ist ja nicht so, das Staaten aller Couleur nicht immer wieder an ihren Fehlern gescheitert sind. Fehler so schief zu verneinen macht m.E. Kommunikation und Demokratie unmöglich ….

  2. Jörg Freisler
    Jörg Freisler · vor 3 Monaten

    Tut mir leid, die NZZ ist soweit nach rechts abgedriftet, die ist zu tendenziös, als dass man aus dieser zitieren kann.

    Falsch ist auch: "Für das günstigste Strommodell von VW werden derweil rund 40 000 Euro fällig." Der ID.3 kostet € 29.700.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 3 Monaten

      Die Einordnung links oder rechts ersetzt leider kein Argument….
      Was den ID3 betrifft, ist das wohl der Preis mit Nachlass ohne alle Zusatzosten (Zulassung etc.) Also ein subventionierter Preis. Wie weit das von den Produktionskosten entfernt ist, wäre interessant.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 3 Monaten · bearbeitet vor 3 Monaten

      Bei der Einführung des neuen I D3 vor einigen Monaten schrieb der ADAC:

      „Allerdings ist der Preis auch weiter
      gestiegen, die getestete Variante kostet schon ohne Extras 47.595 Euro, der gut und sinnvoll ausgestattete Testwagen gar 59.595 Euro. Und statt wie zuvor bei rund 38.000 Euro startet der Basis-ID.3 nun bei 39.995 Euro.„
      Dieser Preis dürfte wesentlich näher an den Kosten liegen, als die nun subventionierten 29.000 €. Die erscheinen eher als Ramsch-Preis. Um überhaupt verkaufen zu können.
      https://www.adac.de/ru...

    3. Jörg Freisler
      Jörg Freisler · vor 3 Monaten

      @Thomas Wahl Offenbar ist es günstiger, Fahrzeuge mit solchen Rabatten zu verkaufen, als Milliarden-Strafen zu zahlen.

      Wie die europäischen Autohersteller gegen China konkurrieren wollen, ist eine ganz andere Frage.

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 3 Monaten

      @Jörg Freisler Kein Unternehmen kann längere Zeit seine Produkte unter den Kosten verkaufen oder Milliardenstrafen bezahlen, die über den Einnahmen liegen. Und natürlich hängt das alles auch damit zusammen, wie europäische Autohersteller mit China konkurrieren. Das ist keine ganz andere Frage. Wenn es uns nicht gelingt Autos für den Weltmarkt zu produzieren, was direkt mit den Kosten und Löhnen zusammenhängt, dann wird es keine europäischen Automobilhersteller mehr geben. Oder nur noch wenige Hersteller von Nischenprodukten für den geschlossenen europäischen Markt.

  3. Andreas Leiner
    Andreas Leiner · vor 3 Monaten

    Das Ergebnis einer wirtschaftsliberalen, nicht subventionistischen Wirtschaftspolitik kann man in England oder im Rustbelt der USA betrachten. Zwischen dieser Politik und der Planwirtschaft der DDR gibt es noch viele Abstufungen. Wir müssen da sicherlich noch viel lernen, um die genannten unerwünschten Effekte zu verringern, aber blind auf den Markt zu vertrauen, ist der falsche Weg.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 3 Monaten · bearbeitet vor 3 Monaten

      Ja, blind auf den Mark zu vertrauen geht auch nicht. Das verlangt ja auch kein vernünftiger Mensch. Zumal der Markt immer durch die Gesellschaft gestaltet ist - so oder so. Und im Ergebnis scheinen sich hochsubventionierte, sprich geplante Wirtschaften sowie mehr oder weniger ungeplante Wirtschaften ja zu gleichen. Industriezweige und Regionen gehen pleite, am Ende steht oft der Kollaps. Und natürlich müssen Industrien am Ende ihres "Lebenszyklus". auch sterben - siehe Kohle. Man braucht allerdings eine wirtschaftliche Alternative. Es kommt also immer auf die Mischung und den Maßstab an. Und auf den Mind, den kulturellen "Zustand" der Gesellschaften? Was erzählt sich ein Volk über sich und seine Zukunft? Was erwartet es von sich, was von seinen Politikern? Von seiner Jugend, den Migranten? Vollversorgung? Aufbruch?

  4. Jürgen Klute
    Jürgen Klute · vor 3 Monaten

    Schon mal drüber nachgedacht, dass auch der Bundesrechnungshof eine politische Agenda verfolgen könnte?

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 3 Monaten · bearbeitet vor 3 Monaten

      Jeder verfolgt wahrscheinlich, bewußt oder nicht, eine politische Agenda. Also was besagt diese Binsenweisheit?

  5. Gabriele Feile
    Gabriele Feile · vor 3 Monaten

    Die Grünen sind einfach an allem schuld. *Ironie off*

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 3 Monaten

      Von den Grünen wird doch gar nicht gesprochen?

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