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Volk und Wirtschaft

Der Kapitalismus hat mehr Vor- als Nachteile?

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlSamstag, 16.03.2019

Vor Kurzem habe ich bereits einen Artikel zu Werner Plumpes Geschichte des Kapitalismus empfohlen. Ging es dort im gewissen Sinne um eine Methodenkritik, bringt jetzt die SZ eine Rezession, die eher eine Inhaltswiedergabe ist. Insofern ergänzen sich die beiden Darstellungen. Interessant auch, wie unterschiedlich die Einschätzungen ausfallen.

Die Rezession der SZ stellt heraus, der Kapitalismus erkauft die Vorteile seiner immer kapitalintensiveren Wirtschaft und den daraus entstehenden preiswerten Waren für „Jedermann/-frau“ mit den Nachteilen der Abhängigkeit der Arbeit. 

Das ist kein Widerspruch, der den Kapitalismus irgendwann zwingt, sich selbst aufzuheben, sondern eine unvermeidliche Randbedingung einer Massenproduktion für den Massenkonsum, die ohne massiven Kapitaleinsatz nicht möglich ist. Karl Marx stellte sich vor, dass die Vergesellschaftung der Produktionsmittel zu einer humanen Gesellschaft führt, die ohne dieses Moment der Abhängigkeit auskommt, doch Plumpe argumentiert mit John Maynard Keynes, dass eine kapitalintensive Industrie hohe Investitionsquoten voraussetzt, die wiederum nur möglich sind, wenn dem Produktionsprozess ein Vermögen entnommen wird, das gespart und reinvestiert werden kann.

Soziale Ungleichheit ist diesem Mechanismus generisch eingeschrieben. Die einen arbeiten abhängig und können dadurch auf steigendem Niveau konsumieren. Die anderen lassen arbeiten und investieren (Risiko und Luxuskonsum eingeschlossen). Beide Seiten bedingen sich gegenseitig und benötigen entsprechende Rahmenbedingungen. Das ändert sich auch nicht, wenn das Privateigentum der Produktionsmittel nicht mehr grundsätzlich in den Händen einzelner Eigner liegt, sondern unter einer Menge von Aktionären, Pensionsfonds und Ähnlichem breit gestreut wird. 

Die Frage stellt sich, ob man diesen Mechanismus ohne privates Eigentum denken und realisieren könnte, ohne die wirtschaftliche und soziale Dynamik zu verlieren?

Der Kapitalismus hat mehr Vor- als Nachteile?

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Kommentare 14
  1. Gunnar Sohn
    Gunnar Sohn · vor mehr als 5 Jahre

    "Das ändert sich auch nicht, wenn das Privateigentum der Produktionsmittel nicht mehr grundsätzlich in den Händen einzelner Eigner liegt, sondern unter einer Menge von Aktionären, Pensionsfonds und Ähnlichem breit gestreut wird." Wo gibt es denn die breite Streuung? Es dominieren die institutionellen Anleger mit ihren Exit-Strategien - grauer Finanzmarkt, der endlich reguliert werden sollte.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

      Institutionelle Anleger sind ja selbst „nur“ Mittler. Und Aktiengesellschaften eben hochvergesellschaftete Unternehmen, die sehr kapitalintensive Produktion ermöglichen. Was durch die komplexen Technologien auch erzwungen wird.

    2. Gunnar Sohn
      Gunnar Sohn · vor mehr als 5 Jahre

      @Thomas Wahl Jep. Dahinter stehen dann irgendwelche steinreiche Vulgärkapitalisten, denen zweistellige Renditen versprochen werden. Geschützt über Briefkastenfirmen in den Steueroasen.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

      @Gunnar Sohn Bei welchen Aktien gibt es zweistellige Renitente versprochen? Würde ich sofort kaufen.

    4. Gunnar Sohn
      Gunnar Sohn · vor mehr als 5 Jahre

      @Thomas Wahl Bei Geschäften des grauen Finanzmarktes, die über Fonds laufen. Ich weiß nicht, ob Du diese feine Gesellschaft wirklich suchst....Bei meinen Recherchen wurde und werde ich von netten Herren begleitet, die in großen Anwaltskanzleien tätig sind mit einem riesigen Briefkopf. Die Recherchen sind aber dennoch veröffentlicht worden.

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

      @Gunnar Sohn Also geht es nich um Aktiengesellschaften und Produktivkräfte sondern um reine Wetten oder Betrug. Das findet man natürlich auch und überall.

    6. Gunnar Sohn
      Gunnar Sohn · vor mehr als 5 Jahre

      @Thomas Wahl Das spielt sich leider auch in AGs ab.

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

      @Gunnar Sohn Ja, es ist nicht kapitalismustypisch sondern menschlich ..... Wenn man natürlich alles, was in dieser Gesellschaft nicht den Idealvorstellungen entspricht, dem „Kapitalismus“ zuschreibt, dann erübrigt sich jede theoretische Analyse und jede Wissenschaft darüber.

    8. Gunnar Sohn
      Gunnar Sohn · vor mehr als 5 Jahre

      @Thomas Wahl Nun ja. In der theoretischen Analyse kommt der Faktor Macht ein wenig zu kurz. Insofern erübrigt sich die Wissenschaft nicht, wenn man solche Tendenzen empirisch unter die Lupe nimmt.

    9. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

      @Gunnar Sohn Einverstanden, nur man sollte eben nich alles unter dem Stichwort „Kapitalismus“ abhandeln.

  2. Gunnar Sohn
    Gunnar Sohn · vor mehr als 5 Jahre

    Rezession?

  3. Frederik Fischer
    Frederik Fischer · vor mehr als 5 Jahre

    Der Widerspruch erscheint mir konstruiert: „Karl Marx stellte sich vor, dass die Vergesellschaftung der Produktionsmittel zu einer humanen Gesellschaft führt, die ohne dieses Moment der Abhängigkeit auskommt, doch Plumpe argumentiert mit John Maynard Keynes, dass eine kapitalintensive Industrie hohe Investitionsquoten voraussetzt, die wiederum nur möglich sind, wenn dem Produktionsprozess ein Vermögen entnommen wird, das gespart und reinvestiert werden kann.“
    Der Staat ist durch die Möglichkeit Geld, bzw Kapital zu schöpfen, sowie sein Gewaltmonopol kein beliebiger Marktakteur, bzw „Kapitalist“

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

      Auch der Staat kann nicht beliebig Geld schöpfen. Und geschöpftes Geld wird erst zu Kapital, wird erst produktiv, wenn es in entsprechende Industrien fließt und Warenprodukion entsteht. Dann muß das als Kredit geschöpfte Geld sich realisieren.

      Und unabhängig von der Geldform, muß dieser Prozeß einen materiellen Mehrwert erzeugen. Und die Ressourcen dazu sind gewaltig, wie wir an den Stoff- und Energieflüssen unserer Gesellschaften sehen. Eine Gesellschaft, die zur Produktion mehr Ressourcen benötigt als „hinten“ Güter rauskommen, kann nicht funktionieren. Also die Abhängigkeit der Arbeit von den industriellen Systemen bleibt ....

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

      Marx diskutiert das übrigens sehr schön hier unter den „Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei“ http://www.mlwerke.de/...
      So ab Abschnitt 18 .....

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