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Wie die USA mit schmutzigen Wahltricks die Demokratie gefährden

Susanne Franzmeyer
Piqer für Radio Features
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Susanne FranzmeyerSonntag, 30.10.2022

Noch hängt einem das Gepolter von Trump über die vermeintlich manipulierte Präsidentschaftswahl im Ohr. Dass es größtenteils die Republikaner sind, die durch ausgeklügelt berechnete neue Wahlkreisgrenzen – in den USA hat sich ein eigener Begriff dafür etabliert – oder durch andere erschwerende Umstände dafür sorgen, dass bestimmten Wählergruppen der Gang zur Wahl erschwert wird, zeigt Tom Schimmeck in seinem ungemein spannenden Feature "Die Dirty Tricks der Demokratie - Wahlmanipulation in den USA". 

"Das Brannan Center for Justice in New York beobachtet in fast allen Bundesstaaten rigorose Maßnahmen zur Behinderung der Stimmabgabe vor allem von republikanischer Seite. Allein 2021 zählten die Fachjuristen über 440 neue Gesetzentwürfe. (...) Ziel der Republikaner sei es, die hohe Wahlbeteiligung, die 2020 Joe Bidens Präsidentschaft besiegelte, zu drücken. (...) In Georgia gilt neuerdings SB202, ein 98 Seiten starkes Wahlgesetz, das in vielen Passagen wie ein Anti-Wähler-Gesetz daherkommt." 

Die Vorgaben und Forderungen sind absurd. So müsse bisweilen jemand, der einem anderen Wähler in der Warteschlange einen Schluck Wasser reiche, mit bis zu einem Jahr Gefängnis rechnen – auch Angehörige, Freunde oder Wahlhelfer. Es gibt detaillierte Vorgaben, in welchem Umkreis um das Wahllokal herum das Gesetz gilt, ebenso wie in welchem Abstand zu den anderen Wählern in der Schlange. Gerade in Georgia hatten bei der letzten Präsidentschaftswahl viele Wähler stundenlang Schlange stehen müssen. So gibt es etliche Stolperfallen, die Wahlwilligen die Stimmabgabe erschweren. Zwar gibt es auch Aktivist*innen, die aufklären und gezielt versuchen, den Gruppen zu helfen, die von diesen Maßnahmen besonders betroffen sind, doch auch denen werden Steine in den Weg gelegt. 

"Es gibt kein Meldesystem in den USA, weshalb jeder sich aktiv registrieren lassen muss. Vorschriften und Fristen dafür variieren von Bundesstaat zu Bundesstaat (...) 'Da steht, wer falsche Angaben macht, muss 4.000 $ Strafe zahlen.' Texas hat die Strafen gerade verdoppelt, offiziell, um die Wahlen sicherer zu machen. Absurder Nebeneffekt: die Formulare, die Aktivisten vor jeder Wahl bergeweise durchs Land schleppen, um den Menschen die Ausübung ihres Wahlrechts zu ermöglichen, sind jetzt ungültig, weil das falsche Strafmaß draufsteht. Alle Wahlbüros sind gehalten, jeden Antrag auf alten Formularen abzulehnen. Zudem erklärten die texanischen Behörden, sie hätten leider kein Geld für neue. Also haben die Demokraten sie gedruckt."

Effektiver noch ist das sogenannte Gerrymandering, womit das ausgeklügelte Festlegen von Wahlkreisgrenzen bezeichnet wird, das Wahlbereiche so aufsplittet, dass die Chancen für ein gewünschtes Wahlergebnis steigen – oft trotz insgesamt höherer Stimmabgaben für den politischen Gegner. 

"Gerrymandern ist im Grunde eine Trickserei bei der Neueinteilung der Bezirke. In den USA wurde schon immer gerrymandert, solange wir uns erinnern können - seit dem frühen 19. Jahrhundert."

Dieses Vorgehen wird überwiegend in von den Republikanern dominierten Kreisen beobachtet, doch auch die Demokraten haben schon Gerrymandering betrieben. Nur bietet sich ihnen deutlich weniger die Gelegenheit. Die Demokraten arbeiteten aber auch ein neues Bundeswahlgesetz aus, das Wahlen fairer machen soll, den "Freedom to Vote Act". Darin geht es auch um eine Regulierung, die Gerrymandering verhindern soll. Die Republikaner blockieren das Gesetz.

Schimmeck führt viele spannende Gespräche  mit Politiker*innen, Wahlhelfer*innen, Aktivist*innen. Insgesamt bemerke er, dass er in letzter Zeit aus den USA immer wieder auf das Thema Faschismus angesprochen werde. Etwas, was ihm früher nie passiert sei. Einer der Interviewten fasst seine Sorge um die Zukunft der Demokratie in den USA besonders drastisch in Worte:

"Der Ton wird schon seit einem Vierteljahrhundert immer aggressiver, die Leute immer aufgewühlter. Das war schon zu Zeiten der Tea Party spürbar - dann kam Trump. 'Es ist beängstigend. Ich fürchte, das Jahr 2024 könnte unser 1933 werden' - 'So schlimm?' - 'Ja, ich glaube, wir haben hier gerade so etwas wie Hitlers Bierhallenputsch erlebt. Ich bin erschrocken über das, was ich sehe. Es gibt hier gerade viel Verachtung für die Demokratie.' " 

Ein aufwühlendes Feature, das mehr als Beachtung verdient!

Wie die USA mit schmutzigen Wahltricks die Demokratie gefährden

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