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Kurator'in für: Fundstücke Medien und Gesellschaft
Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
Mag es, gute Geschichten zu lesen.
Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.
Vor sechs Jahren schrieb Laila Oudray einen Text, dem die taz einen treffenden Titel gab: "Ausländerin ist nicht mein Beruf". Oudrays Eltern stammen aus Marokko, sie wurde in Deutschland geboren. Das prädestinierte sie offenbar als Expertin für Integration, Rassismus und andere "Ausländerthemen" – doch sie hatte gar keine Lust auf diese Rolle:
Ich will nicht. Und das ist kein Trotz, der da spricht. Das Problem liegt tiefer. Ich bezweifle einfach meine Eignung zur Migranten-Expertin. (…) Ich bin durchaus der Meinung, dass es nötig wäre, andere Perspektiven in die Debatte einzubringen. Gleichzeitig will ich aber nicht, dass es meine ist. Wer hat schon Lust sein gesamtes berufliches Leben auf einem einzigen Thema aufzubauen? Die Quoten-Ausländerin zu sein, die man zur Not immer befragen kann? Also ich nicht.
Mittlerweile hat Oudray ihre Meinung geändert. Ihr damaliger Wutausbruch passe nicht mehr zu ihrem heutigen Ich:
Immer wieder hatte ich das Gefühl, dass mein großkotziger Rant zwar immer noch richtige Aspekte beinhaltet, mich aber vor allem einschränkte. Der Ton, die Aggressivität, die Eindeutigkeit – das war nicht mehr ich.
In ihrem aktuellen Text für die taz reflektiert sie, woher ihre Abneigung gegen das Thema und die Zuschreibung kam. Sie sei überfordert gewesen, zur Repräsentantin und Sprecherin einer gesamten Ethnie erklärt zu werden. Ihre Ablehnung sei auch aus Trotz entstanden:
Also ging ich in die Offensive und entschloss, mich nicht mehr damit auseinanderzusetzen. Ein bisschen erinnerte mich das an eine Trotzreaktion, die ich auch in der Schulzeit zeigte. Ich hatte keine Lust mehr und einfach entschieden: Ich habe keinen Migrationshintergrund mehr, ich bin deutsch wie Rohmilchkäse. Good old Assimilation. Dahinter steckt auch die Hoffnung, dass man sich der Mehrheitsgesellschaft nur genug anpassen muss, nur noch weniger auffallen muss, nur mehr zustimmen muss, um endlich dazuzugehören.
Viele Menschen mit Migrationshintergrund versuchen, in der weißen Mehrheitsgesellschaft unterzugehen. Den wenigsten gelingt es. Auch Oudray erkannte bald, dass sie in den Augen vieler Mitmenschen immer "anders" bleiben würde:
Du kannst tun, was du willst: Ein Fehltritt und du bist wieder nur Ausländer. Ich will meine Existenz nicht mehr politisieren, aber haha, die Politik und die Gesellschaft ist nicht fertig mit mir. Irgendwann musste ich einsehen, dass ich eben anders bin, anders erlebe, anders erlebt werde. Also musste ich mich wohl oder übel damit abfinden, dass ich nie als komplett deutsch wahrgenommen werde und auch nicht bin. Mittlerweile ziehe ich daraus auch meine Kraft.
Diese Erkenntnis hat Oudray auf ihre journalistische Arbeit übertragen. Statt sich bewusst Themen zu suchen, die möglichst gar nichts mit der Biografie ihrer Eltern zu tun haben, gesteht sie sich zu, auch über Migration zu schreiben – selbstbestimmt und nicht, weil es ihr aufgedrängt wird. Und sie fühlt sich gut damit:
Ich empfinde es nicht als Versagen, im Gegenteil. Ich habe meinen Frieden geschlossen mit meiner eigenen Wahrnehmung, meinen Grenzen, meinen Wünschen. Und damit fahr ich ziemlich gut. Wenn jemand eine andere Vorstellung hat, was ich als Migrantin gefälligst tun und lassen kann, kann ich damit besser umgehen. Wenn ich über Migration schreibe, heißt es noch lange nicht, dass ich mich darauf festlege. Ich weiß, was ich kann, und wer das nicht weiß, dem kann ich es auch deutlich machen.
Quelle: Laila Oudray Bild: Dominik Butzmann ... taz.de
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