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Medien und Gesellschaft

Warum Jens Schröder seinen Newsletter nach 1000 Ausgaben einstellt

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
Mag es, gute Geschichten zu lesen.
Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzFreitag, 10.12.2021

Früher war alles besser. Früher lasen Menschen noch richtige Bücher, hingen nicht stundenlang am Smartphone und diskutierten kontrovers, ohne sich zu beleidigen. Früher gab es weniger Hass, keine sozialen Medien und natürlich mehr Lametta.

Mich nervt diese Mischung aus Verklärung und Jammerei. Ganz ohne kommt auch Jens Schröder nicht aus. Er klagt über digitale Diskussionsunkultur und die zunehmend toxische Stimmung im Netz. Trotzdem empfehle ich diese Ausgabe seines Newsletters #trending – denn wer 1000 Ausgaben und vier Jahre lang über Social-Media-Trends schreibt, der kann wohl wirklich gut beurteilen, ob sich in diesem Zeitraum etwas verändert hat.

Laute Minderheiten sorgen in sozialen Netzwerken durch ihre Lautstärke dafür, dass leise Mehrheiten (und Medien) sie zu wichtig nehmen. Was mich besonders bewegt, ist die Eskalation des Tons in den Diskussionen. Gefühlt sind Social-Media-Nutzer und -Nutzerinnen aus allen Richtungen seit dem #trending-Start 2017 immer weniger in der Lage, zuzuhören. Wegen eines aus dem Zusammenhang gerissenen Zitats werden Leute verteufelt – aus der Politik, der Wissenschaft, dem Journalismus und anderen Bereichen.

Ich kann nicht beurteilen, ob sich dieses Phänomen im Laufe der vergangenen Jahre verschlimmert hat, aber grundsätzlich teile ich diese Wahrnehmung. Schröder fragt sich, ob er selbst dazu beigetragen hat:

Ich habe mich in vielen Phasen politischer Aufregerwellen und seit 2020 in vielen Phasen von Corona-Wellen immer wieder gefragt, ob ich dieses Missverhältnis zwischen lauter Minderheit und leiser Mehrheit durch meine Betrachtungen nicht verstärke. Die viel beschworene "Spaltung" der Gesellschaft sehe ich nämlich nicht. Allenfalls einen kleinen Spalt am Rande der Gesellschaft. Egal, zu welchen politischen Aufregern seriöse Umfragen und Studien erstellt werden – die Ergebnisse widersprechen fast grundsätzlich dem Ton in den sozialen Netzwerken.

Davon würde ich ihn freisprechen. Ich habe den #trending-Newsletter immer als differenziert wahrgenommen und oft mit Gewinn gelesen. Deshalb bedaure ich, dass nach der tausendsten Ausgabe Schluss ist. Aber ich kann Schröder vollkommen verstehen und wünsche ihm viele erfüllte Abende:

In meiner Brust schlagen zwei Herzen: Eins, das mir sagt, wie viel Freude es mir auch nach 1000 Ausgaben – meistens – noch macht, für #trending zu recherchieren, meine Rechercheergebnisse aufzuschreiben und einzuordnen. Das andere Herz jedoch sagt mir, dass es nach 1000 Abenden, die ich nicht mit Freunden, Büchern oder Netflix verbracht habe, sondern mit dem Schreiben von #trending, reicht.
Warum Jens Schröder seinen Newsletter nach 1000 Ausgaben einstellt

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