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Medien und Gesellschaft

Prof. Dr. Stefan Homburg: Auch kluge Köpfe verbreiten Corona-Verschwörungsmythen

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
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Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzSonntag, 24.05.2020

Bastian Brinkmann braucht nur drei Sätze, um mich anzufixen: 

Stefan Homburg ist ein kluger Kopf, er formuliert druckreif und zitiert an der passenden Stelle Aristoteles. Homburg leitet das Institut für Öffentliche Finanzen der Leibniz-Universität Hannover, seine Stimme wird in der wirtschaftspolitischen Debatte gehört. Kurz: Homburg ist kein ungehobelter Covidiot, keiner von denen, die die ganze Corona-Krise für eine irre Verschwörung halten. Aber er tritt vor ihnen auf, sie applaudieren ihm.

In diesem Moment will ich unbedingt weiterlesen. Ich stelle mir eine Frage: Wer ist dieser Mensch?

Der Rest des Textes geht dieser Frage nach. Was bringt Homburg dazu, die Statistiken des RKI als Lüge zu bezeichnen, die aktuelle Situation mit der der Anfangszeit des Nationalsozialismus zu vergleichen und Sätze zu sagen wie: "Für mich sind das Sklaven-Masken, mit denen die Bevölkerung psychisch niedergehalten werden soll"?

Bastian versucht, Homburg zu verstehen:

Homburg kann seine Behauptungen sehr eloquent vortragen und ausführlich darüber reden, für das Gespräch mit der SZ nahm er sich eine Stunde und 45 Minuten Zeit, um viele Punkte zu besprechen.

Allerdings weicht Homburg der entscheidenden Frage aus: Warum hat die Bundesregierung Kontaktbeschränkungen beschlossen, wenn sie doch angeblich weiß, dass das nichts bringt? "Das ist eine Frage für Untersuchungsausschüsse und Staatsanwaltschaften", sagt er nur und will auch auf Nachfrage keinen Grund nennen.

Diese für sein ganzes Konstrukt so entscheidende Stelle bleibt damit offen. Auch bleibt ohne Erklärung, warum so viele Regierungen der Welt zum gleichen Schluss gekommen sind und auf Kontaktbeschränkungen setzen. Dazu sagt Homburg, dass auch alle in den Ersten Weltkrieg gerutscht wären.

Die Motive von Homburg bleiben deshalb leider undurchsichtig. Glaubt er wirklich, was er sagt? Genießt er den Applaus und die Aufmerksamkeit? Was dieser Text aber leistet, und warum ich ihn hier piqe: Er zeigt am Beispiel von Homburg, wie man die Aussagen und Rhetorik von Verschwörungserzählerïnnen dekonstruieren kann – unaufgeregt, mit Fakten und viel Einordnung.

Diesen Absatz finde ich beispielhaft für die Berichterstattung über Corona-Quatsch und hoffe, dass sich Kollegïnnen daran orientieren:

In seiner Rede schürte er auch Angst vor Impfungen, ein häufiger Bestandteil von Corona-Verschwörungsmythen. Er legte einen Zusammenhang zwischen anderen Impfungen und der Corona-Pandemie nahe und berief sich – ebenfalls typisch für Verschwörungsmythen – auf scheinbare Autoritäten, deren Angaben aber nicht überprüft werden können: Ein norditalienischer Arzt habe ihm gemailt, erzählte Homburg, es habe in Bergamo im Januar Massenimpfungen gegeben. Homburg sagte, das könne ein Grund für den Covid-19-Ausbruch sein, das müsse man mal genauer recherchieren. Verschwörungsmystiker stellen häufig rhetorische Fragen, um Hypothesen öffentlich zu machen, für die es keinerlei belastbare Indizien gibt: Das wird man doch wohl noch fragen dürfen.
Prof. Dr. Stefan Homburg: Auch kluge Köpfe verbreiten Corona-Verschwörungsmythen

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Kommentare 1
  1. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor mehr als 4 Jahre

    ...ich neige immer häufiger dazu, als Antrieb solcher weltanschaulichen Verrenkungen einfach Angst anzunehmen. Die "klugen" Köpfe, die sich angesichts COV19 auf dieses merkwürdige, brüchige Eis der alternativen Interpretation begeben, häufen sich. Vielleicht ertragen wir es einfach nur schwer, nun letztendlich damit konfrontiert zu werden, dass wir doch nicht getrennt sind vom Rest...die Bedrohung ist nicht mehr irgendwo und nicht mehr irgendwann, sondern wir sind mittendrin. Eine völlig neue Qualität für die allermeisten.

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