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Kurator'in für: Fundstücke Medien und Gesellschaft
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Vergangene Woche sollen in Mülheim an der Ruhr fünf Kinder und Jugendliche eine junge Frau vergewaltigt haben. Zwei der Tatverdächtigen sind zwölf Jahre alt, die anderen drei sind 14. Das Verbrechen hat eine umstrittene Frage neu aufgeworfen: In welchen Fällen sollen Medien die Herkunft von Verdächtigen und Täterïnnen nennen?
Vorab: Ich bin persönlich nicht sicher, ob die Entscheidung richtig ist. Aber darum geht es nicht. Ich empfehle diesen Text, weil er die redaktionellen Entscheidungsprozesse transparent macht. Das finde ich gut, weil ich überzeugt bin, dass Leserïnnen Medien eher vertrauen, wenn sie wissen, wie Texte entstehen und welche Abwägungen Autorïnnen und Redaktion treffen.
Bei der SZ lief es so: Unmittelbar nach der Tat wurde berichtet, ohne das Herkunftsland der jungen Verdächtigen zu nennen. Laura Hertreiter und Tom Soyer begründen das:
Je unklarer die erste Sachlage in Kriminalfällen wie diesem erscheint, desto heikler ist die Entscheidung. Einerseits kann das Nennen bestimmter Nationalitäten Klischees und Vorurteile befeuern und im Subtext Erklärmodelle mitliefern, die so noch nicht feststehen.
Dann begann die redaktionsinterne Debatte: An Konferenztischen, in Mailverteilern und in Slack-Channels wurde diskutiert, ob die Entscheidung richtig war. Der Fall von Mülheim ist besonders kompliziert, weil unterschiedliche Empfehlungen des Presserats konkurrieren:
Kinder und Jugendliche seien besonders zu schützen, heißt es, "mit Hinblick auf die Zukunft der Betroffenen". Bei der Nennung der Herkunft von Minderjährigen ist demnach Zurückhaltung geboten.
Jedoch spreche "eine außergewöhnlich schwere oder in ihrer Art und Dimension besondere Straftat" für die Angabe der Herkunft. Deshalb nennt die SZ seit Mittwoch die Nationalität der Verdächtigen. Über das Ergebnis kann man streiten, den Prozess zu veröffentlichen, halte ich für vorbildlich. Die SZ hat sich mit der Frage auch in ihrem Podcast "Auf den Punkt" auseinandergesetzt.
Quelle: Laura Hertreiter und Tom Soyer Bild: Martin Gerten/pic... sueddeutsche.de
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Das ist ja leider ein Dokument gutmeinender Hilflosigkeit.
"Die Frage, wie man über Täter und Verdächtige berichtet, wo Voyeurismus und Vorverurteilung Vorschub geleistet wird, und wo hingegen Informationspflicht gilt und Medien für Glaubwürdigkeit stehen müssen, war immer eine, die in den Redaktionen des Landes stets neu zu verhandeln ist."
Ist das Grundproblem nicht, dass man a priori der Leserschaft abspricht, mit den Informationen umgehen zu können? Dass man hier zum einen aus weltanschaulichen Motiven (wie es im Fall Relotius so schön heißt) bei kleineren Delikten auf die Nennung verzichtet, während sie in schwereren Fällen aufgrund einer dann angenommenen Informationspflicht vorgenommen wird, was dann natürlich auch einer gedanklichen Verknüpfung von besonders schweren Straftaten und Nationalitätsnennung Vorschub leistet, die wiederum den Verzicht auf die Nennung in den weniger bedeutsamen Fällen sinnlos machen könnte?
Wo Nationalität nicht für die Berichterstattung in Strafsachen relevant ist, sollte sie nicht genannt werden, ob es sich um leichte oder schwere Tatvorwürfe handelt. Zumindest erzeugt die Tat ja ein Berichterstattungsinteresse, es wird also selten nur um eine Fahrerflucht aufgrund eines Kratzers auf dem Supermarktparkplatz gehen. Aber der Grund für die Nennung oder Nichtnennung darf nicht das vermeintliche öffentliche Interesse sein, das angeblich eine Nennung erforderlich macht, sondern muss ein kriminologisch sinnvoll zu vermutender relevanter sozio-kultureller Zusammenhang der Nationalität/Ethnie des/der Beschuldigten zum Tatvorwurf sein.
Und die Erwägungen zu dessen Bestimmung sollten offengelegt werden, auch wenn das kompliziert sein und eigene Vorurteile an die Oberfläche spülen mag: welche Annahme hinsichtlich des sozio-kulturellen/ethnischen Kontextes der Beschuldigten ist relevant mit Bezug zum Tatvorwurf, so dass zum Beispiel im vorliegenden Fall eine Nennung der Nationalität erforderlich sein könnte - oder nicht.
Die Inanspruchnahme "öffentlichem Interesses" scheint mir ein wenig wie eine Ausrede, um sich vor die Formulierung derartiger Kriterien zu drücken. Vielleicht eben gerade aus Angst vor den eigenen Vorurteilen. Und *das* wirkt dann am Ende besonders unglaubwürdig.