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Medien und Gesellschaft

Eine Welt-Redakteurin besucht einen "Lügenpresse"-Leserbriefschreiber

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
Mag es, gute Geschichten zu lesen.
Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzFreitag, 17.06.2016

Vor zwei Jahren war die FAZ zu Gast bei Uwe Ostertag, einem der berüchtigsten deutschen Trolle. Er sagte Sätze wie: "Wenn sich jetzt jemand aufregt, dann ist das mein Ejakulat."

Herr S. würde das vermutlich nie sagen. Er will nicht provozieren, sondern überzeugen, "Aufklären", würde er es vermutlich nennen. Seine Wortwahl ist nicht weniger drastisch: "Der Lügen-Presserat muss weg!" Oder: "Die geistig verwirrte FDJ-Merkel und ihre devoten Paladine werden vom Volk ZERSTÜCKELT werden!"

Kathrin Spoerr hat einen Tag mit Herrn S. verbracht.

"Was wollen Sie erreichen?"
"Gerechtigkeit."
"Sind Sie nicht oft ungerecht?"
"Das ist mir egal."

Es wäre leicht, sich über Herrn S. lustig zu machen. Der Text ist gut, weil er nicht urteilt, sondern zuhört, beobachtet und beschreibt. Er will S. nicht bloßstellen, sondern erklären, warum er ist, wie er ist.

"Sind Sie ein Nazi?"
"Nein."
"Wären Sie früher einer gewesen?"
"Leute wie ich werden keine Nazis. Die, die heute dem linken Mainstream nachlaufen, wären früher Hitler und Stalin nachgelaufen."

Ich glaube, dass Herr S. zutiefst von dem überzeugt ist, was er sagt. Vermutlich gibt es Hunderttausende Leute wie Herrn S. Das macht mir ein bisschen Angst. Umso wichtiger sind solche Texte.

Zwei Frauen, Haare und Gesichter mit Kopftüchern bedeckt, kommen ihm jetzt entgegen, ihre Kinderwagen und mehrere kleine Kinder blockieren den Spazierweg. Herr S. bleibt kurz stehen und macht ihnen Platz. Er lächelt, seine Augen sind blau.
Eine Welt-Redakteurin besucht einen "Lügenpresse"-Leserbriefschreiber

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