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Medien und Gesellschaft

Die ARD hat ein "Frauenproblem" – aber das liegt nicht an den Frauen, sondern an der ARD

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzDienstag, 23.06.2020

Anfang Juni sprach die Bild mit ARD-Programmdirektor Volker Herres (€). Drei Fragen und Antworten des Interviews zitiere ich (leicht gekürzt) im Original, denn darum dreht sich dieser piq:

Gibt es Moderatoren bei der Konkurrenz, die Sie gerne zur ARD holen würden?

Ich glaube, wir sind im Showbereich mit Kai Pflaume, Jörg Pilawa, Guido Cantz, Eckart von Hirschhausen und Florian Silbereisen bestens und auch vielfältig besetzt.

Merken Sie was?

Ja, das sind alles Männer. Das wäre mein nächster Satz gewesen! Ich würde in der Unterhaltung, jenseits von Comedy, gerne mehr Frauen sehen. (...)

Wer könnte denn zur ARD passen?

Wüssten Sie jemanden? Mir fällt aktuell kein weibliches Pendant etwa zu einem Kai Pflaume ein, der die große Samstagabend-Show moderiert und mit seiner Empathie und Zugewandtheit so große Mehrheiten für sich begeistert. Wir schauen intensiv, wir sind ja sehr viele in der ARD. Aber bisher hat sich niemand aufgedrängt.

Vor allem die letzte Antwort löste heftige Kritik aus. Auf Twitter startete Eva Schulz (Offenlegung: mit der ich befreundet bin, aber diesen Text hoffentlich nicht beeinflusst) einen viel beachteten Thread:

Lieber Volker Herres, als Moderatorin eines ARD-Formats und begeistertes Mitglied des funk-Netzwerks bin ich entsetzt über Ihre Aussagen. Unter den Kolleginnen gibt es so viel "empathische und zugewandte" Frauen. Wie kann es sein, dass Sie uns nicht wahrnehmen? Und schlimmer noch: Wie kann es sein, dass Sie nicht begreifen, dass es Ihre Aufgabe wäre, diesen Moderatorinnen die "großen Mehrheiten" überhaupt zu ermöglichen, indem sie ihnen die Sendeplätze und Budgets verschaffen?

In der Folge listete Eva Dutzende Frauen auf, die der Pflaume-Pilawa-Cantz-Hirschhausen-Silbereisen-Phalanx nicht nur etwas mehr Diversität, sondern auch "Empathie" und "Zugewandheit" bringen könnten, die sich Herres wünscht.

Für den Text, den ich hier empfehle, hat jetzt-Autorin Berit Dießelkämper mit Eva, Carolin Kebekus und Tijen Onaran gesprochen. Sie zitiert mehrere Studien, Zahlen und Fakten ("Seit ihrer Gründung gab es keine einzige Programmdirektorin und nur zwei der insgesamt 41 Vorsitzenden waren Frauen"), die in dieser traurigen Feststellung münden:

Es geht also um Sichtbarkeit und Repräsentanz und darum, dass die Hälfte aller Beitragszahler*innen der öffentlich-rechtlichen Sender Frauen sind, die dann aber wiederum im Programm nicht stattfinden. Was noch immer mehrheitlich abgebildet wird, sind weiße Männer.

Zumindest hat Herres auf die Kritik reagiert – allerdings nur indirekt, er lässt sich über seinen Sprecher bei Watson zitieren:

Herr Herres nimmt die genannten Frauen nicht nur wahr, sondern schätzt auch ausnahmslos ihre Arbeit. (...) Selbstverständlich hält Herr Herres Frauen für geeignet, Unterhaltungsshows zu präsentieren. Voraussetzung ist, dass Sendeplatz, Format und Moderation perfekt zusammenpassen.

Wertschätzung hin oder her, am Ende moderieren nur Männer am Samstagsabend. Bis sich das ändert, muss sich Herres solche Fragen von Carolin Kebekus gefallen lassen – und am besten bald Antworten liefern:

Für mich ist das größte Rätsel der Menschheit, wie man als ARD Katrin Bauerfeind zu Joyn gehen lassen kann. Warum hat man sich nicht diese Frau gesichert? Oder Jeannine Michaelsen? Warum versauert die zwischen Joko und Klaas bei Prosieben?

Die ARD hat ein "Frauenproblem" – aber das liegt nicht an den Frauen, sondern an der ARD

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