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Europa

Lieferengpässe in Großbritannien – woran liegt's?

Silke Jäger
Freie Medizinjournalistin

Ich lebe in Marburg und schreibe über Gesundheit und Gesundheitspolitik.

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Silke JägerDienstag, 28.09.2021

2019, noch vor dem EU-Austrittsdatum, konnte man (wenn man wollte) die aktuellen Headlines vorausahnen. Damals warnte die Logistikbranche sehr vehement vor Lieferengpässen in UK. Man fürchtete, dass die längeren Abfertigungszeiten an den Grenzen dazu führen, dass weniger Kontinental-Unternehmen ihre Partner in UK beliefern würden. Denn Zeit ist Geld. Vor allem für die Logistikbranche.

Die Tory-Regierungen haben den Logistikern seitdem nie aufmerksam zugehört. Die Bedenken der Branche waren ja nicht nur die Abfertigungszeiten und die Mehrkosten, die sie durch den Zeitverlust haben würden. Es gab viele weitere Punkte, die sie beim Übergang zu Global Britain als problematisch ansahen. Unter anderem auch der Mangel an billigen EU-Arbeiter:innen.

Damals konnte noch niemand die Pandemie voraussehen. Die UK-Regierung machte in der Corona-Zeit über lange Strecken fast keinen Hehl daraus, dass sie die Infektionsdynamik nicht auf Kosten der Wirtschaft eindämmen will. Die Unterstützungsleistungen für Arbeiter:innen waren auf einem viel niedrigeren Niveau als in Deutschland. Obwohl es eine zeitlang ähnliche Kurzarbeiterregelungen für Unternehmen gab, änderte das zu wenig für diejenigen, die schon länger am unteren Ende der britischen Gesellschaft stehen: die einfachen Leute, vor allem die mit migrantischem Hintergrund. Was Theresa May in ihrer Zeit als Innenministerin begann, treibt die Johnson-Regierung durch Innenministerin Priti Patel in neue Extreme. Der Kurs gegenüber Einwander:innen ist oft jenseits der Grenze, die in Deutschland als rechtsextrem gilt.

Wenn jetzt zu wenige LkW-Fahrer:innen bereit sind, die schlechteren Arbeitsbedingungen plus ein niedrigeres Gehalt plus die höhere arbeits- und bürgerrechtliche Unsicherheit in Kauf zu nehmen, so liegt das nicht nur am Brexit oder nur an der Pandemie oder nur an der fremdenfeindlichen Rhetorik. Es ist eine komplexe Gemengelage.

Die aktuelle Benzin-Knappheit hat auch damit zu tun, dass britische Medien wissen, wie man Themen hochjazzt. Als eine Ölfirma, nämlich BP, ankündigte, nicht mehr alle Tankstellen gleichmäßig beliefern zu können und es deshalb an wenigen Orten zu leeren Tanks kommen könnte, machten sie daraus ein landesweites Problem. Genau das ist es inzwischen. Panikkäufe heizten die Situation so an, dass die Berichte plötzlich stimmen.

Die Befürchtungen, die vor dem Brexit als Angstmacherei abgetan wurden, werden nun nach und nach zu bitterer Realität in UK. Die Lebensmittelindustrie warnt seit Langem davor, dass ihnen die Erntehelfer:innen fehlen werden, die Lagerarbeiter:innen und die Ausliefer:innen. Inzwischen fürchten viele Briten um ihren Weihnachtstruthahn. Wer konnte ahnen, dass die billigen Schlachthelfer:innen vom Kontinent fehlen würden? Mehr als 1 Million EU-Bürger:innen haben seit dem Brexit das Land verlassen.

Die rechte Brexit-Rhetorik, wonach EU-Bürger:innen den Briten die Jobs wegnehmen würden, entpuppt sich immer mehr als das, was es von Anfang an war: Eine billige Masche, um Wählerstimmen aus den Lagern zu bekommen, die gesellschaftlich so sehr am Rand sind, dass sie unter sich nur noch die Einwander:innen wähnen. Das half den EU-Skeptikern der Upper Class, die schon lange auf dem Deregulierungstrip sind und für die der Brexit ganz neue globale Möglichkeiten eröffnet, ihren Reichtum zu sichern und zu mehren.

Der gepiqde Text erklärt diese größeren Zusammenhänge und fällt nicht auf die Narrative von Regierung oder Wirtschaft herein.

Wie es zur Benzin-Knappheit im Detail kam und wann sie vielleicht enden wird, kann man in diesem Text genauer nachlesen.

Lieferengpässe in Großbritannien – woran liegt's?

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