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Identitätspolitik - eine gesellschaftliche Quadratur des Kreises?!
Identitätspolitik ist eines der kontroversesten Gebiete in der aktuellen öffentlichen Debatte. Dieser Essay beschreibt, warum Identitätspolitik dieses immense Spannungspotenzial birgt.
Konkret wird zwischen drei anthropologische Annahmen unterschieden:
Nur wenn aber der Maßstab expliziert wird, kann man eine konkrete identitätspolitische Kritik als zu weitgehend oder eventuell als nicht weitgehend genug kritisieren. Wenn etwa der normative Maßstab, nämlich der Universalismus der Menschenrechte, expliziert würde, würde auch deutlich, dass damit eine anthropologische Bestimmung, also eine Aussage über den Menschen verbunden ist. Die Identitätspolitik verbindet zwei solcher Bestimmungen: Erstens ist der Mensch frei und hat deshalb einen moralischen Anspruch auf eine offene und gestaltbare Zukunft. Der Mensch ist zweitens ein kulturbildendes Wesen, das heterogene kulturelle Selbstverständnisse ausbilden kann. Was dabei ausgeklammert wird, ist eine dritte mögliche anthropologische Annahme, dass der Mensch nämlich ein natürliches Wesen ist; denn jede Festlegung durch natürliche Merkmale könnte die Universalität des identitätspolitischen Anspruchs gefährden. Wenn ein Mensch, dem Brüste, eine Gebärmutter, Eierstöcke und eine Vagina gewachsen sind, beansprucht, ein Mann zu sein, wird diese Wuchsform zu einer sogenannten Natur, die dem moralisch legitimierten Identitätsanspruch nicht im Wege stehen soll. Wenn eine Frau fordert, in gleicher Weise wie ein Mann mit ihrer Identität eine Spitzenposition in der Wirtschaft oder anderen Bereichen zu besetzen, pocht sie dabei nicht auf Natur, sondern auf ein Recht, dass allen Menschen zukommt.Die Harmonisierung von Identitätspolitik mit allen drei anthropologische Annahmen ist also ähnlich erfolgversprechend, wie die Quadratur des Kreises:
Denn die drei genannten Bestimmungen des Menschen stecken das Diskursfeld der Moderne über den Menschen ab, lassen sich aber gerade nicht zu einer Synthese vereinen. Es werden immer zwei zu einer mehr oder weniger gelungenen beziehungsweise spannungsreichen Synthese zusammengeführt, die aber immer wieder gesprengt wird, wenn die dritte Bestimmung auch noch einbezogen werden soll.
Als Laie würde mich interessieren, ob diese drei anthropologische Annahmen a) generell akzeptiert sind und b) den Raum aller möglichen anthropologischen Annahmen abdecken.
Quelle: Gesa Lindemann Bild: Nagy Arnold/unsp... www.zeit.de
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