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Kurator'in für: Technologie und Gesellschaft Medien und Gesellschaft Klima und Wandel
Irgendwas mit Medien seit 1996, Typograph, Grafiker, Blogger. Ask me anything.
In der vergangenen Woche haben fünf Umweltverbände und mehr als 50.000 Privatpersonen erneut eine "Verfassungsbeschwerde für eine klimagerechte Zukunft gegen die unzureichende Klimapolitik der Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht" eingereicht, die sogenannte "Zukunftsklage". Die Beschwerde wurde im Juni von Umwelt-Rechtsanwältin Roda Verheyen als "Verfassungsbeschwerde 2.0" vorgestellt -- wir erinnern uns: Die erste Verfassungsklage im Jahr 2020 führte ein Jahr später zum historischen Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Klimaschutz erstmals in Verfassungsrang hob.
Die jüngste Verfassungsklage bezieht sich unter anderem auf eine von den Beschwerdeführern Greenpeace und Germanwatch in Auftrag gegebene Studie des New Climate Institutes (hier als PDF), die Deutschland eine Verschleppung der Einhaltung der Klimaziele bescheinigt, vor allem im Verkehrssektor. "Durch die verspätete Umsetzung zusätzlicher Maßnahmen bei gleichbleibenden Zielen", so die Pressemitteilung zur Studie, "ergeben sich im Vergleich zu früherem Handeln (...) nach 2030 deutlich höhere Änderungsraten in den Emissionspfaden" mit einer "deutlich größere(n) Härte" für die Bevölkerung. Sprich: Fahrverbote und stark steigende Preise für Mobilität und andere Konsumgüter, worunter besonders Menschen mit geringen Einkommen und bereits marginalisierte Gruppen leiden, die in ihrer Freiheit durch diese verschleppungsbedingt harten Maßnahmen besonders beschnitten werden. Genau dagegen richtet sich die erneute Verfassungsbeschwerde.
Diese Verfassungsbeschwerde ist für Deutschland ein weiterer Meilenstein im international wachsenden Trend, Regierungen und Energiekonzerne juristisch zur Verantwortung zu ziehen und Klimaschutz durch die Gerichte zu erzwingen. Anfang September stellten die Organisationen Oil Change International und Zero Carbon Analytics einen Bericht über "Big Oil in Court" vor, laut dem sich die Zahl der Klimaklagen alleine gegen Energiekonzerne seit 2015 verdreifacht hat: Derzeit werden 86 Klagen vor Gerichten verhandelt und 40 Verfahren befinden sich in der Schwebe.
Auch eine internationale Mehrheit unterstützt Klimaklagen. So fand eine Umfrage unter 22.000 Teilnehmern aus 22 Ländern heraus, dass stattliche 72% aller Menschen einer Kriminalisierung von Handlungen zustimmen, die "ernsthafte Schäden an Natur und Klima verursachen". Eine Umfrage unter Wählern in den USA kommt zu ähnlichen Ergebnissen und ein Ende August veröffentlichter Entwurf eines UN-Berichts zu Klimaschutz und Menschenrechten fordert "strengere Strafen für Unternehmen, die zum Klimawandel beitragen, inklusive rechtlicher Haftbarmachung für 'Missinformation' zum Klimawandel, und ein Werbeverbot für die Fossil Fuel Industrie". Und die US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris könnte im Falle eines Wahlsieges dafür Sorge tragen, dass sich der juristische Druck auf Unternehmen und Regierungen weiter erhöht: Harris hatte als Kaliforniens oberster Staatsanwalt bereits mehrere Klagen gegen Ölkonzerne eingeleitet und Untersuchungen gegen Exxon und Volkswagen geführt.
All das ist nur Vorrede zur eigentlichen Link-Empfehlung, einem neuen Paper im wissenschaftlichen Fachmagazin Nature, das 211 der Autoren des IPCC-Berichts nach ihrer persönlichen Einschätzung befragte, ob die Ziele des 2015er-Abkommens von Paris eingehalten werden können. Die Ergebnisse sind eindeutig: Eine Mehrheit von 86% der IPCC-Autoren erwartet eine Erwärmung von mehr als 2°C zum Ende des Jahrhunderts, dem Minimalziel des Pariser Abkommens. Die durchschnittlich erwartete Temperaturerhöhung der IPCC-Experten beträgt 2,7°C, wobei die Erderwärmung aus 2,1°C begrenzt werden könnte, sollten alle Nationen ihre proklamierten Klimaziele einhalten. 58% der IPCC-Autoren schätzt die Chance, bis zum Jahrhundertende eine Erderwärmung um mehr als 3°C zu erreichen, auf mindestens 50%. Umfragen des Guardian vor wenigen Monaten unter 380 Klimawissenschaftlern kamen zu ganz ähnlichen Resultaten.
Das Abkommen von Paris ist völkerrechtlich verbindlich und wurde bereits erfolgreich in einer Klage gegen Jair Bolsoneros Regierung in Brasilien juristisch als Menschenrechtsvertrag interpretiert und angewendet. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte in Entscheidungen im April den Klimaschutz zur Menschenrechtsfrage erklärt. Juristen derzeit diskutieren sogar, ob man Energiefirmen und Regierungen wegen "Klima Totschlags" juristisch belangen könnte.
Der wissenschaftliche Konsens deutet also in eine Richtung, nach der die Klimaziele praktisch aller Nationen auf einem internationalen Level verfehlt werden, während eine neue Studie feststellt, dass diese Verfehlung der Klimaziele dazu führen wird, dass nicht weniger als 70% der Erdbevölkerung sich Extremwetterereignissen aller Art ausgesetzt sehen wird, verglichen mit "nur" 20% bei eingehaltenen Klimazielen. Und zwar nicht 2100, sondern innerhalb der nächsten 20 Jahre mit "strong and rapid changes in extreme temperatures and rainfall".
Sollten auch nur ein Bruchteil dieser 70% in den kommenden Jahren und Jahrzehnten juristische Maßnahmen gegen diese Beschränkungen ihrer Freiheit und Verletzungen ihrer Menschenrechte ergreifen und gegen Regierungen und Unternehmen vor Gericht ziehen, werden sich Big Oil und die Klimapopulisten konservativer Regierungen einem Extremwetterereignis ganz anderer, nämlich juristischer Art ausgesetzt sehen. Immerhin ein Aspekt des Klimawandels, auf den man sich freuen kann.
Quelle: Seth Wynes, Steven J. Davis, Mitchell Dickau, Susan Ly, Edward Maibach, Joeri Rogelj, Kirsten Zickfeld, H. Damon Matthews Bild: Seth Wynes, Steve... EN www.nature.com
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Ich kann mir nicht vorstellen, dass die nationalen Maßnahmen gegen Klimaerwärmung akzeptabler werden, nur weil Gerichte sie "anordnen". Das ist Sprengstoff für die einzelnen Wirtschaften und damit für die Staaten und ihre politischen Systeme. Und global wird man das nicht durchsetzen können. Nicht in China, nicht in Indien, nicht in Rußland oder Afrika. Sich darauf zu freuen hat was von Selbstmord aus Angst vor dem Tode …..