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Technologie und Gesellschaft

Shutterstock integriert Dall-E in seinen Stockphoto-Service

René Walter
Grafik-Designer, Blogger, Memetiker | goodinternet.substack.com

Irgendwas mit Medien seit 1996, Typograph, Grafiker, Blogger. Ask me anything.

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René WalterDonnerstag, 27.10.2022

Der Stockphoto-Service Shutterstock hat angekündigt, den Image Synthesizer Dall-E in sein Angebot zu integrieren. OpenAI hatte zuvor bereits Fotografien des Dienstes für das Training der AI lizenziert.

Die Einbindung eines Image Synthesizers in einen Stockphoto-Anbieter ist eine der ersten wirklichen kommerziellen Anwendungen von Image Synthesizern, neben direkt kommerziellen Pay-Sites für Image Synthesis. Darüber hinaus ergibt die Einbindung eines ImageSynths sehr viel Sinn für einen Stockphoto-Service, deren Dienste als allererste von ImageSynth-Technologie automatisiert werden.

Das eigentlich interessantere Detail dieser Nachricht ist die Einrichtung eines "Contributor Fund", durch den Fotografen für die Nutzung ihrer Bilder in AI-Datasets bezahlt werden sollen. Da diese Datensätze viele Millionen bis Milliarden von Bildern enthalten und die Einnahmen durch Stockphoto-Service ohnehin überschaubar sind, dürften die Einnahmen durch Lizenzierungen von Fotografien für die Nutzung in Datensätzen allerdings marginal bleiben.

Gleichzeitig verbietet Shutterstock den Upload von AI-generierten Bildern, da die Frage nach Urheberrechten bislang ungeklärt sei, und folgt damit großen Stockphoto-Plattformen wie Getty Images, die das Hochladen AI-erzeugter Bilder auf ihrer Plattform ebenfalls untersagt haben. Zwei Anmerkungen hierzu: Ich kann mit Stable Diffusion hoch aufgelöste Illustrationen anfertigen, die weder digitale Wasserzeichen enthalten und nach wenigen oberflächlichen Bearbeitungen nicht von herkömmlichen digitalen Illustrationen zu unterscheiden sind. Auf welcher Basis die Plattformen hier eine Entscheidung treffen wollen, erscheint mir schleierhaft. Und obwohl gerne die Sage vom AI-generierten Artwork kolportiert wird, das nicht für das amerikanische Copyright angemeldet werden kann, gibt es mindestens zwei Präzedenzfälle, in denen AI-Artworks problemlos geschützt wurden. Shutterstock und Getty könnten also auf rechtlich durchaus sicherem Boden AI-generierte Artworks an ihre Kunden lizenzieren. Dies betrifft allerdings nicht die Frage nach der Nutzung von Fotografien und Illustrationen in Datensätzen zum Training der AI-Systeme. (Daneben ist die deutsche Regelung für Urheberrechte in Zeiten von Bild-Synthese nach wie vor völlig ungeklärt.)

Shutterstock lizenziert nun also nicht mehr nur Bilder an seine Kunden, sondern auch an AI-Unternehmen für die Nutzung als AI-Trainingsdata. Wie genau die Ausschüttung aus dem Contributor Fund stattfinden wird, ist mir nicht bekannt. Gegenüber The Verge äußerte sich Shutterstock bezüglich der Ausschüttung so: "The share individual contributors receive will be proportionate to the volume of their content and metadata that is included in the purchased datasets."

Die Formulierung "purchased datasets" deutet darauf hin, dass Shutterstock an spezialisierten AI-Image-Synths arbeitet, die verschiedene Ästhetiken bereitstellen können: Ein Dall-E für Landschaftsbilder, ein Dall-E für Küchenutensilien, ein Dall-E für Tiere, ein Dall-E für Portraifotos und so weiter. Ebenfalls kann ich mir eine Ausschüttung nach Keywords und Prompts vorstellen. Fotografen, die Füchse fotografiert haben, erhalten Lizenzzahlungen für Prompts, die Füchse beinhalten, anteilig am Gesamttopf für den Tierbilder-Synthesizer.

Interessant erscheint mir hier der Gedanke, dass hier eine Maschine die Arbeiten vieler Fotografen benutzt, um neue Werke zu schaffen, die direkt verkauft werden. Die Arbeit der Fotografen ist für den Rezipienten des Werks also nur noch insofern interessant, dass eine breite Datenbasis für Parameter in der Bildsynthese geschaffen werden, die einen ausreichenden Realismus des Outputs gewährleistet. Gebe ich als Kunde bei Shutterstock den Satz "The quick brown fox jumps over the lazy dog" ein, erzeugt die Maschine ein Bild davon und verteilt einen "Contributor Karma Point" an die Fotografen von Füchsen, Hunden und springendem Getier. Interessanterweise spielt damit das Werk des Fotografen für den Kunden überhaupt keine Rolle mehr und alle künstlerische Intentionalität des Fotografen ist verloren. Künstlerisch betrachtet wird damit der Urheber des Werks zu seinem eigenen Konkurrenten, einer einerseits ein Bild von einem Fuchs verkaufen möchte, andererseits mit seinem Style zu einem anderen Foto eines Fuchses beiträgt. Art eats itself.

Pragmatisch gesehen öffnet sich hier zwar eine weitere Tür zur kommerziellen Verwertung von Fotos und Illustrationen, die allerdings den Wert von Gebrauchsgrafik noch weiter senken wird, nachdem kreative Arbeit durch Netzwerkeffekte auf Anbieterplattformen für Grafikleistungen bereits massiv entwertet wurden.

Neben HaveIbeentrained von Spawning ist der "Contributor Fund" von Shutterstock nun der zweite Ansatz für den Umgang mit Image Synthesis und ihrer Automatisierung der Bilderzeugung anhand großer Datensätze, die praktisch die gesamte Kunstgeschichte umfasst und auch die Arbeiten lebender Künstler einschließt. Ob er eine wirkliche Lösung für die Entwertung kreativer Arbeit in Zeiten der synthetischen Bilderzeugung darstellt, wage ich zu bezweifeln.

Andererseits könnten solche “Contributor Funds” als zukünftige OwnYourData-Lizenzen für alle möglichen anfallenden User-Daten funktionieren, anhand derer Plattformen wie Facebook heute die Machine Learning-Modelle ihres Advertising-Business trainieren. Eine Forderung von Netzaktivisten, die in anderen Kontexten schon lange im Raum steht.

Shutterstock integriert Dall-E in seinen Stockphoto-Service

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