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Rückkehr in Londoner Büros - Technokratie statt Kultur

Ole Wintermann
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Ole WintermannSonntag, 07.05.2023

Die Sunday Times gibt in diesem Beitrag einen Überblick über den Stand der Rückkehrer in die Büros der Londoner Finanzunternehmen nach Beendigung aller Corona-Maßnahmen.

Ein zentraler Hebel für die oberste Führungsetage, die Menschen zurück in die Büros zu bekommen, ist die Verknüpfung der Anwesenheitsquoten der Teams mit der Höhe der Gehaltsboni der Führungskräfte. Bei der Lektüre des Textes könnte man zu dem Schluss gelangen, dass es eine Debatte über die #ZukunftderArbeit nie gegeben hätte. Technokratie-Denken dominiert die internen Unternehmenspolitiken zum hybriden Arbeiten. So bringt das folgende Zitat das undurchdachte Vorgehen der Führungskräfte sehr gut auf den Punkt, zeigt es doch den offensichtlichen Widerspruch in der Argumentation: 

“We’re not asking people to come in because of productivity. We’re asking people to come in because we believe that when you have people together, that’s when the whole is greater than the sum of the parts."

Am Ende geht es bei den genannten Beispiel-Unternehmen letztlich stets nur um das Prinzip der Anwesenheit; was nicht im Text steht, aber letztlich dahintersteht, ist die Machtausübung darüber, wo Menschen arbeiten sollen, die Vorstellung, eine übergeordnete Person könne am ehesten beurteilen, wie und wo mündigen Menschen arbeiten sollten. Sie werden ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts bei der Ausübung ihrer Arbeit enthoben. 

Solange Unternehmen nicht demokratischer organisiert sind, wird sich an dieser Machtfrage nichts ändern.

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Kommentare 4
  1. Josef König
    Josef König · vor mehr als ein Jahr

    Lieber Ole Wintermann,
    das Zitat lässt sich auch genau andersrum interpretieren: Das Ganze ist mehr als die Summe seine Teile heißt, dass Menschen im Büro eine Gemeinschaft bilden, aus der Ideen und Kooperationen sprießen, die allein zuhause nicht möglich sind.
    Was Sie häufig in Ihren piqds über die Zukunft der Arbeit vergessen, ist: Büros sind soziale Räume der Begegnung, sei es zwischen Tür und Angel, in der Teeküche oder im Bistro. Diese Räume fallen weg, wenn jeder vor sich hin in seinem Zuhause hockt und arbeitet. Wer die eingefrorenen Bilder von Gesichtern in Zoomkonferenzen mit den Teambesprechungen am runden Tisch vergleicht, spürt sofort die andere Atmosphäre von Lebendigkeit, die Brainstormings erst möglich macht.
    Ich bin zwar inzwischen einige Jahre aus dem Büroalltag raus, möchte aber diesen nicht zugunsten des isolierten häuslichen Arbeitens vermisst haben müssen. Erst durch die Begegnung mit leibhaftigen Menschen werden Gespräche innovativ und kreativ - und im Idealfall entstehen auch echte Freundschaften.
    Daher halte ich Ihre Worte wie "wo mündigen Menschen arbeiten sollten. Sie werden ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts bei der Ausübung ihrer Arbeit enthoben", nicht nur für zu starken Tobak, sondern für total unangemessen.
    Mit freundlichem Gruß
    Josef König

    1. Ole Wintermann
      Ole Wintermann · vor mehr als ein Jahr

      Hallo Herr König, ich habe in den letzten 8 Jahren mit einem Team zusammen ca. 20 Studien zur Arbeitskultur und Arbeitsorganisation veröffentlicht. Auf Basis dieser Studien kann ich zu der Aussage gelangen, dass wir lernen müssen, mit der Diversität der Arbeitsweisen produktiv umzugehen. Die falsche Entscheidung schlechthin - und daher mein Hinweis auf den Text - ist eine pauschale Office-Regelung, die für alle Menschen in einem Unternehmen gelten soll, zumal wenn es sich um einen technokratischen Ansatz handelt. Ein kurzer Blick in den D21 Digital Index, an dem ich ebenfalls mitgearbeitet habe, zeigt den Wunsch der Menschen nach einer Vielfalt von Arbeitsmöglichkeiten auf. Der größte Fehler, den man in dieser Debatte begehen kann, ist es, von sich selbst auf alle anderen Beschäftigten zu schließen. Und genau dies ist meine Kritik am verlinkten Text. VG

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Ole Wintermann Der Wunsch der Menschen nach einer Vielfalt von Arbeitsmöglichkeiten ist das eine. Die Notwendigkeit in Unternehmen Aufgaben zu erledigen, die auch durch Führungskräfte zu gewährleisten ist, das andere. Natürlich sind rein pauschale Office-Regelungen meist kontraproduktiv. Und Führungskräfte treffen nicht nur richtige Entscheidungen. Das trifft aber auf alle Mitarbeiter zu. Deswegen aber Führung mehr oder weniger auf Machtausübung zu reduzieren, das halte ich für hochproblematisch. Es geht ja eben nicht so sehr darum wo Menschen arbeiten (sollen), sondern vor allem wie effektiv und gut sie arbeiten (können). Und ob das jeder einzelne für sich so gut einschätzen kann, das wage ich zu bezweifeln. Selbst- und Fremdbild klaffen leider oft weit auseinander - mündig oder nicht.

    3. Josef König
      Josef König · vor mehr als ein Jahr

      @Ole Wintermann Das mag stimmen, aber ist keine Antwort auf mein Argument. Mir ging es nicht um die Frage, ob Angestellte zuhause produktiver sind als im Büro, sondern um den sozialen Raum, den Büros ausmachen und was daraus folgen kann bzw verloren geht, wenn dieser soziale Raum fehlt.
      Und dass viele Angestellte lieber zuhause als im Büro arbeiten, muss nichts mit der Produktivität ihrer Arbeit zu tun haben. Für den Wunsch gibt es viele Gründe, selbst solche, die mit dem Job gar nichts zu tun haben. VG

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