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Zeit und Geschichte

Odessa, Perle der Ukraine

Lutz Müller
Diplomökonom

Geboren 1956. Längste Schulzeit in Döbeln/Sachsen. Statistikstudium in Odessa. Tätigkeiten für verschiedene statistische Institutionen im In- und Ausland, Schwerpunkt Wirtschaftsstatistik und Beratung im Transformationsprozess. Un-Ruhestand in Berlin.
Kontakt: [email protected]

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Lutz MüllerSamstag, 12.11.2022

Ein PIQ zu Globalisierung, Odessa … Krieg empfahl Paul Krugmans NYT-Artikel, der vier Wochen nach dem russischen Überfall erschien. Er zeigte mit der Macht von Daten die ganze Fragilität der Weltwirtschaft unter Kriegsbedingungen und – wie wir später sahen – dass eine Handelsblockade humanitäre Katastrophen in ärmeren Ländern verstärken kann. Das Hauptschlachtfeld konnte Putin nicht bis nach Odessa tragen. Sein Ziel war es aber von Anfang an, und so wurde Odessa zum militärischen Neben- und wirtschaftlichen Haupt-Kriegsschauplatz.

Dieses Thema möchte ich hier nicht vertiefen. Die unten verlinkte Doku von ARTE France (12 min) bringt ein Spotlight aus der bedeutendsten Hafenstadt am Schwarzen Meer.

Zivilisten berichten, wie sie ihr bisheriges Leben soweit möglich weiter leben möchten und dass sie auf keinen Fall von Russland vereinnahmt werden wollen. Kurz rückt auch Bürgermeister Gennadij Truchanow ins Bild. Nicht erwähnt wird, dass er als korrupt und mafiös gilt, worüber die SZ 2018 und die BBC 2022 berichteten.

Die Kamera richtet sich auf das Denkmal Katherinas II. (o. a. Artikel der NYT zeigte ein historisches Foto). Die Zeichen der Zeit stehen auf Umsetzung des Monuments vom historischen Standort in Sichtweite von der Promenade an der Potjomkin-Treppe, obwohl ein expliziter Beschluss noch nicht gefasst wurde. Aktuelle Aufnahmen des eingerüsteten Denkmals brachte diese Woche ein ukrainisches Nachrichtenportal.

Wegen Zerstörungen der Infrastruktur ändert sich die Lage in vielen Landesteilen der Ukraine dramatisch. In den Mediatheken habe ich keine brandaktuellen Produktionen entdeckt über Odessa, die verlinkte wurde Ende September gesendet.

Eine weitere französische ARTE-Doku „Ukraine: Eine Woche in Odessa“ wurde im Juli aufgenommen (22 min).

Eindrucksvoll wird über den Durchhaltewillen im Widerstand und den Zusammenhalt der Bevölkerung, aber auch über Opfer erzählt. Die weiter aufgeblühte Schönheit der Stadt meiner Jugend erkenne ich wieder, wie ich sie auch während zweier Besuche vor einigen Jahren erleben konnte - eine Metropole, die eine offene und moderne Gesellschaft repräsentiert.

Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Unzufriedenheit vieler Einwohner mit den korrupten Machtstrukturen in Odessa gab und noch geben mag. In den Dokumentationen wird das ausgeblendet. Größer sind Freiheitsstreben und der Wille, die Restauration einer autokratischen Herrschaft mit allen Mitteln zu verhindern. 


Die Ablehnung alles Russischen macht selbst vor der Sprache keinen Halt. Für Odessa als überwiegend russischsprachige Stadt hat sich die Transkription mit dem Doppel-s verfestigt. Doch bereits jetzt legen einige Autoren die ukrainische Schreibweise zu Grunde, womit in englisch- und deutschsprachigen Texten zuweilen von Odesa gesprochen wird. 

*** 

Aus der „Stadt des Humors“, wie Odessa auch genannt wird, möchte ich abschließend noch einen humorvollen Beitrag aus 2021 empfehlen – der in der „Zeit danach“, wenn Frieden einkehren wird, wieder aufleben möge.

Auf der Website der Stadtschreiberin Ira Peter gibt es mehrere Artikel und ein Video zu Odessas Zeit & Geschichte. Als Stipendiatin des Deutschen Kulturforums östliches Europa hatte Peter Gelegenheit, längere Zeit in der Schwarzmeerstadt zu weilen. Auch wenn im Sinne der Hintergrundrecherchen in den Beiträgen noch Platz nach oben ist, sind sie lesenswert. Ihr Fazit in „Drei Gründe, warum du Odesa hassen wirst“ lautet: Diese Stadt ist die absolute Hölle und sollte aus Google Maps ein für alle Mal gelöscht werden  – „damit ich sie ganz allein für mich haben kann“. Ein journalistisches Juwel. 



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