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1979 in Ostberlin geboren - inzwischen hat die Heimat keinen Ort mehr. Mit David Hasselhoff die Mauer zum Einsturz gebracht, um sich in eine waschechte Kreuzergerin verlieben zu können. Altsprachengepeinigt. So Sachen studiert. Kinder gekriegt. Im Rock durchs Internet spaziert. Rempelt für Pinkstinks Sexismus in Wort und Tat um. War mal hier, mal dort, schaut mittlerweile aufs Meer. Und schreiben. Immer wieder schreiben.
Die menschliche Sexualität wird von Mythen durchzogen und getragen. Ob es nun die Nase eines Mannes ist, an der angeblich irgendetwas zu erkennen ist, der eklatante Unterschied zwischen Wunsch, Wirklichkeit und gefühlter Notwendigkeit bei der Häufigkeit sexueller Begegnung oder andere Dinge: Neben einem schmalen Gerüst an aufgeklärtem Wissen über Sex verfügen wir über unzählige mythische Narrative darüber, wie Sex zu sein hat.
Ein besonders wirkmächtiges betrifft den weiblichen Orgasmus. Die Autorin Suzannah Weiss hat sich auf Spurensuche begeben, weil sie wissen wollte, wie lange es durchschnittlich dauert, bis frau* einen Höhepunkt erreicht. Das Ergebnis ist beeindruckend und erschütternd zugleich. Denn nicht nur in Onlineartikeln, sondern auch in Fachbüchern zum Thema wird mit 10-20 Minuten ein Zeitrahmen angegeben, der irgendwann einmal ziemlich aus der Luft gegriffen und seitdem immer weiter zitiert wurde. Darüber hinaus wird bei dieser Einwertung Sex fälschlicherweise ausschließlich mit Geschlechtsverkehr gleichgesetzt. Die tatsächlichen Daten belegen, dass 90% Prozent der Frauen* bei Masturbation in 10 Minuten oder weniger ein Orgasmus erreichen. Und da sind diejenigen, die ihn absichtlich hinauszögern, noch nicht mit eingerechnet.
Der Text ist nicht nur gute Aufklärungslektüre, sondern auch ein Lehrstück in Sachen Wissenssoziologie: Was wissen wir, warum wissen wir, wie wird dieses Wissen produziert. Zudem macht die Autorin deutlich, inwiefern ihr Befund von Bedeutung ist: Der 10-20 Minuten Mythos (ein Zeitrahmen, der gelegentlich auch noch expandiert wird) nährt einen anderen zentralen Mythos: Den, dass der weibliche Orgasmus eine komplizierte, diffizile Sache sei. Um nicht zu sagen ein Problem. Dagegen setzt Weiss ein klares Fazit ihrer Spurensuche. Das ist nicht richtig. Wir problematisieren, weil wir uns damit nicht beschäftigen (wollen). Doch:
Alles, was wir brauchen, ist mehr Respekt für die Vulva und akkurate Informationen darüber, wie sie funktioniert.
Quelle: Suzannah Weiss Bild: Unsplash/Gabriel ... EN theestablishment.co
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