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Klima und Wandel

Wie Umgehen mit der Verzweiflung? Ein Selbstversuch

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
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Nick ReimerSonntag, 25.09.2022

Manchmal ist mein Job wirklich beschi**en. Zum Beispiel in den letzten zwei Wochen: Ich recherchierte zu den Ergebnissen einer erschreckenden Studie, die Ende August veröffentlicht wurde und übersetzt im Prinzip aussagt: Es ist zu spät! Wir haben den Kampf gegen den Klimawandel verloren. Zumindest bei dem ersten von 17 Kippelementen, dem Gletscher auf Grönland.

Der Studie zu Folge wird das Grönländische Eisschild abschmelzen und damit der Meeresspiegel um mindestens sieben Meter steigen. Tschüss Hamburg, Bremen, Emden, Rostock und Co. Besser jetzt das Grundstück dort verkaufen als in 70 Jahren, wenn es nichts mehr wert ist: Laut zitierter Studie wird der Meeresspiegel bis Ende des Jahrhunderts um mindestens 78 Zentimeter steigen – allein durch das Abschmelzen des Grönland-Eises. Der Meeresspiegelanstieg durch die anderen Gletscher kommt ja noch dazu – Alpen, Anden, Antarktis und Co. Und ich fragte mich: "Soll ausgerechnet ich diese Botschaft überbringen?"

"Worum es unseren Emotionen geht, ist, dass das Problem gelöst wird", sagt Katharina van Bronswijk im Interview mit der taz. Die Psychologin arbeitet in Hamburg und ist Sprecherin der Gruppe "Psychologistis/Psychotherapists for Future". Sie sagt weiter:

"Wenn man das Grundproblem der Klimakrise verstanden hat, muss man sich nicht immer tiefer in Katastrophenmeldungen graben, sondern kann sich mehr mit der Lösungsseite beschäftigen."

Das würde mir – und vielen, die diesen piq-Kanal lesen – natürlich sicherlich helfen! Allerdings hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gerade das nächste fossile LNG-Gas für Deutschland klar gemacht, Vizekanzler Robert Habeck (Bündnisgrüne) gerade abgeschaltete Kohlekraftwerke wieder ans Netz geholt, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (aus Bündnisgrüne) den Klima- und Naturschutz gerade zugunsten der Agrarlobby zurückgedreht. Und die Partei des Porschefahrers Lindner (FDP) hält Klimaschutz beispielsweise im Verkehr als irgendetwas Erwägenswertes, nicht als zentrales Hauptproblem. Psychologin van Bronswijk:

"Es gibt viele verschiedene Mechanismen, die uns davon abhalten zu handeln, auch wenn wir das Problem erkannt haben. Zum Beispiel schieben wir Verantwortung gern auf andere. Im Fall der Klimakrise zum Beispiel auf die Politik und die Wirtschaft. Und gerade die sind ja sehr gut darin, sich so darzustellen, als hätten sie alles im Griff. Das ist natürlich ein wunderbarer Ausweg für die Psyche, um vor sich zu rechtfertigen, dass man selbst nichts tut."

Bringt mich jetzt noch nicht weiter. Aber vielleicht das:

Natürlich ist es wichtig, dass jeder lernt, mit all den Gefahren und schlimmen Nachrichten psychisch irgendwie klarkommen. Aber da darf nicht Schluss sein. Wir brauchen eine soziale Transformation. Dafür dürfen wir nicht um die Gefühle kreisen, sondern müssen eben lernen, mit ihnen umzugehen und die richtigen Konsequenzen zu ziehen.

Ja, und auch wieder nicht: Die Leute, vor allem in Ostdeutschland, wollen sich nach Kapitalismus, Globalisierung, Digitalisierung, Coronaisierung nicht schon wieder transformieren lassen. Vielleicht hilft ja folgende Meldung:

"Bier und Klimawandel: Bierbrauer fürchten das Aus für traditionelle Hopfensorten"


Wie Umgehen mit der Verzweiflung? Ein Selbstversuch

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Kommentare 4
  1. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor 2 Jahren

    Vielleicht kommen wir in ein paar Tagen an einen Punkt, an dem der Krisenmodus so sehr Normalität geworden ist, dass der ständige Druck sich zu transformieren gar nicht mehr als anstrengend empfunden wird, sondern als – normal eben. Vielleicht kann man sich daran gewöhnen, und vielleicht wird es dann auch psychisch leichter.

    1. Nick Reimer
      Nick Reimer · vor 2 Jahren · bearbeitet vor 2 Jahren

      Ich wünschte, Sie hätten Recht! Ich allerdings warte schon sehr viele "ein paar Tage" auf diesen Punkt.

  2. Gabriele Feile
    Gabriele Feile · vor 2 Jahren · bearbeitet vor 2 Jahren

    Danke für diese Perspektive. Ich bin sicher, dass viele der Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, sich dadurch lösen lassen, dass wir unsere Emotionen zulassen, sie hinterfragen und bei uns selbst mit den Veränderungen beginnen. Das gilt für die Klimakrise aber auch für die Angst vor einem "kalten Winter", vor Corona und vor Armut etc. Die Zeit ist sehr reif dafür, dass wir Menschen, die wir in den entwickelten und reichen Ländern leben, damit anfangen, die seit Generationen aufgestauten Dramen zu lösen. Wer mit sich selbst im Frieden ist, braucht keine Ablenkung mehr wie Konsum oder viel Arbeit. Das fühlt sich ziemlich gut an. Ich spreche aus persönlicher Erfahrung.

  3. Wolfgang Neumann
    Wolfgang Neumann · vor 2 Jahren

    Klimaschonenderes Verhalten fördern und gleichzeitig Ungerechtigkeit beenden?
    Don´t Panik !!!!
    Wir sollten uns eines klar machen: beides sind here Ziele, die nicht über Nacht zu erreichen sind. Ich beaobeachte seit langem unsere Gesellschaft und unsere Versorgungsstrukturen und sie sind alle, alle hoffnungslos mit fossilen Energien verbunden.
    Alternative Energiekonzepte hätte die Menschheit schon vor dreissig Jahren intensiv fördern müssen. Wir können eigentlich nur den Forschern, Technikern und Handerwerkern in diesem Bereich volle Unterstützung anbieten un darauf hoffen, dass Ihnen ein Wunder gelingt.

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