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Klima und Wandel

Forscher warnen vor Kollaps des Golfstromes

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
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Nick ReimerMittwoch, 24.02.2021

Es gab mal eine Zeit, da waren Nord- und Südamerika noch nicht miteinander verbunden: Vor etwa 4,7 Millionen Jahren sorgte Vulkanismus, Plattentektonik und Kontinentaldrift dafür, dass eine Landverbindung entstand. Mit sehr praktischen Folgen für Europa: Die warme Meeresströmung, die bis dahin in den Pazifik driftete, wurde abgelenkt und Richtung Europa umgeleitet. Es entstand der Golfstrom, die Wärmepumpe für Nordeuropa. Die Meeresströmung beginnt im Atlantik westlich des afrikanischen Kontinents, erwärmt sich dort, fließt zum Golf von Mexiko und tankt dort weitere Wärme, bevor der Florida- und der Bahamasstrom dazu kommen, die dann gemeinsam Richtung britische Inseln strömen und viel Energie transportieren. Der Golfstrom ist dafür verantwortlich, dass in Nordwest-Europa ein mildes Klima herrscht, die Wärme, die die Strömung mit sich führt, entspricht der Leistung von rund einer Million Atomreaktoren.

Länger schon warnen Forscher davor, dass der Klimawandel dieser "Umwälzpumpe" die Kraft raubt: Durch den vermehrten Einstrom von Schmelzwasser und den Rückgang des Meereises hat sich die Atlantic Meridional Overturning Circulation – wie der Golfstrom in der Wissenschaft heißt – bereits um rund 15 Prozent abgeschwächt. Das ist insofern dramatisch, als der Golfstrom als "Kippelement" gilt: als eines jener Systeme im weltweiten Wettersystem, das ab einer bestimmten Erderwärmung zu kollabieren droht.

Jetzt haben Wissenschaftler aus Dänemark eine neue Studie vorgelegt, nach der die nordatlantische Umwälzströmung wesentlich sensibler auf den Klimawandel reagiert als bislang angenommen. Ihre Modellsimulation lieferte demnach Hinweise darauf, dass Kippelemente wie die Nordatlantik-Strömung schon vor dem kritischen Schwellenwert aus dem Gleichgewicht geraten und "umkippen" können. Schuld daran ist ein Prozess, der als rateninduziertes Kippen bezeichnet wird. Dabei wird das Kippen nicht nur durch das Erreichen eines absoluten Schwellenwerts bestimmt, sondern auch davon, wie schnell sich der Parameter diesem Schwellenwert nähert.

Ein Zusammenbruch des Golfstroms hätte ein anderes Europa zur Folge: Ohne den Wärmetransport aus der Karibik wäre Landwirtschaft in Schottland, in Irland, in Skandinavien kaum möglich, es käme zu ganz anderen Temperaturen. Kälteeinbrüche würden zur Normalität, der Meeresspiegel würde speziell in Nordamerika steigen, andere Meeresströmungen kämen als Folge aus dem Takt, viele Ökosysteme würden zerstört, weil etwa nahrungsreiches Wasser nicht mehr strömt. Ulf Karsten, Professor für Angewandte Ökologie und Phykologie an der Universität Rostock:

Wenn wir uns ansehen, welches Klima in den nördlichen Vereinigen Staaten und in Kanada im Winter vorherrscht, dann sehen wir, was es für uns bedeuten würde, wenn die Warmwassermassen vor unserer Haustüre nicht mehr zur Verfügung stünden.

Ende der Woche erscheint in Nature Geoscience eine internationale Übersichtsstudie, die bestätigen wird, dass die Stärke des Golfstromes auf ein Rekordtief seit über 1.000 Jahren gesunken ist. Beteiligt waren unter anderem Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.

Forscher warnen vor Kollaps des Golfstromes

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