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Technologie und Gesellschaft

Vom Anti-Auto-Aktivismus zur Bewegung für Mobiltätsgerechtigkeit

Magdalena Taube
Redakteurin
Zum Kurator'innen-Profil
Magdalena TaubeFreitag, 03.06.2022

Hazel Rahn und Ina Schaf haben unter dem Titel "Der Kampf gegen das System Auto. Hegemoniale Erzählungen sichtbar machen und angreifen" einen sehr lesenswerten Artikel geschrieben. Darin fragen sie:

"Wie lassen sich Machtverhältnisse ändern, wenn die herrschenden Akteur*innen den Status quo verteidigen, indem sie sich die Deutungshoheit über (scheinbare) Alternativen zu eigen machen?"

Der Artikel erklärt zunächst die Ausgangsposition um dann auf Lösungsansätze zu kommen. Alles in einer verständlichen Sprache, mit Verweisen auf theoretische und aktivistische Diskurse, ohne dabei allzu viel vorauszusetzen. Also auch für Einsteiger*innen und Anschluss an eine breite Debatte geeignet.

Das System Auto und die Klimakrise zusammendenkend, machen sie einen Punkt sehr deutlich: die Ansätze, die Staat und Konzerne propagieren, wollen die "notwendige Veränderung" mit einer "materiell-technischen Lösung" herbeiführen. (Ich habe in früheren piqs den Begriff Techno-Solutionismus vorgestellt: die irreführende Idee, dass soziale, politische, ökonomische, ökologische Probleme quasi per Knopfdruck mittels einer technischen Anwendung gelöst werden können.)

Die Autor*innen verweisen ohne Umschweife auf das ungelöst bleibende Problem:

"Nicht hinterfragt wird hingegen die weiter stillschweigend hingenommene Hegemonie des motorisierten Individualverkehrs als zentrales Element aller verkehrspolitischen Überlegungen."

Und sie benennen die Herausforderung:

"Die Herausforderung für eine radikale Linke besteht darin, diese unsichtbare Vorherrschaft sichtbar zu machen, um gezielt diese Machtposition in Frage zu stellen."

Dieser Machtkampf ist kein Selbstzweck:

"Der Umschwung auf elektrische Antriebe soll die Verkehrsmittel nun klimafreundlicher machen. Diese Produktionsumstellung wird als klimaneutrale Alternative verkauft, die aus rein ökologischer Verantwortung heraus geschehe. Dabei wird die ökologische gegen die soziale Frage der Konversion der Betriebe ausgespielt und mit Arbeitsplätzen als Druckmittel in der Hinterhand verhandelt. Denn während der damit einhergehende Arbeitsplatzabbau als unausweichlicher Kollateralschaden deklariert und besonders in Coronazeiten lauthals nach staatlichen Hilfsgeldern gerufen wird, ist man sich in den Konzernspitzen sehr wohl des riesigen Profitpotenzials bewusst, das in einem Austausch der gesamten Pkw-Flotte vornehmlich durch Elektro- und Hybrid-Autos liegt."

Klar, es geht bei dem Wandel von oben mal wieder um eine Umverteilung von unten nach oben. Die Kosten soll die Gesellschaft tragen, vor allem die ohnehin schon schwachen und ausgebeuteten Mitglieder, u. a. Arbeiter*innen. Die Gewinne soll die Konzern-Chefetage einstreichen.

Scheint bis zum Himmel zu stinken, oder?

Die konstruktiven Ansätze, die die beiden Autor*innen vorstellen, sind ebenfalls lesenswert. Hier in Kürze:

1) Es gilt die Machtverhältnisse und unsere Komplizenschaft darin sichtbar zu machen und anzuprangern. Stillschweigend mitmachen war gestern.

2) Wo der hegemoniale Diskurs von Staat und Industrie immer wieder auf technologischen Fortschritt gelenkt und reduziert wird, soll nicht nur von sozio-ökologischem Wandel gesprochen, sondern dieser auch (vor)gelebt werden.

Es gibt offenbar etwas zu tun ...

Vom Anti-Auto-Aktivismus zur Bewegung für Mobiltätsgerechtigkeit

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Kommentare 1
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als 2 Jahre

    so wahr so nötig.

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