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Klima und Wandel

CO2-Kompensation: "Ein Haufen Schrott."

Leonie Sontheimer
Freie Journalistin
Zum Kurator'innen-Profil
Leonie SontheimerMittwoch, 18.01.2023

Der Titel der Zeit gehört diese Woche einer Klima-Recherche. Dafür haben Tin Fischer und Hannah Knuth von der Zeit* ein großes, wichtiges Stück geschrieben, das hoffentlich für viel Empörung sorgt.

Eine der zentralen Aussagen der Recherche:

Ein weltweites Forschungsteam hat 29 der 87 Waldschutzprojekte untersucht, die aktuell von Verra zertifiziert sind. Die Auswertung legt nahe, dass über 90 Prozent aller Zertifikate daraus wertlos sind. Ein Haufen Schrott.

Um den Kontext besser zu verstehen, muss man erstens wissen, dass Waldschutzprojekte einen großen Teil der Projekte ausmachen, mit denen Unternehmen ihre Emissionen ausgleichen. Und zweitens muss man wissen, wer oder was Verra ist. Das wird gleich zu Beginn des Textes in der Zeit erklärt: Verra ist ein Zertifizierer von CO₂-Kompensationen für Unternehmen. Und zwar der weltweit führende. Und – auch diese wichtige Info liefert der Text – Gründer von Verra waren Interessenvertreter aus der Wirtschaft.

Zu den Gründern zählten das Weltwirtschaftsforum in Davos und die Climate Group, ein globaler Zusammenschluss von Politikern und Unternehmen wie BP, Starbucks und Allianz. Außerdem war der internationale Wirtschaftsrat WBCSD dabei, dessen Co-Vorsitz zu der Zeit der CEO von Shell innehatte. Und schließlich noch die IETA, die größte Lobby-Gruppe für den Emissionshandel, zu deren Mitgliedern die Deutsche Bank und RWE zählten.

Verra hat die Regeln für die Zertifikate-Vergabe selbst entwickelt und es ist sau kompliziert, aber die Einschätzung verschiedener unabhängiger Studien lautet: "Zahlreiche Waldschutzprojekte, die von Verra zertifiziert wurden, sind systematisch überschätzt."

Fischer und Knuth legen außerdem dar, dass das eigentlich niemanden in der Branche überrascht:

Einige Experten auf dem Markt sprechen mit einer Selbstverständlichkeit über dessen Schwächen, als wären diese nichts Besonderes. Als wüsste man das alles doch längst. Es ist eine Branche, in der für viele der Missstand zur Normalität geworden ist.

Das Bittere: Dieser Missstand schadet dem Klima. In einer Branche, die Geld verdient mit dem Versprechen Klimaschutz.

* Teilweise wurde bei der Recherche mit dem Guardian und dem britischen Reporterteam SourceMaterial kooperiert.

P.S.: Man bemerke auch den Transparenzhinweis der Zeit-Verlagsgruppe, die bis 2025 klimaneutral werden möchte – auch mithilfe von Zertifikaten.

CO2-Kompensation: "Ein Haufen Schrott."
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Kommentare 2
  1. Lutz Müller
    Lutz Müller · vor mehr als ein Jahr

    Danke für den piq. Der Artikel ist in englischer Sprache frei verfügbar:
    www.zeit.de/wirtschaft...

    1. Maximilian Rosch
      Maximilian Rosch · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

      Danke für den Hinweis. Ein Text über die Recherche ist auch bei Watson auf deutsch frei zugänglich. https://www.watson.de/...

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