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Flucht und Einwanderung

Quadratur des Kreises: Der EU-Migrationsdeal mit Tunesien

Lars Hauch
Researcher. Schwerpunkte: Mittlerer Osten, insbesondere Syrien.
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Lars HauchDienstag, 28.11.2023

„Tunesien verzeichnet wichtige Fortschritte beim Grenzschutz“, meldete Mitte November das österreichische Innenministerium. Anlass war die Eröffnung eines Ausbildungszentrums für Sicherheitskräfte nahe der tunesisch-algerischen Grenze am 17. November. Die warmen Worte der österreichischen Regierung kommen nicht von ungefähr: Das Ausbildungszentrum ist eine von Österreich und Dänemark finanzierte Initiative. Die beiden Länder haben in der Migrationsfrage eine Allianz gebildet, die auf mehr Grenzschutz und Asylverfahren in Drittländern drängt. Im Prinzip tun sie das, was die EU im Rahmen ihres im Juli unterschriebenen Migrationsdeals mit Tunesien erreichen will: Geld gegen weniger Migranten.

Ein näherer Blick auf den Migrationsdeal lohnt sich, denn er sagt viel über demokratische Strukturen innerhalb der EU und das sich nicht in Luft auflösende Problem von europäisch finanzierter Gewalt an den Außengrenzen.

Präsentiert wird der Migrationsdeal als Rahmenvereinbarung für langfristige Partnerschaft, die weit über Migrationsfragen hinaus geht. Nur 105 Millionen EUR sind für Grenzschutz vorgesehen, weitere 150 Millionen sollen der Inflationsbekämpfung dienen. Außerdem gibt es eine saftige Karotte von 900 Millionen an Wirtschaftshilfen. So saftig ist die Karotte im Endeffekt dann aber doch nicht, da das Geld an IWF-Vorgaben gebunden ist, deren Umsetzung (Privatisierung, Subventionskürzungen) Saieds Herrschaft gefährden könnte. 

Ganz wichtig: Tunesien hat sich nicht dazu bereit erklärt, Nicht-Tunesier zurückzunehmen, die via Tunesien als Durchreiseland die EU erreicht haben. Dadurch wird deutlich, dass es sich hier um eine auf physischen Grenzschutz fokussierte Vereinbarung handelt.

Offiziell ist der Migrationsdeal kein Vertrag, sondern ein Memorandum of Understanding (MoU). Für einen Vertrag bräuchte es die Zustimmung aller EU-Mitgliedsstaaten. Das kann ein ziemlich langwieriger Prozess sein, weshalb Kommissionschefin von der Leyen sich für ein MoU als Abkürzung entschieden hat. Die EU-Kommission hat hier einen Alleingang unternommen, der demokratische Prinzipien aufweicht. Durchaus möglich, dass der Migrationsdeal noch vom Europäischen Gerichtshof eingesackt wird. Im gepiqten Text findet ihr detailliertere Ausführungen zu den rechtlichen Aspekten des MoUs und ähnlicher Deals der Vergangenheit.

Seitens des EU-Parlaments und zivilgesellschaftlicher Organisationen wurde mangelnder Respekt für Menschenrechte kritisiert. Zwar erwähnt das MoU „respect for human rights“, spezifiziert aber in keiner Weise, wie der aussehen könnte. So sieht es auch der UN-Menschenrechtskommissar, der das Fehlen „wichtiger und detaillierter Menschenrechtsgarantien“ bemängelte und in einem 25-seitigen Brief mutmaßliche schwere Rechtsbrüche der tunesischen Behörden aufzählte. Man denke an das Aussetzen hunderter Migranten in der Wüste.

Wie es mit dem Deal weiter geht, ist unklar. Tunesiens Regierung hat seit September EU-Gelder abgelehnt, einer EU-Parlamentsdelegation die Einreise verweigert, und öffentlich erklärt, man könne nicht als Grenzschützer für andere Länder dienen. Saied profitiert derzeit von der Ungewissheit. Gleichzeitig fordern die Europäer von Tunesien die Quadratur des Kreises.

Jedenfalls will die EU (bzw. Teile der EU) Migrationsdeals auch mit Marokko und Ägypten abschließen. Wo die Reise hingeht, ist eindeutig, und die Erfahrungen mit Libyen der letzten Jahre zeigen, was das bedeutet. Die EU kauft sich Grenzschützer. Mit Partnerschaften auf Augenhöhe hat das nichts zu tun. Gleichzeitig droht die Aushöhlung demokratischer Prozesse auch innerhalb der EU. Alleingänge der Kommission, kombiniert mit bi- oder multilateralen Vorstößen von „Koalitionen der Willigen“ sind eine Einladung für Hardliner und Populisten. 

Quadratur des Kreises: Der EU-Migrationsdeal mit Tunesien

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