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Ungarns Notstandsgesetz: Klammheimliche Umgestaltung und Rache an der Opposition

Keno Verseck
Journalist

geb. 1967 in Rostock, freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa.

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Keno VerseckSonntag, 17.05.2020

Zunächst hatte Ungarns umstrittenes Notstandsgesetz, das Viktor Orbán, solange er es wünscht, ein unbefristetes Regieren per Dekret erlaubt, einen Persilschein von der EU-Kommission bekommen: Es verstoße nicht gegen demokratische und rechtsstaatliche Grundsätze, hatte die EU-Justizkommissarin Věra Jourová Ende April erklärt. Inzwischen hat sie jedoch ihren Standpunkt revidiert, und auch das EU-Parlament berief in dieser Woche eine Plenardebatte wegen des Gesetzes ein. Zur großen Empörung von Viktor Orbán und seiner Regierung. Sie weisen alle Vorwürfe, das Notstandsgesetz in irgendeiner Weise für antidemokratische oder rechtsstaatswidrige Maßnahmen zu nutzen, entrüstet von sich. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus: Viktor Orbán hat seit Verabschiedung des Notstandsgesetzes am 30. März 139 Dekrete erlassen (Stand 16.5.). Hinzu kommen Dutzende weiterer Regierungsentscheidungen und Anordnungen einzelner Ministerien. Viele Dekrete schränken die Arbeit der Justiz, den Datenschutz, die Informationsfreiheit und andere Bürgerrechte ein, in vielen anderen geht es um intransparente Wirtschaftsangelegenheiten – eine klammheimliche, unter Ausschluss des Parlamentes stattfindende Umgestaltung Ungarns. (Eine Übersicht über die wichtigsten Maßnahmen habe ich in einem Artikel für die Deutsche Welle gegeben.) Einige Dekrete sind auch ganz offensichtlich Rache an der Opposition, die Orbáns Partei Fidesz bei der Kommunalwahl vergangenes Jahr eine krachende Niederlage bescherte. Darunter ist auch das Dekret über die Errichtung von Sonderwirtschaftszonen, das Orbán und seine Regierung nutzten, um der kleinen oppositionsgeführten Stadt Göd nördlich von Budapest Steuereinnahmen wegzunehmen. Eine haarsträubende Geschichte, deren Hergang und Details der bekannte ungarische Rechtsanwalt Dániel Karsai (er hat viele Mandanten in wichtigen Bürgerrechtsprozessen gegen die ungarische Regierung vertreten) für den Verfassungsblog aufgeschrieben hat.

Ungarns Notstandsgesetz: Klammheimliche Umgestaltung und Rache an der Opposition

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