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geb. 1967 in Rostock, freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa.
"Raiderstvo", so genannte Raider-Attacken - erpresserische Unternehmens- und Vermögensübernahmen - sind eine gängige Praxis in Russland und anderen postsowjetischen Staaten. Dabei nehmen mafiotische Gruppen und mit ihnen kooperierende Sicherheits- und Justizbeamte Geschäftsleuten teilweise oder ganz deren Unternehmen und Vermögen ab, legalisiert durch Gerichtsentscheidungen. Aus osteuropäischen Mitgliedsstaaten der EU ist so etwas bisher nur in etwas entfernterer Form und nur in wenigen Einzelfällen bekannt. Nun erhebt ein ungarischer Ökonom den Vorwurf, dass Orbán-nahe Kreise ebenfalls systematisch eine Art Raiderstvo praktizieren. Es ist ein schwerwiegender, bisher nicht bewiesener Vorwurf. Doch er wird nicht von irgendjemandem erhoben, sondern von dem konservativen Ökonomen und ehemaligem Nationalbankpräsidenten Péter Ákos Bod, der heute an der Budapester Corvinus-Universität lehrt. Dass Unternehmer in Ungarn in vielerlei Hinsicht unter Druck gesetzt werden (beispielsweise nicht in regierungskritischen Medien zu annoncieren), ist bekannt und kann ich aus Recherchegesprächen ebenfalls bestätigen. Dass ihnen ihre Unternehmen durch "unabweisbare Angebote" abgenommen werden, wie Bod in einem Interview mit dem österreichischen Standard behauptet, wäre eine neue Qualität. Der Ex-Nationalbankpräsident behauptet, dies in Gesprächen mit Geschäftsleuten immer wieder zu erfahren. Auch wenn an der Integrität von Bod kein Zweifel besteht, bleibt zu prüfen, ob es stimmt oder nicht - ich empfehle das Interview mit Bod jedoch vor allem, weil er in einem Fünfeinhalb-Minuten-Video (Englisch mit deutschen Untertiteln) kurz und treffend Orbáns Wirtschaftspolitik analysiert und zusammenfasst, was an den vermeintlichen Erfolgen, die Ungarns Premier immer wieder propagiert, wahr ist und was falsch. Zugleich ist das neue Video-Interviewformat des Standard ein interessantes journalistisches Format für Analysen und Kommentare zu wichtigen Themen.
Quelle: Andreas Müller derstandard.at
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