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Kritischer Journalismus in Ungarn: Ein Friedhof der Redaktionen

Keno Verseck
Journalist

geb. 1967 in Rostock, freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa.

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Keno VerseckFreitag, 31.07.2020

Wieder ist in Ungarn ein unabhängiges Medium "gestorben". Allerdings nicht irgendeines, sondern das größte, meistgelesene und bedeutendste: das Nachrichtenportal Index. Es hatte täglich rund eine Million Leser – bei einer Bevölkerung in Ungarn von zehn Millionen Menschen. Es war nicht einfach regierungskritisch, sondern unabhängig gegenüber allen Seiten. Index pflegte einen ganz eigenen Stil mit einer Mischung aus geistreich aufbereiteten News, politischer Aufklärung, Investigativberichten, Sozialreportagen, Videoangeboten und Unterhaltung. Für viele war Index eine Institution, eine Ikone, ein Kulturgut und ein Teil ihres Lebensgefühls. Nach einigen Eigentümerwechseln, im Zuge derer sich Orbán-nahe Geschäftsleute bei Index einkauften, überstürzten sich in den vergangenen Wochen die Ereignisse: Die Redaktion stellte ihr Unabhängigkeits-Barometer von "unabhängig" auf "gefährdet", dann wurde der Chefredakteur gefeuert, aus Protest dagegen kündigte vergangene Woche fast die gesamte Redaktion. In einem Artikel für den SPIEGEL habe ich diese Woche davon gesprochen, dass das Ende von Index auch das symbolische Ende der Pressefreiheit in Ungarn ist. In Interviews von mir für die Deutsche Welle sprechen der Ex-Chefredakteur Szabolcs Dull über die Hintergründe seines Rauswurfs und die Medienexpertin Ágnes Urbán über die Bedeutung des Endes von Index. Mein überaus geschätzter Kollege Márton Gergely, der ehemalige stellvertretende Chefredakteur der 2016 über Nacht geschlossenen Tageszeitung Népszabadság und derzeit leitende Redakteur des Portals HVG, hat für die taz einen wunderbaren und sehr traurigen Text über das Ende von Index geschrieben. Der traurigste und leider wahre Satz steht gleich am Anfang:

Ungarn ist ein überfüllter Friedhof redaktioneller Träume.

 Kritischer Journalismus in Ungarn: Ein Friedhof der Redaktionen

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Kommentare 1
  1. Dieter Mayer
    Dieter Mayer · vor 4 Jahren

    Als wenn es nur in Ungarn so wäre... Wollen wir nicht mal vor der eigenen Haustüre kehren?

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